4500 Jahre altes Skelett Archäologen machen Sensationsfund in Rheinbach

Rheinbach · Ein 4500 Jahre altes Skelett schlummerte im Boden der künftigen Gewerbefläche Wolbersacker an der A61. Experten des LVR-Landesmuseums Bonn sehen in der Entdeckung den bedeutendsten Fund eines Skeletts aus der Jungsteinzeit im Rheinland.

Die Sensation schlummert in einem Meter Tiefe. Auf einer Fläche an der A 61 in Rheinbach, die jahrzehntelang landwirtschaftlich genutzt wird und darum den Namen Wolbersacker trägt, haben Archäologen ein vergleichsweise gut erhaltenes, mehr als 4500 Jahre altes Skelett aus der Jungsteinzeit gefunden.

Die Entdeckung, ein Zufallsfund, ist nach Angaben von Experten des LVR-Museums Bonn das erste erhaltene Skelett im Rheinland, welches aus dem Zeit um 2800 bis 2150 vor Christus stammt.

Ein Jahr lang hatten die Archäologen ihre Entdeckung in Rheinbach geheim gehalten. Grund: „Hobbyarchäologen“ sollten vom wilden Suchen und Buddeln auf eigene Faust abgehalten werden. Ans Licht der Öffentlichkeit kommt die aufsehenerregende Entdeckung jetzt durch einen Blog auf der Internetseite des LVR-Landesmuseums Bonn.

Mann oder Frau?

Dort berichtet die wissenschaftliche Volontärin Susanne Domke über die Bergung des Fundstücks, die derzeit laufende Untersuchung und die geplante Restaurierung. Im nächsten Jahr soll der Fund in dem Bonner Museum an der Colmantstraße ausgestellt werden. Das Skelett hat noch nicht das Geheimnis preisgegeben, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt.

Die Fundstelle selbst ist zwischenzeitlich bereits zum Teil bebaut. Auf dem Gelände an der A 61 hat DHL Supply Chain, der auf Kontaktlogistik spezialisierte Bereich der Deutsche Post DHL Group, ein modernes und nachhaltiges Logistikzentrum für das Energiemanagementunternehmen Eaton (siehe Kasten) errichtet. Das Gebäude mit rund 35.000 Quadratmetern Nutzfläche soll schon bald in Betrieb genommen werden (der GA berichtete). DHL investiert am Wolbersacker eine zweistellige Millionensumme.

Bevor die Bagger jedoch im Januar 2018 anrückten, um mit den Bauarbeiten zu beginnen, hatte das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland die Auflage erteilt, das Areal vor Baubeginn archäologisch untersuchen zu lassen. „Denn schon im Winter 2004/2005 wurden auf dem Wolbersacker und an vielen anderen Stellen im Rheinbacher Gewerbegebiet Siedlungsreste aus vergangener Zeit festgestellt“, berichtet Grabungsleiter Martin Heinen von der Grabungsfirma Arthemus.

Äußert seltener Fund

Auf dem Wolbersacker vermuten die Forscher eine Siedlung. Grabungsleiter Heinen ist, so berichtet Susanne Domke vom LVR-Landesmuseum Bonn, „in Fachkreisen für seinen Spürsinn bekannt“. So fiel ihm eine Stelle auf, an der er einen Fund vermutet.

Wenige Tage, bevor die Bagger zum Baubeginn anrücken sollten, entdecken sein Team und er ein Grab mit sterblichen Überresten und einer verzierten Grabbeigabe aus Keramik, die der Zeit der Schnurkeramik zugerechnet wird, sowie zwei Steinwerkzeuge. „Die verstorbene Person wurde in Hockstellung bestattet, das heißt seitlich liegend mit angewinkelten Beinen“, erklärt Domke. Der Glücksfall dieser Entdeckung ist, dass Hinterlassenschaften aus der Zeit der Schnurkeramik im Rheinland äußerst selten sind, so Domke.

Die Menschen dieser Zeit waren bereits sesshaft, betrieben Ackerbau und Viehzucht. „Damit steht die schnurkeramische Kultur zeitlich an der Schwelle von der Steinzeit zur Bronzezeit.“

LVR-Landesmuseum bietet Hilfe an

Als die Forscher überraschend die Knochen entdecken, ist es Zeit für feinere Werkzeuge. Mit Stukkateureisen, Zahnarztbesteck und Pinseln legen sie die Grabstätte frei. Zum Glücksfall der Entdeckung gehört auch der Boden, in dem Knochen und Keramik gefunden werden.

„Normalerweise vergehen Knochen nach wenigen Jahrhunderten in den im Rheinland vorkommenden sauren Lehmböden. Nur der Tatsache, dass das Grab bis knapp an die Grenze des tiefer liegenden kalkhaltigen Lösses eingetieft war, haben wir die überraschend gute Überlieferung der Knochen zu verdanken“, sagt Grabungsleiter Heinen.

Da der Fund für das Rheinland in seiner Erhaltung und Seltenheit einzigartig ist, äußert das LVR-Landesmuseums den Wunsch, das Grab komplett zu bergen, um es in der neu konzipierten Dauerausstellung den Besuchern präsentieren zu können. In den Werkstätten des Museums wollen die Forscher nun die Geheimnisse des Fundstücks erkunden. Da auch Zähne geborgen worden sind, „steigt die Chance, auch die DNA des Individuums untersuchen zu können“, so Domke.

Wenn Sie einen Namen für den „Ötzi aus Rheinbach“ wissen, senden Sie uns eine E-Mail an vorgebirge@ga.de oder schreiben Sie uns bei Facebook.

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