Prozess am Landgericht Onkel steht nach 15 Jahren wegen Missbrauchs vor Gericht

Meckenheim/Bonn · Wegen sexuellen Missbrauchs von vier Kindern in 16 Fällen zwischen 2001 und 2014 muss sich ein Mann aus Meckenheim vor dem Bonner Landgerichts verantworten. Die Strafanzeige seiner 22-jährigen Nichte bringt die Polizei auf die Spur weiterer mutmaßlicher Opfer.

 Justitia soll Gerechtigkeit herstellen.

Justitia soll Gerechtigkeit herstellen.

Foto: dpa

Ina (Name geändert) ist heute 22 Jahre alt – und leidet nach wie vor darunter, was ihr als kleines Mädchen von dem Mann auf der Anklagebank angetan worden ist: Der 47-jährige Mann ihrer Patentante hat sie, so ihr Vorwurf, jahrelang missbraucht, und es fing an, als sie sieben Jahre alt war. Sie hat nie mit jemandem darüber gesprochen und sich erst im vergangenen Jahr im Rahmen einer Therapie entschlossen, ihn anzuzeigen. Und es kam heraus: Sie soll nicht sein einziges Opfer gewesen sein. Wegen sexuellen Missbrauchs von vier Kindern in 16 Fällen zwischen 2001 und 2014 muss sich der Mann aus Meckenheim nun vor der 2. Jugendstrafkammer des Bonner Landgerichts verantworten.

Ihm wird vorgeworfen, sich nicht nur ab 2001 vier Jahre lang mindestens sieben Mal an Ina vergangen zu haben, sondern auch an deren jüngerer Schwester. Und später soll er auch seine beiden Nichten, die Töchter seines Bruders, missbraucht haben.

Die Übergriffe auf die zur Tatzeit sieben bis zehn Jahre alten Mädchen soll er stets begangen haben, wenn die Kinder in seinem Haus übernachteten, denn deren Eltern hegten keinen Verdacht und vertrauten ihm ihre Töchter an den Wochenenden oder auch in den Ferien an. Und hätte Ina nicht ihr Schweigen gebrochen, hätte wohl keines der Mädchen geredet.

Erst durch die Anzeige der 22-Jährigen so viele Jahre nach den mutmaßlichen Taten kam der Stein ins Rollen: Als die Polizei sie in ihrer Vernehmung fragte, ob sie noch von anderen Kindern wisse, antwortete sie, der Mann habe Nichten, die sie jedoch nicht kenne und über die sie auch nichts wisse.

Als die Beamten dieser Spur nachgingen, stießen sie auf zwei weitere mutmaßliche Opfer. Nun im Prozess schweigt der 47-Jährige, und so müssen nicht nur alle mutmaßlichen Opfer als Zeuginnen gehört werden, sondern auch viele sogenannte Umfeldzeugen sollen zur Wahrheitsfindung beitragen.

Als einer der Ersten ist Inas Freund gefragt. Und seine Aussage enthüllt, wie stark die Erlebnisse in der Kindheit die 22-jährige Studentin nach wie vor belasten. Ina, mit der er seit 2014 zusammen ist, sei grundsätzlich ein fröhlicher Mensch, erklärt der 25-Jährige. Aber manchmal werde sie ganz still, und nachts werde sie regelmäßig von Alpträumen gequält. Es sei dann schwer, sie da rauszuholen und zu beruhigen, schildert er. Sie sei oft völlig verstört und verängstigt und berichtet ihm, dass sie das Gesicht des Angeklagten vor sich habe, der sie anfasse und bedränge.

Die 22-Jährige ist seit mehreren Jahren in psychotherapeutischer Behandlung. Auf die Frage von Kammervorsitzendem Wolfgang Schmitz-Justen, wie es ihr zurzeit gehe, erklärt ihr Freund: „Sie ist sehr belastet.“ Der Angeklagte lässt sich keinerlei Regung anmerken. Die Strafkammer hat für den Prozess sieben Verhandlungstage angesetzt.

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