Das Steif-Tier aus dem Supermarkt Herbert Knebel in Rheinbach

RHEINBACH · Uwe Lyko gastierte am Sonntagabend in Rheinbach. Das Motto: "Im Liegen geht's". Am Ende gab es langen und lauten Applaus für eine gelungene Vorstellung.

 Ganz in seinem Element ist Herbert Knebel alias Uwe Lyko bei seinem Gastspiel in Rheinbach.

Ganz in seinem Element ist Herbert Knebel alias Uwe Lyko bei seinem Gastspiel in Rheinbach.

Foto: Matthias Kehrein

Kennen Sie die noch – diese gelben, roten und braunen Pseudo-Brokatkissen aus dem Versandhaus-Katalog? Zwei, drei Seiten vor dem Stickbild namens „Zigeunerin“? Die hat sich Herbert Knebel alias Uwe Lyko am Sonntagabend zwar nicht mit auf die Bühne des Rheinbacher Stadttheaters genommen, dafür aber ein Gemälde, das vage an van Goghs Sonnenblumen erinnert; B-Version, versteht sich, Gelsenkirchener Barock. Aber besagte Kissen machen sich wirklich gut auf der Couch – passend zum Motto des Abends „Im Liegen geht's“.

So jedenfalls heißt das neue Bühnensolo des rührigen Ruhrpott-Rentners in vertrautem Braun-Beige, mit dick schwarz umrandeter Brille und Helmut-Schmidt-Mütze. Unterm Strich zwei ausgesprochen kurzweilige Stunden für rund 500 Besucher, inklusive dem Veranstalter und Gastgeber Michael Neißen.

Los geht’s mit dem Titelstück zur Melodie von Cole Porters „Let's Misbehave“ aus dem Jahr 1927 und einer adäquaten Stepp-Einlage. Ja, da war schon viel Schönes dabei. Und so viel kann an dieser Stelle einleitend gesagt werden: Wäre Lykos/Knebels schwarz-gelber Lieblingsverein die Saison über derart in Form gewesen wie ihr längst weit über Essen-Altenessen hinaus bekannter Fan bei seinem Auswärtsspiel in Rheinbach, wären die Bayern jetzt nicht Meister. Doch nichtsdestotrotz weiß Knebel doch, was er an ihm hat.

Als der Nachbar von gegenüber neulich eine zentnerschwere britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg ausbuddelte und daraufhin die ganze Siedlung im Umkreis von fünf Kilometern evakuiert werden musste, war das erste, wonach die Ruhrpott-Ikone Knebel griff, sein Mitgliedsausweis von Borussia Dortmund. Und ist dann doch auf besagtem Sofa sitzen geblieben.

An der allgemeinen Gelenkigkeit hat es zumindest diesmal nicht gelegen. Doch bereitet sie zunehmend Probleme. Zum Beispiel bei der Bückware im Supermarkt, für die Herbert Knebel sich eigens eine Verkäuferin heranholt, was ihm dort schon den Spitznamen „Steif-Tier“ eingetragen hat. Also dachte seine Frau Guste, Wassergymnastik sei ein probates Mittel gegen Herberts Ungelenkigkeit. Möglicherweise wäre es das auch gewesen. Doch just, als eine der im Becken vor ihm versammelten Damen anhob, ihn zu fragen, was er denn ausgerechnet bei ihnen wolle, hatte Knebel bloß folgende, irgendwie ganz schön nassforsche Antwort parat: „Ich bin hier zum Eisschnelllauf und warte nur, bis das Becken zugefroren ist.“

Ja, dem Mann fällt zu allem der passende Vortrag ein: ob Feng Shui im Arbeitszimmer oder Probleme der Selbstfindung bei Gründung einer „Ich & Du AG“, ob Taufe, Kniebeugen oder befreundete Witwen, die auf dem Verkehrsübungsplatz die unverhoffte Freiheit am Steuer für sich entdecken. Eine bessere Art, seinen Zuhörern mitunter die Tränen in die Augen zu treiben, gibt es schlichtweg nicht.

Man reißt sich allenfalls kurz zusammen, um bloß nicht die nächste Pointe oder Knebel'sche Wortkreation zu verpassen. Zwischendurch gibt es für das Zwerchfell wohl verdiente und von Ozzy Ostermann wohl ausgefüllte Trainings-Pausen. Seit mehr als 20 Jahren kennen Knebel-Fans Georg Göbel-Jakobi – so sein bürgerlicher Name – als festes Mitglied des Affentheaters. Die Perücke mit dem Seitenscheitel und der Hüftschwung sind das Markenzeichen des Gitarristen aus Duisburg mit ostfriesischen Wurzeln. Der Mann klingt auf der Lap-Steel (Flachgitarre) nach Ry Cooder, nach verlassenen Highways oder der Wüste von Paris/Texas.

Aber auch Knebel hat sich inzwischen eine neue Liebe zugelegt: mit schönem Körper und langem Hals. Eine, die man in den Verstärker einstöpseln und ihr dann einen mehr als respektablen Blues entlocken kann. Auch dem gilt schließlich der laute und lang anhaltende Applaus. Und zu guter Letzt erhebt sich der ganze Saal. Sieh an: Im Stehen geht's also auch.

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