Fall Trudel Ulmen Reaktionen - "Endlich Gerechtigkeit für meine Schwester"

BONN · Trudel Ulmens Bruder ist froh, dass es überstanden ist. Die Staatsanwalt nennt das Urteil "gerecht". Verteidiger und Angeklagter wollen es hingegen prüfen.

Die Erschöpfung ist ihm anzusehen. Seit dem 19. November hat Thomas Lenerz an jedem der sieben Prozesstage seinem früheren Schwager gegenüber gesessen - im Namen der Familie. Aber vor allem für seine Schwester Trudel, deren Schicksal 16 Jahre lang ungeklärt war. Nun ist das Urteil gesprochen über den Mann, den er einst so schätzte und dem er vertraute, und Thomas Lenerz ist, wie er sagt, froh, dass es überstanden ist. "Und dankbar, dass meiner Schwester endlich Gerechtigkeit widerfahren ist."

Lenerz hatte bereits am Tag der Plädoyers erklärt, er nehme jedes Urteil des Gerichts auch "innerlich an". Vor allem die letzten Tage, so gibt der Bruder des Opfers zu, seien sehr belastend gewesen. Und dennoch beantwortet er geduldig alle Fragen der Pressevertreter und erklärt dazu: "Ich bin doch auch den Journalisten dankbar, denn ohne den Druck der Veröffentlichungen hätte die Polizei vielleicht auch jetzt immer noch nichts unternommen."

Genau vor einem Jahr, so schildert Lenerz, sei plötzlich bei ihm die Hoffnung aufgekeimt, doch noch über das Schicksal seiner Schwester Gewissheit zu bekommen. Er habe sich an diesen Strohhalm geklammert, den ihm GA-Reporter Wolfgang Kaes mit seinem hartnäckigen Interesse am Schicksal von Trudel Ulmen in die Hand gegeben habe.

Nun, ein Jahr später, ist der Täter tatsächlich verurteilt. Und Thomas Lenerz ist dem Gericht, wie er sagt, dankbar, dass es alles getan hat, um die Wahrheit zu erfahren. Es hat sie nicht erfahren, weil der Angeklagte es nicht wollte. Was der frühere Schwager mit seinen Lügen der Familie Lenerz und vor allem Trudels Mutter angetan habe, "das kann man ihm nicht verzeihen".

Der Mann aus Mayen hat als Nebenkläger eine Haltung an den Tag gelegt, die alle, die ihn erlebten, nur bewundern konnten. Mit Anstand, Würde und Fairness hat er seine Schwester in diesem Prozess vertreten, er fand sogar noch gute und lobende Worte über den Angeklagten und beschrieb ihn als einen Schwager, der vor der Tat zu ihm, Trudels kleinem Bruder, stets sehr nett war.

Nun, nach diesem einen Jahr, in dem er und seine Familie im Ausnahmezustand lebten, hofft Thomas Lenerz nur eines: Dass sie alle mit der Zeit Frieden finden. Allerdings wisse er genau, dass das noch eine ganze Weile dauern wird.

Auch Oberstaatsanwalt Robin Faßbender ist mit dem Urteil "zufrieden", wie er auf Anfrage des General-Anzeigers erklärt. "Wenn man", so der Ankläger, "dieses Wort in einem solchen Fall überhaupt benutzen kann." Faßbender hatte in seinem Plädoyer zwölf Jahre Haft für den Angeklagten beantragt. Doch auch die nun vom Schwurgericht verhängten elf Jahre Haft seien, so Faßbender, "der Tat angemessen und werden dem Angeklagten gerecht".

Ob der Angeklagte das Urteil auch akzeptiert, weiß sein Verteidiger Martin Kretschmer noch nicht. Den Briefen zufolge, die der Angeklagte vor dem Prozess aus dem Gefängnis schmuggelte, rechnete er damals mit Haft unter fünf Jahren und Offenem Vollzug. "Wir wollen nun prüfen, ob wir das Urteil annehmen oder Revision einlegen", sagte Kretschmer.

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