Vorwürfe aus Rache? Stute soll in Meckenheimer Reitstall verletzt worden sein

Meckenheim · Eine Stute soll durch Sporen und Schläge in einem Reitstall in Meckenheim verletzt worden sein. Der Inhaber bestreitet dies und spricht von einem Racheakt zweier Einsteller. Das Kreisveterinäramt bestätigte bei einer Kontrolle den einwandfreien Zustand aller Pferde im Stall.

 Die Wunde am Bauch des Pferdes ist deutlich zu erkennen.

Die Wunde am Bauch des Pferdes ist deutlich zu erkennen.

Foto: privat

„Jedes Pferd, das unter dem Sattel gehen soll, muss korrekt ausgebildet werden. Die Grundausbildung hat zum Ziel, das Pferd durch systematisches Training schonend, artgerecht und sinnvoll vorzubereiten.“ So steht es auf der Homepage eines Meckenheimer Reit-, Turnier- und Pensionsstalls. Sollten sich die jetzt von Zeugen formulierten Vorwürfe gegen den Inhaber und dessen Tochter bewahrheiten, hätten beide gegen diese Grundsätze – und das deutsche Tierschutzgesetz – verstoßen. Der Inhaber bestreitet die Vorwürfe entschieden. Das Kreisveterinäramt hat in dem Reitstall keine Hinweise auf Tierquälerei entdeckt. Die in Rede stehende Wunde sei alt.

Die Tochter des Reitstallbesitzers soll einer Stute mit den Stiefelsporen zunächst eine blutende Wunde zugefügt haben. Anschließend soll der Inhaber das Tier mit einer stockartigen Gerte heftig geschlagen haben. Der Bonner Polizei liegt eine entsprechende Anzeige vor. Sie hat die Ermittlungen wegen des Verdachts „einer Straftat nach dem Tierschutzgesetz“, so Polizeisprecher Simon Rott, aufgenommen. Die Beschuldigten würden jetzt zu den Vorwürfen gehört. Außerdem würden Zeugen befragt.

Mädchen beobachten Vorfall

Der Vorfall soll sich am Sonntag, 21. Mai, gegen 15 Uhr ereignet haben. Zwei Mädchen, 14 und zwölf Jahre alt, wovon eins auf dem Hof eine Reitbeteiligung hat, bekamen den Ablauf mit. Danach soll die Tochter des Inhabers in der Halle die Stute geritten haben. Weil das Pferd offenbar nicht dem Willen der Reiterin folgte und buckelte, soll diese mindestens einmal ihre Beine vom Körper des Tieres weggestreckt und dann „mit voller Wucht die Sporen in den Bauch des Pferdes gerammt“ haben, sodass auf beiden Seiten blutige Wunden entstanden seien. Bis dahin sei das Tier an dieser Stelle unverletzt gewesen.

Anschließend wollten Inhaber und Tochter das verschwitzte Pferd in der Pferdedusche abspritzen. Dort habe sich das Tier aber wegen des kalten Wasserstrahls aus dem Schlauch erschrocken, und es habe einen Schritt rückwärts gemacht. Daraufhin habe der Inhaber des Reitstalls mit einer stockartigen Gerte auf den Kopf der Stute eingeschlagen. Das Tier habe vor Schmerz und Angst gequiekt und sei auf dem nassen Boden weggerutscht. Dabei hätten die Hufeisen Funken geschlagen. Das Tier habe versucht, rückwärts in Richtung der beiden Mädchen zu flüchten, während der Inhaber es vorne festgehalten und weiter auf es eingeschlagen habe.

Laut den Mädchen habe der Inhaber zu ihnen gesagt, dies sei eine „Erziehungsmaßnahme“, das Tier müsse wissen, wem es zu gehorchen habe. Die Kinder sind nach Auskunft der Mutter traumatisiert. Sie werden diesen Reiterhof nicht mehr betreten.

Das Veterinäramt des Rhein-Sieg-Kreises wurde auf einen Hinweis hin tätig. Am Montag nach dem Vorfall trafen Mitarbeiter allerdings niemanden in dem Reiterhof an. Am darauf folgenden Dienstag führten die Mitarbeiter eine Betriebskontrolle durch. Angetroffen und untersucht wurden neun Pferde. „Von diesen wies keines eine Verletzung auf“, sagte eine Sprecherin des Rhein-Sieg-Kreises. Man habe allerdings später wiederum einen Hinweis bekommen, dass das verletzte Pferd vor der Betriebskontrolle weggeschafft worden sei.

Bei einem erneuten Besuch am Montag, 29. Mai, habe der Kreisveterinär die Stute angetroffen. Das Tier habe eine abgeheilte Verletzung am Bauch gehabt. „Diese Verletzung hätte von Sporen herrühren können. Wir bezweifeln aber, dass das Pferd sie am 21. Mai erlitten hat“, sagte die Kreissprecherin. Der Zustand der Wunde spreche dafür, dass die Verletzung länger zurückliege.

Der Inhaber sagte dem GA, die Vorwürfe seien aus der Luft gegriffen. Seine Tochter habe das Pferd geritten, aber nicht verletzt. Die beschriebene Verletzung sei eine alte, längst verheilte Wunde, die das Tier vermutlich beim Vorbesitzer erlitten habe. Er habe die Stute erst kurz vor dem 21. Mai erworben. Er selbst habe das Tier auch nicht geschlagen. Dazu sei er nach einem Unfall allein körperlich gar nicht in der Lage. Er habe noch nie ein Tier gequält. Der Kreisveterinär habe den einwandfreien Zustand aller seiner Pferde, auch den der Stute bestätigt.

Inhaber vermutet Racheakt

Der Inhaber vermutet einen Racheakt zweier Einsteller, die er wegen mangelnder Sauberkeit ihrer Pferdeboxen „rausgeschmissen“ habe. Die beiden Einstellerinnen bestreiten dies jedoch. Man habe nach dem Vorfall selbst gekündigt, man sei nicht „rausgeschmissen“ worden. Von Seiten des Inhabers habe es keine Kündigung gegeben. Insofern gehe auch die Vermutung eines „Racheakts“ ins Leere.

Der Inhaber sagt weiter, jedermann könne jederzeit in seinen Reitstall kommen und sich davon überzeugen, dass seine Tiere korrekt behandelt würden. Ihm hänge immer noch die Sache mit dem tragischen Tod von Christine Wels vor zwei Jahren nach. Auch die Vorwürfe der Tierquälerei von damals hätten sich als haltlos herausgestellt, seinen Betrieb jedoch in der Existenz gefährdet.

Der Meckenheimer Reitstall war bereits 2015 in die Schlagzeilen geraten. Dort war die Dressurreiterin und Reitlehrerin Christine Wels von einem Pferd gegen den Kopf getreten worden. Sie starb drei Tage später an den Folgen des Trittes. Die Weltcup-Finalistin von 1992, in der Szene wegen ihrer Dressurmethoden umstritten, war 2008 vom Landgericht Kiel wegen Tierquälerei zu einer Haftstrafe von 21 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem durfte sie drei Jahre keine Tiere halten. Die Ermittlungen der Bonner Staatsanwaltschaft ergaben im Nachgang des Todesfalls keine Hinweise auf Tierquälerei in dem Meckenheimer Reitstall.

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