Nach dem Fall Trudel Ulmen Ermittlungspannen der Polizei gibt es immer wieder

REGION · "Bedauernswertes Missgeschick": Versäumnisse, Unzulänglichkeiten und Fehler: Nicht nur bei den Ermittlungen zu Trudel Ulmen, die nach einem Gewaltverbrechen 16 Jahre lang als vermisst galt und deren Schicksal sich erst jetzt aufklärte, auch in anderen Fällen muss sich die Bonner Polizei zum Teil schwerwiegende Vorwürfe gefallen lassen.

Besonders brisant und bis heute nicht gelöst ist das Verwirrspiel um den früheren V-Mann der Polizei, Mehmet Kösürenbars. 1998 sorgte der wegen Verdachts der Vergewaltigung und der versuchten Zuhälterei Festgenommene mit seiner spektakulären Flucht aus einem Streifenwagen vor dem Bonner Polizeipräsidium nicht nur bundesweit für Schlagzeilen.

Pannen und Peinlichkeiten bei den Ermittlungen kamen ans Tageslicht. Begleitet wurden sie von unglaubwürdigen Erklärungen, schlampiger Arbeit und illoyalem Verhalten. Ein Krimineller blamierte die Behörde. Bis heute ist ungeklärt, wie der damals 28-Jährige in einem Polizeiauto an eine Schusswaffe kommen konnte. "Ein Mysterium" befand ein Behördensprecher in einer ersten Stellungnahme.

Später hieß es, die Pistole sei bei der Durchsuchung Kösürenbars übersehen worden. Er habe sie im Streifenwagen deponiert. Mit der Waffe zwang er einen Autofahrer, ihn nach Meckenheim zu bringen. Trotz eines Großaufgebots der Polizei entkam der Gesuchte aus einer Obstplantage und setzte sich in die Türkei ab. Bei den folgenden Ermittlungen verschwanden bei der Polizei Beweismittel. Der damalige Behördenleiter erfuhr aus der Zeitung, dass Kösürenbars ein ehemaliger V-Mann war. Folge: Fünf Polizisten stolperten über den Fall, darunter der hochrangigste uniformierte Beamte.

1982 schreckte eine Fahndungspanne bei der Entführung des Bad Honnefer Fabrikanten Wilhelm Brassel Polizei und Bevölkerung auf. Der damalige Kripochef sprach von einem "bedauernswerten Missgeschick". Was war passiert? Einem der Kidnapper war am vereinbarten Ort für die Geldübergabe trotz Einsatzes einer Spezialtruppe der Polizei die Flucht gelungen. Erst fünf Tage später konnte er gefasst werden. Brassel war bereits tot. In seinem Fall war Zeit ein wichtiger Faktor, denn Brassel litt an Herz- und Kreislaufschwäche und benötigte täglich Insulin.

Wie professionell Kripobeamte in Bonn arbeiteten, fragten sich Beobachter auch 2002. Eine ältere Frau war in ihrem Haus in Sankt Augustin überfallen und so schwer verletzt worden, dass sie zwei Tage später starb. Die Mordkommission musste sich die Frage gefallen lassen, warum sie ein für die Klärung des Falles möglicherweise entscheidendes Beweismittel der Öffentlichkeit vorenthalten hatte: ein Foto von einem auffälligen Kinderkoffer aus den 50er Jahren.

Gleich zwei Fälle sorgten 2009 für Aufsehen. Bei einem Verkehrsunfall in Bornheim wurde der Fahrer durch die Scheibe geschleudert und getötet. Das Opfer lag zehn Meter vom Wagen entfernt, die Beamten entdeckten es nicht. Die Ehefrau selbst fand später den Toten.

Laut Obduktionsergebnis wäre der Mann auch nicht gerettet worden, wenn ihn die Polizisten gefunden hätten. Ein Behördensprecher gab aber zu, es gebe "konkrete Anhaltspunkte" für handwerkliche Fehler bei der Unfallaufnahme.

Nur wenige Wochen später fragte sich die Öffentlichkeit, ob einer 15-Jährigen ein Martyrium hätte erspart bleiben können, wenn Polizisten anders reagiert hätten. Das Opfer war 18 Stunden in der Gewalt eines vorbestraften Sexualtäters, nachdem der Mann das Mädchen in Medinghoven in sein Auto gezerrt, gefesselt, geknebelt und zu seiner Wohnung bei Euskirchen entführt hatte. Dort vergewaltigte er sein Opfer.

Am nächsten Tag brachte er es wieder nach Hause. Die Polizei, so brachten es spätere Recherchen ans Tageslicht, hatte bei der Halterfeststellung sogar erkannt, dass es sich bei dem Mann um einen vorbestraften Sexualtäter handelte. Dennoch fuhr in dieser Nacht niemand zu dessen Wohnung.

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