Gedenken an die Vertreibung Ehemalige Heinrichswälder treffen sich in Buschhoven

SWISTTAL-BUSCHHOVEN · Ehemalige Heinrichswälder und ihre Angehörigen haben sich in Buschhoven getroffen. In Swisttal wird es in Zukunft aber keine Treffen dieser Art mehr geben.

 Christoph Rothkegel begrüßt die Heinrichswälder auf dem Buschhovener Toniusplatz.

Christoph Rothkegel begrüßt die Heinrichswälder auf dem Buschhovener Toniusplatz.

Foto: Roland Kohls

„Wir waren die ersten Vertriebenen, die hier ankamen aus dem Osten. Die Leute wussten ja nicht, wer da kam. Die Leute waren natürlich zuerst vorsichtig. Aber wir sind alle gut aufgenommen worden, besser als andere in anderen Orten.“ Die Schwestern Irmgard Overkamp (86 Jahre) und Gretel Todemann (84 Jahre), beide geborene Hauke, sind sich mit der 87-jährigen Walburga Schumann, geborene Hallmann, einig: In ihrer neuen Heimat Buschhoven beziehungsweise Morenhoven ist es ihnen gut ergangen, seit sie vor 70 Jahren gezwungen waren, ihre alte schlesische Heimat Heinrichswalde (heute das polnische Laski) zu verlassen. Gestern trafen sie sich mit anderen Heinrichswäldern in Buschhoven zum Gedenken und zugleich zum Dank an die kirchliche und politische Gemeinde. Nach einem Gottesdienst ging es zum Gedenkstein am Toniusplatz mit anschließendem Austausch in der Gaststätte „Römerkanal“. Das Treffen fand zum letzten Mal in Buschhoven statt, da die von sich selbst so genannte „Erlebnisgeneration“ immer weniger geworden ist.

Am 9. April 1946 in aller Früh hatten die Heinrichswälder den „Räumungsbefehl“ erhalten, so der Sprecher der Heinrichswälder, Christoph Rothkegel. „Circa 1350 Menschen sammelten sich auf der Hauptstraße und verließen die Höfe in unserem unvergessenen Heimatdorf Heinrichswalde in Schlesien. Wir gingen zu Fuß teilweise mit Gebrechlichen auf Leiterwagen in die Kreisstadt Frankenstein, wo wir im Dunkeln das Hotel Elephant zur letzten Übernachtung vor der Fahrt in den Güterwaggons mit dem Ziel Englische Zone erreichten: für uns das Ende der Reaktionen der Sieger auf die Aktionen im 1939 begonnenen Krieg.“

Wie sie die Vertreibung in der zweiten Welle erlebte, hatte Maria Hauke, Mutter von Irmgard Overkamp und Gretel Todemann, einmal so geschildert: „Wir sind am 24. August 1946 um zwei Uhr in der Nacht wachgemacht worden zur Vertreibung. Um sieben Uhr sollte es losgehen, aber es wurde später. 20 Kilogramm Gepäck und für drei Tage Verpflegung durfte jeder mitnehmen.“

Die erste Gruppe der Heinrichswälder gelangte in den Harz und überwiegend nach Bielefeld. Die zweite Gruppe kam nach Bonn-Land, und zwar in die Gemeinden im Amtsbezirk Ludendorf: nach Ludendorf, Morenhoven, Odendorf und Essig. Die größte Gruppe von insgesamt zwölf Personen der Familien Hauke, Ertelt, Volkmer und Hoffmann kam am 1. September 1946 nach Buschhoven. Erfreulicherweise „für uns aus dem katholischen Kamenzer Stiftsland“ seien sie in Buschhoven in einem Wallfahrtsort angekommen, sagte Rothkegel. Hatten die Heinrichswälder zuvor in ihrer Not die Maria von Wartha angerufen, konnten sie sich in Buschhoven an die Rosa Mystica wenden. Sie seien dankbar, heute sagen zu können: „Maria hat geholfen!“ Besonders dankten sie Pater Stanislaus Friede und den polnischen Michaeliten für die stets besonders herzliche Einladung der Heinrichswälder.

Der Zivilgemeinde dankten sie auch dafür, dass sie 1989 den Dankstein auf dem Toniusplatz hatten errichten können: „1946 – Vertrieben aus Heinrichswalde Kreis Frankenstein – Wir danken für die Aufnahme in den Gemeinden“. Buschhovens Ortsvorsteherin Christel Eichmanns, die die Grüße von Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner überbrachte, blickte mit den Heinrichswäldern „positiv nach vorne, trotz der Geschehnisse vor 70 Jahren“. „Wir sind hier jetzt verwurzelt, wir haben hier unsere Familien, Kinder und Enkel“, meinten Irmgard Overkamp, Gretel Todemann und Walburga Schumann. „Zigmal“ seien sie schon wieder in Heinrichswalde gewesen, wie Magdalena Neugebauer geborene Theuer aus Remscheid sagte.

Der Bornheimer Familienforscher Florian Seiffert hat die Aufzeichnungen seines Großonkels, des letzten Heinrichswälder Pfarrers Georg Seiffert, aufgearbeitet und als Chronik der letzten Heinrichswälder Jahre veröffentlicht. Das Buch ist im Internet frei verfügbar. Zu finden ist es, wenn man in der Suchmaschine „Florian Seiffert“ und „Heinrichswalde“ eingibt.

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