Klappern an Ostern Drei Jahre Haft für brutalen Angriff auf Mutter in Swisttal

EUSKIRCHEN · Nach einem brutalen Angriff auf eine Mutter an Ostern in Swisttal ist der Angeklagte zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Der 39-Jährige hatte sich über einen Osterbrauch aufgeregt.

Wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Fahrens ohne Führerschein hat das Schöffengericht am Amtsgericht Euskirchen am Donnerstag einen 38-Jährigen zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Der Mann hatte am Ostersamstag in Swisttal-Ollheim eine Frau, die eine Gruppe Klapperkinder begleitete, mit Tritten schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre und zehn Monate Haft gefordert, knapp unter dem Strafmaß, das Schöffengerichte verhängen können.

Dem in Bonn geborenen italienischen Staatsbürger hielten Staatsanwalt Sebastian Buß und das Schöffengericht zwar sein Geständnis zugute – dadurch blieb dem Opfer und den Zeugen eine Aussage vor Gericht erspart –, doch das lange Vorstrafenregister des Angeklagten zeige eine dissoziale Persönlichkeit, so Richter Wolfgang Schmitz-Jansen. Daher sei eine dreijährige Haftstrafe tat- und schuldangemessen. Der Angeklagte solle die Haftzeit dazu nutzen, sein Verhalten als „Wüterich“ aufzuarbeiten, riet der Richter.

Zur Verhandlung lagen sechs Anklageschriften vor

Der 38-Jährige, der in jüngster Zeit seinen Lebensunterhalt als Türsteher verdiente, wurde seit 2010 unter anderem wegen Körperverletzung, aber auch wegen Zuhälterei und Drogenhandels verurteilt. Zur Verhandlung lagen beim Amtsgericht Euskirchen sechs Anklageschriften vor. So soll er auch seine frühere Lebensgefährtin bedroht und Nacktfotos von ihr samt Namen auf Facebook gepostet haben. Alle Taten räumte der Angeklagte ein. Einige der Bewährungsstrafen waren zum Zeitpunkt der Tat am 15. April noch offen.

Der Sohn einer Italienerin und eines Spaniers wohnte zu der Zeit in Ollheim. Ostersamstag rastete er regelrecht aus, als er am frühen Abend – ohne im Besitz eines Führerscheins zu sein – mit einem Porsche Cayenne durch den Ort fuhr und einer Gruppe Klapperkinder begegnete. Die sieben Kinder im Alter zwischen sieben und 15 Jahren zogen in Begleitung zweier Mütter nach altem katholischen Brauch mit Holzratschen klappernd durch die Straßen.

Der Angeklagte beschimpfte die Gruppe zunächst durch die geöffnete Seitenscheibe des Wagens. Er hatte sich gestört gefühlt, denn, so sein Verteidiger, er litt wegen seines Lebenswandels und Drogenkonsums unter Schlafstörungen. Schon morgens sei er vom Klappern geweckt worden. Dieser Brauch sei ihm, laut Anwalt ein gläubiger Katholik, völlig unbekannt gewesen. Er drohte der Gruppe zunächst, seinen Hund auf sie zu hetzen. Als eine der beiden Mütter ihm den Osterbrauch erklären wollte, stieg er aus dem Auto und trat die 47-Jährige „in Kickboxer-Manier“, so der Richter. Auch seine Mitfahrerin mischte sich ein und schlug die Frau. Die Identität der Begleiterin ist bis heute unbekannt; er kenne nur ihren Vornamen, behauptete der Angeklagte auch vor Gericht.

Opfer erlitt Gehirnerschütterung und Trauma der Wirbelsäule

Und als die Mutter sich dem aggressiven Mann immer wieder mutig entgegenstellte, auch um die Kinder zu schützen, trat er wieder zu, jedes Mal in den Bauch und gegen die Brust. Schließlich fuhr er davon. Dass der Angeklagte auf die bereits am Boden liegende Frau noch eingetreten habe, und das vor den Augen der Kinder, habe „mit dem Lebensmaßstäben eines gläubigen Katholiken nichts zu tun“, stellte Staatsanwalt Buß fest. Die Ollheimerin, die die Verhandlung als Zuschauerin verfolgte, erlitt unter anderem eine Gehirnerschütterung und ein Trauma der Halswirbelsäule.

Die Entschuldigung des Angeklagten, dem seinem Anwalt zufolge seine Tat „heute unerklärlich“ ist, nahm sie zur Kenntnis. Sie könne nicht verstehen, wie er als Vater – der Verurteilte hat mit drei Frauen fünf Kinder – so etwas tun könne, sagte sie am Rande der Verhandlung. Die Kinder, die Zeugen des Übergriffs wurden, seien traumatisiert; ihr 13-jähriger Sohn traue sich seitdem nicht mehr allein aus dem Haus. Sie hat Zivilklage eingereicht.

Seit dem Angriff auf die Klapperkinder-Gruppe versuchen die Ollheimer, das Geschehen zu verarbeiten. Die Pfarrgemeinde hatte unmittelbar nach der Tat psychologische Betreuung angeboten. Im Ort will man am Brauchtum des Klapperns festhalten. „Ich werde beim nächsten Mal mitgehen, und auch die Bürgermeisterin hat das angekündigt“, berichtete Ortsvorsteher Paul Bison auf GA-Anfrage. Solche Bräuche drohten einzuschlafen, wenn man sie nicht pflege. Im Übrigen dürfe man sich von einem solchen einmaligen Vorfall nicht einschüchtern lassen.

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