Sportwandern im Rheinbach Erster Rhein-Ahr-Marsch über 100 Kilometer

Rheinbach · Beethoven, Ahrwein, Edelobst: Der erste Rhein-Ahr-Marsch verbindet über 100 Kilometer Traumziele der Region. Es geht von Rheinbach über Lüftelberg nach Bonn, von dort nach Remagen, Walporzheim, Mayschoß und über Geldorf retour in die Glasstadt.

In die tiefen Abgründe des Lebens blickt Frank Piontek, Pressesprecher der Bonner Polizei, von Berufs wegen mitunter täglich. Mord, Totschlag, Diebstähle, Raserei, Familienschicksale begegnen dem Sprecher einer solch großen Behörde zwangläufig. Die Arbeit eines Polizisten ist ohne ein ausgeglichenes Seelenleben heutzutage wohl kaum möglich. Um den Gedanken des Alltags entfliehen zu können, geht Frank Piontek auf Wanderschaft – auf lange Wanderschaft.

Drei 100-Kilometer-Märsche in Belgien hat der in Rheinbach lebende Naturfreund schon absolviert – darunter den Marsch „Through Flanders Fields“, einer emotionalen Reise vorbei an Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs. Unter 20 Stunden lief er jüngst diesen Marsch.

Während der anstrengenden Wegstrecke kam ihm eine Erleuchtung, die Folgen hat: „So etwas muss es auch bei uns in der Region geben“, findet er. Gesagt, getan: „Ich habe meine Trainingsstrecken kombiniert und so ist die Runde für den Rhein-Ahr-Marsch entstanden.“

Zusammen mit weiteren passionierten Sportwanderern zumeist aus Rheinbach organisiert Piontek, der auch Hallensprecher der Telekom Baskets ist, dieses Ereignis, für das am Freitag, 7. Juli, um 20 Uhr erstmals der Startschuss im Rheinbacher Freizeitpark fällt – und im Wortsinne 24 Stunden gehen soll.

24 Stunden sportlich wandern

Ein Klassiker ist schon jetzt die ausgewählte Streckenführung des Rhein-Ahr-Marsches (RAM). Sie führt über 100 Kilometer nicht nur durch die Nacht und die Natur, sondern auch vorbei an so mancher Stelle, an der es sich lohnt, innezuhalten. „Die Route vereint eine ganze Region mit vielen Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten“, sagt Piontek im Gespräch mit dem General-Anzeiger. In den Benelux-Staaten gilt Sportwandern schon als Volkssport (siehe Kasten).

Nach dem Start um 20 Uhr im Freizeitpark geht es kurz durch die Altstadt Rheinbachs und entlang der Obstplantagen über Lüftelberg durch den Kottenforst nach Bonn. „Gegen Mitternacht erwarten wir das Gros des Feldes am Beethoven-Denkmal.“ Von dort marschieren die Teilnehmer am Rheinufer entlang bis nach Remagen. Unweit der Ahrmündung orientieren sich die Marschierer dann in Richtung Walporzheim, wo sie eine einzigartige Besonderheit erwartet: Die Strecke verläuft nämlich nicht nur zum historischen Weinkeller der Weinmanufaktur, sondern durch ihn hindurch. Die Folge: Einer möglichen Einkehr steht nichts im Wege – sie verstößt gegen kein Statut des Rhein-Ahr-Marschs.

Die letzten 20 Kilometer bis zum Ziel bergen noch einmal sportliche Herausforderungen: Etwa bei Kilometer 80 erwartet die Sportwanderer ein beachtlicher Anstieg von Mayschoß zur Kalenborner Höhe. Die rund 200 Höhenmeter auf knapp fünf Kilometer Länge seien aber gut zu schaffen, da sie sich überwiegend im schattigen Wald befinden, versichert Piontek.

Vom „Dach der Tour“ geht es hinunter nach Gelsdorf und durch die großen Edelobstplantagen ins Ziel nach Rheinbach. Wie sehr Sportwanderern die Nähe zur Natur am Herzen liegt, zeigt sich an einem ungeschriebenen, wenn auch unbedingt einzuhaltenden Gesetz: „Alle marschieren für gewöhnlich sehr ruhig“, berichtet Mitorganisator Winfried Lange, ebenfalls Polizist. „Es spielen auch keine Jazzcombos am Straßenrand“, weiß er aus reicher Erfahrung.

Bereits mehr als 250 Anmeldungen zum Marsch

Um die 500 Teilnehmer wollen die Marsch-Macher bei der Premiere zulassen. „Wir bauen keine Konkurrenz zum Bonn-Marathon oder anderen Laufereignissen auf“, meint Lange. Die Idee vom Marsch entlang der Schönheiten der Region kommt an: Obgleich der RAM vorerst nur in der Sportwanderer-Szene bekannt gemacht worden ist, liegen bereits mehr als 250 Anmeldungen vor. „Die, die sich jetzt schon anmeldet haben, die sind entschlossen“, weiß Piontek. Müssen sie auch: ohne Training sei die Distanz nicht machbar.

Unterwegs können die Wanderer an elf Stationen Getränke und Essen auffassen. Die Route ist markiert und mit Streckenposten abgesichert.

Zur Pflicht eines Sportwanderers, der durch die finstere Nacht marschiert, gehört es, Reflektoren zu tragen, eine kleine Lampe und ein Handy mit sich zu führen. Um die Schönheit der Natur nicht zu gefährden, bringen „Powerwalker“, so das englische Synonym für Sportwanderer, sogar ihre eigenen Trinkbecher mit.

Ein Leckerbissen erwartet die Marschierer im Ziel: Monika und Michael Rönn vom Obsthof Rönn aus Meckenheim-Ersdorf, selbst passionierte Wanderer, haben einen Apfel kreiert, in den das Logo des Laufes gelasert ist. Zubeißen darf jeder, der ins Ziel kommt.

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