Galaabend im Morenhovener Bürgerhaus Gregor Gysi empfängt die 30. Morenhovener Lupe

Swisttal-Morenhoven · Gregor Gysi reiht sich seit Freitagabend in eine Schar eloquenter und geistreicher Preisträger ein: Der Politiker empfing den Kleinkunstpreis "Morenhovener Lupe", der zum 30. Mal verliehen wurde.

 Lupenpreisträger Gregor Gysi (Mitte) mit Klaus Grewe vom KuSS-Vorstand und Kabarettist Konrad Beikircher (r.) in Morenhoven.

Lupenpreisträger Gregor Gysi (Mitte) mit Klaus Grewe vom KuSS-Vorstand und Kabarettist Konrad Beikircher (r.) in Morenhoven.

Foto: Axel Vogel

„Konrad Beikircher“, sagt Gregor Gysi, „ist schon ein mutiger Mann, wenn er so eine rosafarbene Jacke anzieht.“ Diese süffisante Retourkutsche musste ganz einfach sein – war Gysi im ersten Teil des Galaabends zur Verleihung der 30. Morenhovener Lupe doch von dem Bonner Kabarettisten umfassend darüber aufgeklärt worden, was die Rheinländer seit jeher von den Preußen gehalten haben und wer die Fertigstellung des Kölner Doms am Ende tatsächlich bezahlt hat.

Die augenzwinkernde Frage des Rechtsanwalts und Linken-Politikers, ob da eventuell noch Ersatzansprüche bestehen könnten, wurde am Freitagabend im restlos ausverkauften Morenhovener Bürgerhaus zwar nicht abschließend geklärt. Fest steht indessen, dass Gysi sich nunmehr in eine Schar eloquenter und geistreicher Preisträger einreiht und dass dieser Abend mit einem gut gelaunten und entspannten Gast aus Berlin zu den Sternstunden in 30 Jahren Morenhovener Kabarett-Tagen zu zählen ist.

Die Entscheidung, ihm das symbolische Brennglas zu verleihen, könnte einen verwundern, hielte man die Lupe – immerhin der drittälteste Kleinkunstpreis im deutschsprachigen Raum – denn allein für einen solchen. Doch Gastgeber und Laudator Klaus Grewe vom Vorstand der Initiative KuSS (Kultur und Spektakel im Swisttal) leistete zum runden Geburtstag nochmals ein Stück Aufklärungsarbeit. Es geht den Juroren bei diesem Kulturpreis zu allererst und vor allem um den Umgang mit der Sprache.

Gysi zog sich 2015 zurück

Und da macht dem Advokaten Gysi, der zehn Jahre lang die Linke als Fraktionsvorsitzender im Bundestag angeführt hat, bevor er sich 2015 aus der ersten Reihe zurückzog, so schnell keiner etwas vor. Die Konfrontation nicht scheuen und die Dinge beim Namen nennen, sind Qualitäten, die einem Lupe-Preisträger wie ihm zweifelsohne gut zu Gesicht stehen.

Wie gut, davon konnten sich die Zuschauer im Saal selbst überzeugen. Seine das Abitur begleitende Ausbildung zum Facharbeiter in der Rinderzucht kommentierte er wie folgt: „Drei Dinge gibt es, die ich seitdem kann – ausmisten, melken und mit Hornochsen umgehen. Ohne das gehen Sie lieber nicht in die Politik.“

Seine spitze Zunge – für die Moderation der Gesprächsreihe „Missverstehen Sie mich richtig“ im Berliner Kabarett „Die Distel“ mindestens ebenso gut zu gebrauchen – ist eine für die Lupe ausgesprochen preiswürdige Eigenschaft. Begleitet von heiter-gelassener, aber nichtsdestotrotz punktgenauer Ironie. „Dass ich im Bundestag als rhetorische Begabung gelte, ist ja auch eher relativ zu sehen. Zu Zeiten von Wehner, Strauß und Brandt wäre ich allenfalls einer von vielen gewesen.“ Sagt Gysi und lächelt dazu.

Dass die Leute – das Morenhovener Publikum beweist es – diese Art mögen, tut ihm gut, und das darf auch gern jeder merken. Gysi erinnert sich sehr wohl an ganz andere Zeiten, als ihm der Wind direkt von vorn ins Gesicht blies. Der Dank an sein Morenhovener Auditorium kommt nach rund zwei Stunden ganz unprätentiös daher. Und ebenso aufrichtig.

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