Ollheimer Sankt-Martinus-Kirche Instrument stammt vom bedeutenden Orgelbauer Christian Ludwig König

SWISTTAL-OLLHEIM · Ein wahrer Schatz hat mehr als 200 Jahre ein Schattendasein gefristet: Weitgehend versteckt stand die Orgel auf der Empore der Ollheimer Sankt-Martinus-Kirche und ihrer Vorgänger-Kirche. Erst jetzt ist wissenschaftlich belegt, um welch seltene Kostbarkeit es sich bei dem Instrument handelt

Die bislang "anonyme" Orgel kann eindeutig dem bedeutenden Orgelbauer des rheinischen Barock, Christian Ludwig König (1717-1789), zugeordnet werden.

Belegt hat dies Hans-Wolfgang Theobald, promovierter Musikwissenschaftler, Organist, Orgelbauer und Leiter der Orgelrestaurierung in der Bonner Orgelbaufirma Klais, anhand von Stilvergleichen mit den wenigen noch erhaltenen König-Orgeln wie der von Sankt Maximilian, der Hofkirche der Bergischen Herzöge in Düsseldorf, und anhand des erhaltenen Pfeifenmaterials.

Theobald wertet diesen Nachweis sogar als Sensation: "Wenn nun das bisher anonyme Instrument von Ollheim diesem Orgelbauer zugewiesen werden kann, darf das als kunst- und musikhistorische Sensation gewertet werden, dies vor allem, weil nicht nur das ausgesprochen elegante Gehäuse, sondern auch die Windlade, ein Großteil des Pfeifenwerks - einschließlich der Prospektpfeifen (!) - und Teile der Mechanik, darunter die Manualklaviatur, erhalten sind", schreibt er in seinem Beitrag "Die Orgel von Sankt Martinus in Swisttal-Ollheim und die rheinische Orgelbauerfamilie Balthasar und Christian Ludwig König" in einer Veröffentlichung des Landschaftsverbandes Rheinland LVR zur Denkmalpflege im Rheinland.

Bekannt war bislang lediglich, dass die Orgel aus dem 1802 aufgelösten Kloster Schillingscapellen stammt. Nach Erkenntnissen des Heimerzheimers Rudolf Bölkow soll es sich dabei ursprünglich um eine Stiftung der Kölner Patrizierfamilie von Brackel zu Breitmar gehandelt haben, aus Anlass der Wahl von Maria Lambertina (1705-1790) im Jahr 1767 zur Äbtissin von Schillingscapellen. Lieferung und Aufbau der Orgel sollen dann 1768 oder 1769 erfolgt sein, bezieht sich Kirchenvorstandsmitglied Heiner Meurs auf eine Monografie Bölkows zu Schillingscapellen.

"Die entsprechenden hundertprozentigen Belege dazu haben wir noch nicht, da werden wir noch in entsprechenden Archiven suchen müssen", sagt Meurs. 1806 jedenfalls kam die Orgel zunächst in die inzwischen abgerissene alte Ollheimer Kirche, seit 1917 steht sie auf der Empore der neuen Kirche Sankt Martinus.

2010 wurde das reparaturbedürftige Instrument teilweise abgebaut, um beim Orgelbauer Klais restauriert zu werden. Laut Gutachten des Orgelsachverständigen der Erzdiözese Köln, Adolf Fichter, sind unter anderem der "Einbau neuer Raster für die Kupferpfeifen C-H des Registers Gamba 8" sowie die "Überarbeitung des zum großen Teil historischen Pfeifenwerks mit Beheben der Schäden vornehmlich an den Stimmvorrichtungen" notwendig. Schon bei der Vorbereitung des Abbaus hatte Theobald die Vermutung geäußert, dass das Instrument von Christian Ludwig König stammen könnte.

Dass dies jetzt tatsächlich nachgewiesen werden konnte, begeistert die Ollheimer umso mehr. Mit diesem wissenschaftlichen Beleg habe auch das Erzbistum Köln die Orgel als historisch eingestuft und werde sich entsprechend an den Sanierungskosten beteiligen, so Meurs. Diese waren vor drei Jahren auf rund 160.000 Euro geschätzt worden.

Die Bezirksregierung Köln hat ihren Zuwendungsbescheid laut Meurs inzwischen auf 40.650 Euro erhöht, vom LVR liege noch keine Entscheidung vor, das Bundeskulturministerium werde keine Fördermittel zur Verfügung stellen. Die Ollheimer selbst haben bis jetzt rund 15 000 Euro zusammengebracht, hob Kirchenvorstand Meurs hervor. Ziel sei es, etwa die Hälfte der Sanierungskosten aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren, die andere Hälfte sollen sich Erzbistum Köln und Kirchengemeinde teilen, so Meurs.

Genehmigt sei inzwischen auch, dass die Orgel nach Restaurierung nicht mehr auf der Empore, sondern im sichtbaren Bereich der Taufe aufgestellt wird, das Taufbecken soll dann in den Eingangsbereich verlegt werden. "Auf der Empore stand die Orgel zu sehr nach hinten und klang deshalb etwas dünn. Wenn sie unten steht, wird sie einen entsprechend voluminöseren Klang entfalten. Und wir schauen dann auf eine tatsächlich 250 Jahre alte Orgel.

Was nicht nur während der Gottesdienste, sondern auch bei Konzerten etwas ganz Besonderes ist", freut sich Meurs. 2014 soll die restaurierte König-Orgel dann erstmals am neuen Standort in all ihrer Klangfülle zu hören sein. Wunschtermin wäre das Martinus-Patronatsfest im November.

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