Experte Wolfgang Wagner gibt Tipps Das ist beim Pilzesammeln im Rhein-Sieg-Kreis zu beachten

Rhein-Sieg-Kreis · Mit dem Experten auf Tour: Das ganze Jahr über wachsen Pilze, aber die Hauptsaison für Sammler ist im Spätsommer und Herbst. Welche Exemplare essbar sind und welche nicht, weiß Wolfgang Wagner, Mykologie-Sachverständiger im Rhein-Sieg-Kreis.

Mit gebückter Haltung zwängt sich Wolfgang Wagner (50) durch das Unterholz des Uckerather Walds in der Nähe von Hennef. Der geprüfte Pilzsachverständige (PSV), der im gesamten Rhein-Sieg-Kreis tätig ist, schiebt Tannenzweige zur Seite, um besser vorwärts zu kommen. Seine Wanderschuhe quietschen auf dem feuchten Moos, das einen leichten Geruch von Moder verströmt. Der etwa 1500 Hektar große Wald wird immer dichter und das Tageslicht nimmt ab, aber wer Pilze finden will, kann dies nur Abseits der Waldwege und Schneisen. Unter einer Tanne wächst ein prächtiges und rot-leuchtendes Exemplar eines Fliegenpilzes.

„Er sieht wunderschön aus! Gehört aber definitiv nicht in den Sammelkorb sowie nicht in den Kochtopf“, betont Wagner. Wenn der Fliegenpilz noch seine markanten und charakteristischen weißen Punkte auf dem Hut hat, ist er nicht mit essbaren Pilzen zu verwechseln. „Aber wenn es regnet, kann das Wasser die weißen Punkte auch abwaschen und dann sieht der Pilz für einen Laien wie ein essbarer Täubling aus“, erklärt Wagner.

Fliegenpilz hat eine halluzinogene Wirkung

Der Pilzexperte weiß, dass es Fälle gibt, bei denen der Fliegenpilz mit Absicht verzehrt wurde. „Der Pilz hat eine halluzinogene Wirkung und kann heftige Trips beim Menschen auslösen“, erklärt Wagner, der dem Verein „Deutsche Gesellschaft für Mykologie“ (DGFM) angehört. Er schüttelt heute noch verständnislos den Kopf darüber. Wagner wird bei Bedarf von Krankenhäusern oder Ärzten aus der Region angerufen und um Rat gefragt, wenn Sammler von Übelkeit, Durchfall und anderen Symptomen geplagt werden. „Vergangenes Jahr waren es wirklich viele Einsätze. Sogar Hunde und Kinder waren unter den Betroffenen, weil sie giftige Pilze zu sich genommen haben“, sagt Wagner.

Dennoch ist er der Meinung, dass die Leute mittlerweile umsichtiger geworden seien und sich erst Rat einholen, bevor sie in den Wald ziehen, um Pilze zu sammeln. Allerdings darf der Experte keine Ferndiagnosen am Telefon bezüglich des Verzehrs machen.

Lamellen als Erkennungsmerkmal

„Ich muss den Pilz immer in natura sehen. Fotos, Handy-Apps über Pilze oder auch Pilzfachbücher können unter anderem nicht die Geruchs- und Bruchprobe ersetzen, die enorm wichtig sind, um giftige von essbaren zu unterscheiden“, sagt Wagner und kniet sich zu einem Knollenblätterpilz, einer der giftigsten Pilze, die im Wald wachsen und schnuppert an ihm. „Der riecht nach Kartoffel und ist folglich der gelbe Knollenblätterpilz“, stellt Wagner fest.

Des Weiteren gibt es noch den weißen und den grünen. Obwohl alle drei giftig sind, hat es der grüne besonders in sich. „Er riecht nach Honig und der Laie denkt: Was gut riecht, kann ja nicht schlecht sein. Großer Irrtum!“, betont Wagner und erzählt, dass bereits wenige Gramm, die man nach der Zubereitung isst, tödlich sein können, weil die Gifte des Pilzes hitzebeständig sind. Erbrechen, Übelkeit und Durchfälle stellen sich zeitversetzt ein. „Letztlich kommt es zu massiven Leberschäden, die dann zum Tode führen“, ergänzt Wagner.

Ein weiteres Erkennungsmerkmal des giftigen Pilzes sind die Lamellen unterm Hut. Generell rät Wagner von Lamellenpilzen ab. „Aber auch die Knolle, die in der Erde steckt, sollte jeden Sammler warnen“, sagt er und buddelt sie aus dem schwarzen Waldboden hervor. Allerdings schneiden Pilzsammler ihren Fund mit dem Messer ab und bemerken die hinterlassene Knolle dabei nicht.

450 Pilzarten in den Wäldern im Kreis

Damit es letztlich nicht zu Vergiftungen kommt, gehört die Korbkontrolle auch zu den Aufgaben eines Pilzsachverständigen. „Sollte ich nur einen giftigen Pilz in der Sammlung entdecken, muss der gesamte Korbinhalt weggeworfen werden. Das Risiko ist einfach zu groß“, sagt er.

Nach Wagners Schätzungen gibt es an die 450 Pilzarten in den Wäldern im Kreis. Das ganze Jahr über wachsen Pilze, aber die Hauptsaison für Sammler ist im Spätsommer und Herbst. Dann machen sie sich auf die Suche nach dem Steinpilz oder dem Pfifferling, die nach wie vor zu den Klassikern gehören und auch auf jeder Restaurantspeisekarte stehen.

Da diese zwei Sorten nicht wie Champignons kultivierbar sind und in der Natur nur begrenzt vorkommen, hat sich daraus ein illegales Geschäftsmodell entwickelt. Wagner erinnert sich noch gut daran, als er vor etwa zwei Jahren Autos im Wald entdeckte, und Unbekannte kistenweise Pfifferlinge und Steinpilze hinaus schleppten und verluden. Abnehmer: Gastronomiebetriebe sowie private Käufer.

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