Geplantes Seniorenwohnheim in Meckenheim Tauziehen um Senioren-WG

MECKENHEIM · Investor Norbert Schaffrath möchte auch in seinem neuen Seniorenwohnhaus eine Senioren-WG von einem Pflegedienst betreiben lassen. Die unklare Gesetzeslage erschwert das.

 Auch im neuen Haus für Senioren mit Pflegedienst wollen sie – wie hier im ersten Haus – eine betreute Senioren-WG anbieten: (v.l.) Norbert und Kathrin Schaffrath, Angelika Schlösser und Nikolaus Decker.

Auch im neuen Haus für Senioren mit Pflegedienst wollen sie – wie hier im ersten Haus – eine betreute Senioren-WG anbieten: (v.l.) Norbert und Kathrin Schaffrath, Angelika Schlösser und Nikolaus Decker.

Foto: Axel Vogel

In Sachen Schaffung von altengerechtem Wohnraum kennen sich der Meckenheimer Investor Norbert Schaffrath und seine Tochter Kathrin Schaffrath, Gesellschafter und Geschäftsführer der Inowo, bestens aus. Im vergangenen Jahr stellten sie am Baumschulenweg in Meckenheim eine besondere, altersgerechte Wohnimmobilie fertig: Diese verfügt nicht nur über 28 seniorengerechte Wohnungen, im rund 1.000 Quadratmeter großen Erdgeschoss der Wohnanlage hat auch der Pflegedienst von Angelika Schlösser seinen Sitz. Dieser bietet dort seine Dienstleistungen auch für alle Hausbewohner an.

Herzstück ist dabei der Bereich einer betreuten Senioren-Wohngemeinschaft (WG), in der alle Pflegestufen betreut werden und sogar Palliativkräfte zum Einsatz kommen. Die Nachfrage nach Schaffraths Wohnraum und speziell nach den Pflegedienstleistungen ist so groß, dass der Investor gerne eine weitere Senioren-WG in den anstehenden Neubau des zweiten Bauabschnitts gleich vis-à-vis integrieren möchte. Doch es gibt gesetzliche Hindernisse zu überwinden.

Hintergrund: Schafft ein Investor altengerechte WGs und integriert dabei einen Pflegedienst als Betreiber, ist dies nur schwierig umzusetzen. Denn „Pflegedienste durften bisher laut der Gesetzeslage in NRW nicht Eigentümer einer Senioren-WG sein, die sie selbst bewirtschaften“, erklärt Norbert Schaffrath. Denn sonst würde die Immobilie den Status eines Pflegeheims bekommen, „was etwa mit Blick auf Bettenkapazitäten eine ganz andere Hausnummer wäre“, so Schaffrath weiter. Für ihn als Investor sei es aufgrund der Gesetzeslage beim ersten Bauabschnitt nicht möglich gewesen, für Pflegedienste als Eigentümer eine Senioren-WG zu bauen.

Die Not macht erfinderisch

Maßgabe ist das Wohn- und Teilhabegesetz NRW, erklärt Bettina Lübbert, Abteilungsleiterin des zuständigen Sozialamtes bei der Siegburger Kreisverwaltung: „Das stellte den Schutz der Bewohner über alle andere Dinge.“ Insbesondere gelte diese Schutzklausel für Senioren-WGs, die von Pflegedienstanbietern betrieben werden: „Schließlich können Pflegebedürftige in diesen Fällen nicht frei entscheiden und begeben sich in eine Abhängigkeit“, führt Bettina Lübbert aus, in deren Zuständigkeitsbereich auch die Heimaufsicht fällt. Daher habe bislang der Grundsatz gegolten, „dass Unterkunft und Betreuung nicht in einer Hand vereint sein dürfen“.

Um dennoch einen Pflegedienst im ersten Bauabschnitt ansiedeln zu können, hatte der Investor eine kreative Lösung: „Zum Glück fanden wir damals ein sehr sozial eingestelltes Ehepaar, das die rund 430 Quadratmeter Wohngemeinschaft im Erdgeschoss kaufte und die Fläche dann an den Pflegedienst als Betreiber vermietete“, erklärt Kathrin Schaffrath. Damit wurde dem Gesetz auch vollumfänglich Rechnung getragen.

So kam es, dass Angelika Schlössers Pflegedienst dort ihren Verwaltungssitz für über 90 Mitarbeiter einrichtete. Außerdem wurde eine Senioren-Tagespflege auf 260 Quadratmetern im Erdgeschoss integriert sowie die besagte Senioren-WG mit insgesamt zehn Bewohnern. „Die wohnen selbstbestimmt zur Miete und können bei Bedarf unsere Pflegeleistungen in Anspruch nehmen“, erklärt Schlösser. Und das bis zum letzten Atemzug, wenn es gewünscht wird: „Zu unseren Mitarbeitern zählen auch fünf Palliativpfleger“, so Schlösser.

Kommt die Einsicht beim Gesetzgeber?

Etwa 30 Prozent der Hausbewohner in den darüberliegenden Wohnungen nutze die Dienstleistungen ihres Pflegedienstes. Großen Zuspruch gibt es bei den Plätzen für die Senioren-WG: „Wir haben hier eine Warteliste“, sagt Schlösser. Darum will Norbert Schaffrath unbedingt auch eine WG in den Neubau integrieren, der gleich vis-à-vis der bestehenden Anlage unter Leitung des Bonner Architekten Nikolaus Decker entsteht. Geplant ist der Spatenstich für das rund elf Millionen Euro-Projekt für Januar 2017. Geplant sind etwa 45 altersgerechte, barrierefreie Wohnungen.

Nach Möglichkeit will Schaffrath auch eine zweite Senioren-WG mit zwölf Zimmern integrieren. Wegen der schwierigen Gesetzeslage überlegt er, die entsprechende Fläche im eigenen Bestand zu behalten und mit Schlössers Pflegedienst einen Betreibervertrag zu schließen. Haken: „Das ist für einen Investor eine Frage der Erhaltung von Liquidität, da wir von Banken nur mit entsprechenden Mitteln versorgt werden, wenn wir einen hohen Eigenkapitalanteil einbringen.“

Muss er aber vielleicht gar nicht. Denn Bettina Lübbert vom Kreissozialamt deutet eine Änderung der Gesetzeslage an. Der Gesetzgeber wolle solche positiven Projekte wie das in Meckenheim nicht torpedieren. Lübbert lädt Norbert und Kathrin Schaffrath „daher zu einem Beratungsgespräch nach Siegburg ein“.

Architekt Nikolaus Decker ist derweil für alle Fälle gerüstet: Kommt die Senioren-WG mit zwölf Zimmern nicht, entstehen auf der Fläche fünf weitere Wohnungen. „Ziel ist, Senioren und deren Angehörige, die ein selbstbestimmtes Leben mit allen Serviceleistungen einem Altenheim vorziehen, eine komfortable Wohnimmobilie anzubieten“, so Kathrin Schaffrath.

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