Vom Trauma zur Versöhnung Hanna Zack-Miley las im Stadttheater Rheinbach

Rheinbach · Als Siebenjährige verlässt Hanna Zack-Miley 1939 Köln in Richtung London: Sie war Teil des legendären "Kindertransports"mit dem jüdische Kinder vor Hitlers Nazi-Regime gerettet wurden. Ihr Schicksal verarbeitet sie im Buch "Meine Krone in der Asche", aus dem sie im Rheinbacher Stadttheater las.

 Die gebürtige Gemünderin und heute in Amerika lebende Autorin Hanna Zack Miley zu Besuch im Rheinbacher Stadttheater.

Die gebürtige Gemünderin und heute in Amerika lebende Autorin Hanna Zack Miley zu Besuch im Rheinbacher Stadttheater.

Foto: Tobias Zoporowski

In politisch bewegten Zeiten, in denen Fanatismus und Faschismus wieder salonfähig zu werden scheinen, ist es umso wichtiger, die Erfahrungen der Generation zu verinnerlichen, die Flucht, Vertreibung und den Holocaust am eigenen Leib erdulden musste. Im zur Mittagszeit gut gefüllten Rheinbacher Stadttheater las am Dienstag die 1932 in Gemünd als Hannelore Zack geborene und heute wechselweise in Phoenix/Arizona und der Eifel lebende Hanna Zack-Miley aus ihrer Autobiografie „Meine Krone in der Asche. Der Holocaust, die Kraft der Vergebung und der lange Weg zur persönlichen Heilung“. Packend und in sehr persönlichem Stil schildert sie darin, wie in ihrem Heimatort Gemünd die jüdische Bevölkerung erst systematisch ausgegrenzt und dann nach der Pogromnacht 1938 zum Umzug in ein „Judenhaus“ nach Köln gezwungen wurde.

Zack-Mileys Eltern, die am 3. Mai 1942 im Vernichtungslager Chelmno (Polen) ermordet wurden, konnten für ihre Tochter einen Platz in einem Kindertransportzug nach England ergattern, mit dem rund 10 000 deutsche Kinder gerettet werden konnten. In Gegenwart ihres Ehemanns George, der Hanna Zack-Miley auf ihren Lesereisen stets begleitet, bedankte sich die zierliche 85-Jährige für den warmen Empfang in Rheinbach und warb eingangs um Verständnis, dass sie ihre Lesung auf Englisch halten werde. „Falls Ihr etwas nicht versteht, hebt die Hand und fragt nach. Aber ich habe gehört, dass Ihr Englischexperten seid. Ihr habt ja sehr gute Lehrer!“, erheiterte Zack-Miley die anwesenden Schüler aus den Klassen der Jahrgangsstufe 9 des städtischen Gymnasiums und des Sankt-Joseph-Gymnasiums gleich zu Beginn, und lockerte so die doch angesichts des ernsten Themas etwas angespannte Stimmung im Saal auf.

Sie schilderte dem Auditorium zunächst, wie sie auf Rheinbach aufmerksam geworden war. Das geschah am 1. Juli 2013, als der Künstler Günter Demnig „Stolpersteine“ zur Erinnerung an ermordete Juden in ihrer Heimatstadt Gemünd verlegte. Am Ende dieser Zeremonie sei sie von einem „tall gentleman“ aus Rheinbach angesprochen worden: Peter Mohr von der Initiative „Rheinbacher Bürgerinnen und Bürger für Stolpersteine“, der ihr erzählte, dass man auch in der Glasstadt der jüdischen Opfern des Nationalsozialismus mit „Steinen der Erinnerung“ gedenken wolle. Bekanntlich sollte die Umsetzung der Idee noch eine gewisse Zeit dauern, in Rheinbach liegen sie erst seit Ende vergangenen Jahres. Dennoch zeigte sich Hanna Zack-Miley „very begeistert“ vom Erreichten vor Ort, bevor sie aus dem Kapitel „Eine Kindheit im Schatten des Nationalsozialismus“ zitierte. Sie führte dem Publikum den Schrecken jener Tage vor Augen, als Nachbarn zu Denunzianten und Freunde zu Feinden wurden und man als Kind noch nicht recht verstand – ja, gar nicht verstehen konnte – was geschah.

Bei allem Entsetzen erzählt sie in ihrem Werk aber auch von der langen, nervenaufreibenden Suche nach ihrer Familie und dem behutsamen Weg der Annäherung und Aussöhnung mit einem Volk, das sie einst grausam aussortiert hatte und dem sie heute unermüdlich und stets freundlich von ihrer Lebensgeschichte berichtet.

Seit 2014 ist Hanna Zack-Miley Ehrenbürgerin von Gemünd. Die Lesung fand in enger Zusammenarbeit des Vereins „Rheinbach liest“ mit der Volkshochschule und dem Sankt-Joseph-Gymnasium statt.

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