Prozess am Bonner Landgericht Teures Dressurpferd stirbt nach Operation

Bonn/Rhein-Sieg-Kreis · Eine Tierklinik wird Bonner Landgericht wegen eines Behandlungsfehlers auf 120.000 Euro Schadensersatz verklagt. Der Gutachter sagt: Das kranke Pferd hatte keinen Wert mehr.

 Symbolfoto

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Nur neun Jahre wurde das Dressurpferd Scarpa (Name geändert) alt, ein schwarzer Hannoveraner, der von einer Studentin geritten wurde. Im Sommer 2015 wurde bei dem wertvollen Tier Blut im Urin entdeckt. Eine Sonographie bestätigte den Verdacht des Haustierarztes: Ein kapitaler Blasenstein – immerhin fünf Zentimeter im Durchmesser – wurde gefunden. Eine Operation war unausweichlich.

Bei dem aufwendigen Eingriff am 5. August 2015 in einer Tierklinik in der Region jedoch kam es bei dem Pferd, das liegend und unter Vollnarkose operiert werden musste, zu Komplikationen, weswegen der Eingriff fast vier Stunden dauerte. Zwei Tage später entzündete sich zudem die große Narbe des Bauchraums, was schließlich zum Organversagen und zum Tod des Tieres geführt hat. „Schicksalhaft“ nennt die Tierklinik den Tod von Scarpa.

Der Eigentümer des Hannoveraners – und Vater der Reiterin – hingegen argwöhnt ein ärztliches Versagen und hat deshalb die Tierklinik beziehungsweise den Operateur vor dem Bonner Landgericht wegen eines groben Behandlungsfehlers auf die stolze Summe von 120 000 Euro Schadensersatz verklagt. Das nämlich sei der Wert des neunjährigen Dressurpferdes gewesen. Der Kläger wirft der Klinik zudem vor, dass er über die verschiedenen Eingriffe nicht ausreichend informiert worden sei. Tatsächlich sei nur ein endoskopischer Eingriff – eine mittelriskante Variante – verabredet gewesen.

Aber während der Operation, zu der die Tierklinik zudem noch eine Spezialistin hinzugezogen hatte, war der amorphe Blasenstein beim Fassen mit der Zange in zahlreiche Einzelteile zerbrochen, die nur schwer zu bergen gewesen waren. Da das Risiko bestand, dass die Steinsplitter sich ins Innere des Tieres, unter anderem in die Darmschlingen, gelangen, entschieden sich die Operateure, den gesamten Bauchraum wie auch die Blase des Pferdes zu öffnen. Nur so habe die Operation erfolgreich nach ärztlicher Kunst abgeschlossen werden können, rechtfertigt die Tierklinik den Schritt.

Ein Sachverständiger aus Dortmund hat den verklagten Ärzten durchaus Recht gegeben: Behandlungsfehler könnten nicht entdeckt werden, heißt es im Gutachten: Das Zerbrechen des Steines sei „operationsimmanent“; auch die Wundheilungsstörung, die zur Undichtigkeit der Operationsnarbe geführt hatte, sei ein „normales Risiko“.

Schließlich bestätigte der Fachmann auch, dass für das einst wertvolle Dressurpferd von dem Tag an, als der Blasenstein diagnostiziert worden ist, keine 120 000 Euro mehr gezahlt würden. Der wirtschaftliche Wert des Wallachs, so der Gutachter, betrage mithin „Null Euro“. Wenn nicht sogar weniger.

Die Tierklinik hat in einer Widerklage den Ex-Eigentümer von Scarpa auf 5583 Euro verklagt: Das sind nämlich die Operationskosten, die noch nicht beglichen worden sind.

Da die Parteien sich im Gütetermin nicht einigen konnten, werden die Richter der 9. Zivilkammer den Fall demnächst entscheiden. Nicht auszuschließen, dass der Kläger für das tote Pferd noch drauf zahlen muss.

(AZ: LG Bonn 9 O 185/16)

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