Nach Fahrt zum Amtsgericht Neuss Rheinbacher Häftling verschwindet spurlos

Rheinbach/Neuss · Unmittelbar nach der Ankunft am Amtsgericht Neuss hatte sich der 36-jährige Kölner auf die Toilette im Gebäude begeben. Anschließend ist er nicht mehr gesehen worden.

Noch ein halbes Jahr hatte der 36-jährige Kölner in der Rheinbacher Justizvollzugsanstalt abzusitzen. Doch so lange wollte er nicht warten. Und so nutzte der Mann, der seit Dezember 2017 wegen Einbruchsdelikten in Rheinbach inhaftiert war, eine Fahrt zum Amtsgericht Neuss, um sich aus dem Vollzug zu verabschieden – zumindest vorläufig.

JVA-Leiter Heinz-Jürgen Binnenbruck schildert den Vorfall, der sich bereits am 15. November ereignete, so: In der Schreinerwerkstatt der Anstalt hergestellte Büromöbel seien am Morgen dieses Tages nach Neuss geliefert worden. Und zwar zum Ambulanten Sozialen Dienst, einer Unterabteilung des dortigen Amtsgerichts, untergebracht in einem Nachbargebäude des Gerichts. Die Besatzung des Lieferwagens bestand aus einem JVA-Bediensteten und zwei Häftlingen als Hilfspersonal.

Unmittelbar nach der Ankunft auf dem Parkplatz des Ambulanten Dienstes habe sich einer der Häftlinge auf die Toilette im Gebäude begeben und sei anschließend nicht mehr gesehen worden. Ob er etwa durch ein Fenster oder durch einen anderen Ausgang verschwunden sei, sei nicht bekannt.

Laut Binnenbruck befanden sich beide Häftlinge in so genannter „Lockerungshaft“. Das ist eine Zwischenform zwischen der „normalen“ Haft und dem Offenen Vollzug. Diese Häftlinge gelten als nicht gefährlich, haben sich gut geführt und verfügen über gute Sozialprognosen. Deshalb bringt man ihnen ein Mehr an Vertrauen entgegen, gestattet ihnen Außenbeschäftigung und bewacht sie bei Ausfahrten nicht auf Schritt und Tritt. „Sie dürfen auch alleine zur Toilette gehen“, sagt Binnenbruck.

Die Vollzugskonferenz der JVA schlägt vor, wer für eine Lockerungshaft geeignet ist. Die Entscheidung trifft der Abteilungsleiter. Der abgängige Kölner war zu einer Haft bis Oktober 2019 verurteilt. Binnenbruck: „Voraussichtlich wäre er im Januar in den Offenen Vollzug nach Euskirchen gekommen und – bei guter Führung – im April 2019 vorzeitig entlassen worden.“ Daraus wird nun nichts. Der Mann ist zur Fahndung ausgeschrieben. Wird er gefasst oder stellt er sich, muss er die komplette Strafe absitzen – im geschlossenen Vollzug.

Einen „Nachschlag“ wird er nicht bekommen, denn die Flucht aus dem Gefängnis ist nicht strafbar. Gleichwohl muss er laut Binnenbruck die Zeit, die er sich frei genommen hat, nachsitzen. Interne Konsequenzen aus dem Vorfall zieht Binnenbruck nicht. „So etwas kann passieren, ein solches Risiko kann man nicht ausschließen. Vielleicht kann man die Lockerungsentscheidung in Zweifel ziehen. Jedenfalls ist der Mann nicht gefährlich.“

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