Konzert in Rheinbach Musiker zelebrieren Beethoven als Rockstar

Rheinbach · Das Marcus-Schinkel-Trio eröffnet seine Deutschlandtournee im Rheinbacher St. Joseph-Gymnasium. Der Ausnahmemusiker lieferte zweieinhalb Stunden lang musikalische Feinkost ab.

Zum Auftakt ihrer Deutschland-Tournee gastierte das Marcus-Schinkel-Trio in der Aula des Gymnasium St. Joseph in Rheinbach .

Zum Auftakt ihrer Deutschland-Tournee gastierte das Marcus-Schinkel-Trio in der Aula des Gymnasium St. Joseph in Rheinbach .

Foto: Axel Vogel

In der gemütlich kleinen Aula des St. Joseph-Gymnasiums Rheinbach sind die Sitzreihen dicht besetzt, Veranstalter Winrich C.-W. Clasen stellt zusätzliche Stühle auf, damit alle einen Platz haben. Etwa 100 Gäste warten bei Brötchen und Bier darauf, dass die Künstler des Abends erscheinen. „Crossover Beethoven“ heißt das Programm, soviel verraten die Plakate. Das Musikertrio betritt die Bühne: Marcus Schinkel, Wim de Vries und Fritz Roppel. „Wir sind am richtigen Ort. Man kann sich fast vorstellen, dass Beethoven hier auf seinem Weg nach Wien mal aus der Kutsche gestiegen ist“, kommentiert Marcus Schinkel die barocke Architektur des Saals. Dann setzt er sich an das Klavier und es geht los mit „Crazy Elise“.

Das Marcus-Schinkel-Trio versucht sich an einem ungewöhnlichen Konzept: Die Musiker interpretieren die klassischen Werke Beethovens neu als Jazzstücke, zum Teil mit Anleihen an die Rockmusik. Sie ziehen die bekannten Motive auseinander, versetzen sie in neue Rhythmen und improvisieren über sie drüber – man erkennt sie dennoch. Gleichzeitig klingt es wie ein neues Stück, nie wie eine Coverversion.

So wird aus Klassikern wie „Für Elise“ die Eröffnungsnummer „Crazy Elise“, aus dem wuchtigen ersten Satz der fünften Symphonie wird das verträumte „Going on The 5th“.

Für die „Ballade Pathétique“ unterstützt ein Überraschungsgast das Trio: Pia-Marie Lanzerath an der Trompete. Die Schülerin des Gymnasiums ist 17 Jahre alt, Schinkel besuchte am gleichen Tag den Musikunterricht ihrer Klasse und lud sie kurzentschlossen zum Auftritt am Abend ein.

Zwischen den Stücken erzählt Marcus Schinkel Anekdoten über das Leben Beethovens, der sich als Ausnahmetalent in Wien inszeniert habe wie ein Rockstar: „Äußerlich können sie sich den jungen Beethoven vorstellen wie eine Mischung aus Mick Jagger und Franz-Josef Strauß. Wenn er am Flügel fantasierte, lag ihm die Damenwelt trotzdem zu Füßen.“

Schinkel stammt selbst aus der Beethovenstadt Bonn und studierte Klassik- und Jazzklavier am Konservatorium in Arnhem. Dort gründete er 1989 das Marcus-Schinkel-Trio. 1999 führten sie zur Verabschiedung des Bundestages in Bonn ihr erstes Klassik-Jazz-Projekt „Blues Over Beethoven“ auf. Mit dem Programm „Crossover Beethoven“ eröffnen sie in Rheinbach ihre Deutschland-Tournee für 2017.

Marcus Schinkel erzählt von den Anfängen der Klassik-Jazz-Projekte: „Ich wollte meine Wurzeln zitieren“, berichtet er. Mit neun Jahren lernt er klassische Klaviermusik, später ist er fasziniert von Rock und Jazz. „Ich habe alles in die Musik eingebracht. Die Melodien sind die Grundlage, darauf variiere ich, wie es auch Beethoven seinerzeit mit Stücken anderer Komponisten getan hat. Man muss wissen, was einen ausmacht. Je mehr man seine eigene Stimme wahrnimmt, umso unverwechselbarer wird man.“ Das letzte Stück des Konzerts ist das heitere „Ode To New Joy“ – oder auch: „Freude schöner Götterfunken“. Nach zweieinhalb Stunden ernten die Musiker lang anhaltenden Beifall.

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