Osterbräuche in Syrien Armenisch-katholische Familie erinnert sich an seine Osterfeste in Syrien

Swisttal-Odendorf · Lusin Barmakszian und Vrej Kozakjian sind Katholiken aus Aleppo. Die armenischen Syrer flohen mit ihrem Sohn Keyork (6) vor dem Krieg über die Türkei nach Deutschland und wohnen heute in Odendorf. In Syrien haben sie lebendige Kar- und Osterrituale gepflegt.

 Fastenbrechen in Aleppo im Jahr 2011, ganz rechts Lusin Barmakszian mit Sohn Keyork.

Fastenbrechen in Aleppo im Jahr 2011, ganz rechts Lusin Barmakszian mit Sohn Keyork.

Foto: Lusin Barmakszian

„Die Woche vor Ostern ist eine sehr traurige Woche“. Lusin Barmakszian (34) und Vrej Kozakjian (40) sind Katholiken aus Aleppo und gedenken in der Karwoche der Kreuzigung Jesu. Die armenischen Syrer flohen mit ihrem Sohn Keyork (6) vor dem Krieg über die Türkei nach Deutschland und wohnen heute in Odendorf. In Syrien haben sie lebendige Kar- und Osterrituale gepflegt.

Die Kinder der armenisch-katholischen Gemeinde besuchen christliche Schulen, in denen – im Unterschied zu den muslimischen – Mädchen und Jungen zusammen unterrichtet werden. In der Osterwoche ist von Mittwoch bis Montag schulfrei. Denn das Osterfest ist im Kirchenjahr für die armenischen Katholiken wichtiger als Weihnachten, sagt Barmakszian.

Am Gründonnerstag wartet auf die Kinder ein ganz besonderer Ritus: Die Priester waschen den Mädchen und Jungen in der Kirche die Füße, erzählt Kozakjian. Der Ritus der Fußwaschung hat seinen Ursprung in der Geschichte des letzten Abendmahls Jesu mit seinen Jüngern, denen er die Füße wusch und trocknete. Die Erwachsenen begehen abends ab 21 Uhr eine Messe, danach singt die Gemeinde liturgische Gesänge, die sich auf die Kreuzigung beziehen.

Am Abend des Karfreitags geht die Familie von Kirche zu Kirche, insgesamt steuert sie sieben Gotteshäuser in Aleppo an, darunter auch christlich-orthodoxe. Alle Kirchen halten Messen ab und alle haben eine Christusfigur in einem mit Blumen geschmückten Sarg. „Wir gucken, was die jeweilige Kirche Besonderes macht“, schildert Barmakszian. Von 16 bis 23 Uhr ist die Familie dann etwa unterwegs – es ist voll, alle Christen sind auf den Beinen.

Der Samstag ist ein ganz besonderer Tag. Die meisten der Gläubigen haben in der Fastenzeit auf alle tierischen Produkte und auf Alkohol verzichtet. Nach einer Messe mit Abendmahl treffen sich die Großfamilien abends zum Fastenbrechen, auf dem Speiseplan steht Fisch.

Am Sonntagvormittag sieht man sich bei einer zweistündigen Messe wieder. „Es sind viele Leute unterwegs, die ganze Stadt ist voll, alle gehen zur Kirche“, schildert Barmakszian die Stimmung. Wie an Palmsonntag tragen alle neue, festliche Kleidung. Nach der Messe spielt die Familie mit allen anderen auf dem Platz vor der Kirche Eiertitschen: Am Ende gewinnt der, dessen Ei noch unversehrt ist.

Die kleine Familie trifft sich dann mit der Elterngeneration zum Essen in einem Restaurant oder bei den Eltern. „Es gibt immer etwas vom Grill“, erklärt Barmakszian die Tradition, „2011 gab es zum Beispiel Lammfleisch, dazu Hummus, Salat und Gemüse mit frischem Steinofenbrot.“ Anschließend besuchen Barmakszian und Kozakjian Eltern, Onkel und Tanten. „Wir gehen in bis zu zehn Wohnungen“, erzählt Barmakszian. Dort werden ihnen Likör und Schokoladeneier angeboten.

Überhaupt die Eier: Suchen muss sie in Syrien keiner. Die Kinder bekommen Hasen aus Schokolade und Schokoladeneier, außerdem basteln die Familien eine Osterkerze. Mit dem Ostersonntag sind die Riten noch nicht beendet: montags stehen sie früh auf, so Barmakszian, denn ab 7 Uhr feiern sie eine Messe in der Friedhofskirche, um der Toten zu gedenken.

In Odendorf behält die Familie einige Rituale bei und passt sie der neuen Situation an. So besucht sie in den Ostertagen die Kirche in Odendorf, am Palmsonntag wird mit Nachbarn gefeiert, die auch syrische Christen sind.

Und am Ostersonntag treffen sie sich in Köln mit etwa hundert anderen armenischen Syrern, die aus ganz Nordrhein-Westfalen anreisen und gemeinsam in der armenischen Kirche die Messe feiern. Vrej Kozakjian freut sich darauf besonders: Denn er wird dort einen Schulfreund wiedertreffen, den er seit über zwanzig Jahren nicht gesehen hat und der jetzt in Duisburg lebt.

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