Serhat Dogan und Lioba Albus Kabarett begeistert im Morenhovener Kreaforum

SWISTTAL-MORENHOVEN · Serhat Dogan und Lioba Albus spielen ihre Wandelbarkeit voll und ganz aus und bescheren den Zuschauern im Morenhovener Kreaforum zwei unbeschwerte Abende.

 Zitiert in seinem Programm aus einem Tagebuch mit ausgewählten Beobachtungen türkisch-deutscher Befindlichkeiten: Serhat Dogan.

Zitiert in seinem Programm aus einem Tagebuch mit ausgewählten Beobachtungen türkisch-deutscher Befindlichkeiten: Serhat Dogan.

Foto: Axel Vogel

Er ist von Haus aus 'ne echte Kölsche Jung, im Juli 1974 in der Stadt mit Dom geboren. Bevor seine Eltern sechs Jahre später beschlossen, mit ihren fünf Kindern wieder nach Hause, nach Izmir, zu gehen. Die Rückkehr nach Köln wiederum verdankt Serhat Dogan wahr und wahrhaftig einem 2004 eigens für ihn ausgestellten Comedy-Visum, das ihm seinerzeit auch den ungeliebten Militärdienst erspart hat.

Sie dagegen ist fest im Sauerland verwurzelt. Das kann man sehen, aber vor allem kann man es am rollenden R sofort hören. Damit hat Mia Mittelkötter alias Lioba Albus aber gar keine Schwierigkeiten. Nur der von ihr gezeichnete Weg „Von der Göttin zur Gattin“ ist gemeinhin ein weiter und dabei auch ziemlich steiniger.

Dogan hatte diesbezüglich offenbar mehr Glück. Denn Moritz Netenjakob, der ihn vor 14 Jahren an den Rhein geholt hat und heute auch für das aktuelle Bühnensolo „Kückück – Ein Türke sieht Schwarz-Rot-Gold“ verantwortlich zeichnet, ist erstens sein Schwager und zweitens ein ziemlich erfolgreicher Autor (Wochenshow, Ladykracher, Quatsch Comedy Club) und Kabarettist.

Eines aber eint die beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Künstler: Am Wochenende haben sie dem Publikum im Morenhovener Kreaforum zwei ausgesprochen kurzweilig-unbeschwerte Abende bereitet. Wobei sich bei dieser Gelegenheit noch eine weitere, interessante Gemeinsamkeit feststellen lässt: Rollenwechsel gehen bei ihnen buchstäblich über Kopf. Eine Handvoll Gel gefällig, um die kurzen blonden Haare für die Disco fit zu machen? Oder wahlweise einen andere Perücke, um damit zugleich auch Stimmlage und Haltung komplett zu ändern? Die beiden, so darf man sagen, haben's wirklich drauf.

Wohl gewürztes Integrations-Programm über 90 Minuten

Dogan bringt zu seinen Auftritten aber nicht nur eine Tube Haarstyling mit, sondern auch ein Tagebuch mit ausgewählten Beobachtungen türkisch-deutscher Befindlichkeiten, mit recht charmantem Akzent und osmanischer Wortbeugung: „Mein erster Tag in Sachsen. Menschen hier sprechen Deutsch, aber klingt komisch. Reden als hätten sie Kraft im Unterkiefer. Aber ich habe gehört, sie durften 40 Jahre nichts sagen. Vielleicht deshalb.“ Begleitet von einem vermeintlich harmlosen Augenaufschlag.

Sich darüber zu amüsieren, so wie die anderen es links und rechts im Saal auch tun – das ist das eine. Während Salz und Pfeffer dieses wohl gewürzten Programms über 90 Minuten sanft danieder rieseln. Was zu guter Letzt durchaus dazu führen könnte, die eigene Lebensart und Gewohnheiten auch mal aus anderer Perspektive zu betrachten. Es wäre einen Versuch wert. Und Dogan verdient solches Bemühen. Denn so viel sei an dieser Stelle noch gesagt: Integration fordert auch von ihm ihren Preis. Zu Hause in Izmir kommt er mit unserer hier üblichen Fahrweise jedenfalls kaum mehr heil von A nach B.

„Von der Göttin zur Gattin“ ist es ein weiter Weg

So weit braucht die in sauerländischer Heimaterde fest verwurzelte Mia Mittelkötter gar nicht zu reisen, um ihrer Lust an südländischer Lebensfreude zu frönen: Der abendländische Salsa-Kursus tut es durchaus auch. Doch sie müsste nicht so bodenständig und „seit mehr als dreißig Jahren im zwischengeschlechtlichen Bereich“ tätig sein, um nicht zu wissen, dass dort alles in allem doch eher mit Wasser gekocht wird.

Und Mias Schwestern im Geiste sind nicht minder pragmatisch unterwegs. Bis auf Weiteres gilt die Regel: Appetit holt man sich auswärts, gegessen wird daheim. Meistens jedenfalls. Auch wenn es mitunter gar nicht genug Alkohol auf Erden zu geben scheint, um sich das, was da im Wohnzimmer sitzt, schön genug zu trinken.

Der Redner auf der Hochzeit von Günther und Erika hätte sich damit allerdings lieber etwas zurückgehalten. Die Zuschauer in Morenhoven hatten ihren Spaß, das Brautpaar wohl weniger. Für Lioba Albus selbst aber vor allem eine wunderbare Gelegenheit, ihre Wandelbarkeit voll und ganz auszuspielen.

Ob man seine Freizeit nun lieber im Männer-Café verbringt – was in Izmir und Köln nicht unbedingt dasselbe sein muss – oder derweil bevorzugt auf der eigenen Scholle Ordnung schafft: Man muss die Dinge des Lebens auf den Punkt bringen. Und was das angeht, haben sich Dogan und Mittelkötter nichts, aber auch so gar nichts vorzuwerfen.

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