Gespräch am Wochenende Dietmar Pertz über den Erzabbau in Rheinbach

Glück auf, Rheinbach - Handwerk, Technik, Industrie. Unter diesem Motto präsentieren am Sonntag, dem Tag des offenen Denkmals, der Eifelverein Rheinbach und das Stadtarchiv Relikte aus der Zeit des Bergbaus. Bei einer Radtour führt Stadtarchivar Dietmar Pertz zu diesen Stellen. Mit ihm sprach Adrian Arab.

Der Rheinbacher Stadtarchivar Dietmar Pertz mit historischen Grubenlampen. Zu sehen sind sie an diesem Sonntag zum Tag des offenen Denkmals.

Der Rheinbacher Stadtarchivar Dietmar Pertz mit historischen Grubenlampen. Zu sehen sind sie an diesem Sonntag zum Tag des offenen Denkmals.

Foto: Arab

Der Stadtwald ist ein Naherholungsgebiet. Warum lautet das Motto trotzdem "Handwerk, Technik, Industrie"?
Dietmar Pertz: Das Oberthema war vorgegeben. Wir haben uns überlegt, wie dieser Begriff in Zusammenhang zu Rheinbach gesetzt werden kann. Da sich Handwerk und Industrie nicht eigneten, haben wir das Augenmerk auf die Überreste des Rheinbacher Bergbaus im 19. Jahrhundert gelegt.

In welchem Zeitraum wurde im Stadtwald Erz abgebaut?
Pertz: Kupfer und Blei wurden in den Höhenorten schon im Mittelalter gewonnen. Seit den 1830er Jahren konzentrierte man sich auf das Eisenerz, das im heutigen Stadtwald über Tage abgebaut wurde. Der Höhepunkt des Kupfer- und Bleierzabbaus ist um das Jahr 1907 zu datieren. Bis zu 83 Männer arbeiteten im Bergbau - eine große Zahl für die damaligen Gemeinden Neukirchen und Queckenberg, die heute zu Rheinbach gehören.

Wir groß waren die Fördermengen?
Pertz: Aufgrund der unterschiedlichen Fördermengen kann man nur wenig dazu sagen. Einordnen kann man die Mengen aber darüber, wie viel Erz zur Schmelzhütte gebracht wurde. Das waren 1857 knapp 13 000 Zentner Eisenstein, die von etwa 30 Arbeitern im Eisenwerk verarbeitet wurden. Für den Bereich Kupfer und Blei sind für das Bergwerk Hedwigsglück im Jahre 1916 30 Tonnen Kupfer dokumentiert.

Was bedeutete der Erzabbau für Rheinbach in wirtschaftlicher Hinsicht?
Pertz: Der Bergbau war eher ein exotischer Versuch, der durch hohe Erwartungen heraufbeschworen wurde. Bessere Abbaugebiete fand man in der Eifel. Schnell konzentrierte man sich aber beim Eisenerz auf das Ruhrgebiet, da dort viel Kohle zur Verfügung stand. In Rheinbach war das nicht möglich, da Kohle nur mühsam herbeigeschafft werden konnte. Auch die Qualität des Eisensteins war nur mäßig.

Wie sah der Arbeitsalltag im Rheinbacher Erzabbau aus?
Pertz: Das ist schwer nachvollziehbar, da es keine Augenzeugenberichte gibt. Stützen kann man sich auf die Arbeitsvorschriften, etwa vom Kupferbergwerk Hedwigsglück. Die Arbeitszeit betrug acht Stunden - viel für die harte Arbeit unter Tage. Nachts wurde auch gearbeitet, es gab also drei Schichten. Innerhalb der Schicht bestand Anspruch auf eine halbe Stunde Pause. Deutlich länger mussten die Männer über Tage arbeiten, nämlich zwölf Stunden.

Wie viele Rheinbacher waren im Erzabbau beschäftigt?
Pertz: In Bezug auf den Eisenerzbergbau fehlen uns Informationen. Im Kupfer- und Bleibergbau arbeiteten vor allem Tagelöhner aus den Höhenorten. Die Menschen waren arm und sahen die Arbeit als Chance für einen auskömmlichen Verdienst. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber der Andrang war so groß, dass man in Neukirchen überlegte, deswegen eine größere Kirche zu bauen. Man glaubte an einen Boom, letztlich hat sich das aber nicht bewahrheitet.

Warum findet heute kein Erzabbau mehr statt?
Pertz: Auch wenn im 20. Jahrhundert immer wieder Anläufe gestartet wurden, lohnte sich der Abbau auf Dauer nicht. Der Eisenerzabbau und dessen Verhüttung wurden bereits in den 1860er Jahren eingestellt. Die Ära des Kupfer- und Bleierzabbaus dauerte deutlich länger. Das Ende wurde 1917 eingeleitet, nachdem in den ersten Jahren des Ersten Weltkriegs der Abbau kriegsbedingt noch rentabel war.

Wie kam man auf die Namen Clara und Margretha für die in den 1850er Jahren angelegten Grubenfelder?
Pertz: Die Namensgebung für die Grubenfelder war willkürlich. Oft wurden diese nach den Ehefrauen und Töchtern der Besitzer benannt. Aber auch reine Ortsangaben wie Rheinbach, Todenfeld oder Wormersdorf waren in unserem Bereich gern genutzte Namen.

Lagern weitere Bodenschätze in Rheinbach?
Pertz: Keine nennenswerten. Vor allem im 19. Jahrhundert wurde zeitweise Basalt zum Straßenbau am Tomberg oder im Steinbruch am Stiefelsberg abgebaut.

An welchen Stellen kann der damalige Abbau noch heute begutachtet werden?
Pertz: Am Forsthaus stand früher eine Eisenschmelze. Für den Betrieb des dazugehörigen, zehn Meter großen Wasserrads wurde damals der Inselweiher als Stauteich angelegt. Heute erkennt man noch die historische Transportrampe zwischen Weiher und Forstscheune. Über einem Tor der Forstscheune findet sich heute noch die Balkeninschrift "Glück und Segen der Rheinbacher Eisenhütte Anno 1857". Im Stadtwald sind noch die Pingen sichtbar, die als Abbaugruben verwendet wurden. Ein weiterer Ort ist das heutige Restaurant "Zu den vier Winden", in der Nähe stand das Maschinenhaus und das Verwaltungsgebäude der Grube Hedwigsglück.

Wie gestalten Sie die Tour am Sonntag?
Pertz: Am Sonntag können die historischen Orte per Rad oder bei einer Wanderung besucht werden. Die Radtour startet am Eifelhaus und führt zur Abbaustelle bei Loch. Dort wurden Schächte bis 60 Meter Tiefe und 200 Meter Stollenlänge angelegt. Bis in die jüngste Zeit sind dort Bergschäden vorgekommen, bei denen durch einbrechende Stollen Häuser abgesackt sind. Über die Gaststätte "Zu den vier Winden" und Berscheid geht es zurück nach Rheinbach, wo wir im Eifelhaus eine Ausstellung zum Thema besuchen. Untermalen werde ich die Tour mit Postkarten, Fotos und Dokumenten.

Zur Person

Dietmar Pertz, 51 Jahre alt, studierte Geschichte, Spanisch und Politologie in Bonn. An sein Studium schloss er eine Zusatzausbildung zum Archivar an und arbeitete zunächst als Mitarbeiter im Archiv seiner Geburtsstadt Geldern am Niederrhein. Heute leitet Pertz das Stadtarchiv Rheinbach und dokumentiert die Vergangenheit und Gegenwart der Stadt.

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