„Einmal bitte alles“ Meckenheimerin Helena Hufnagel zeigt Debütfilm in Bonn

MECKENHEIM · Begeistert sind die Kritiken in Zeitungen und den sozialen Medien von Helena Hufnagels Erstlingswerk „Einmal bitte alles“. Der Film der jungen Frau aus Meckenheim-Ersdorf ist für den Max-Ophüls-Preis nominiert.

 Das Leben genießen die Freundinnen Lotte (Jytte-Merle Böhrnsen, links) und Isi (Luise Heyer), die in München studieren, in dem Kinofilm „Einmal bitte alles“, der seit Donnerstag bundesweit in den Kinos zu sehen ist.

Das Leben genießen die Freundinnen Lotte (Jytte-Merle Böhrnsen, links) und Isi (Luise Heyer), die in München studieren, in dem Kinofilm „Einmal bitte alles“, der seit Donnerstag bundesweit in den Kinos zu sehen ist.

Foto: Filmschaft Maas & Füllmich GmbH

Kaum erschienen ist der erste Langspielfilm „Einmal bitte alles“ von Regisseurin Helena Hufnagel fast schon Kult. Mit einer erfrischenden Mischung aus bekannten und neuen Gesichtern sowie atmosphärisch dichten Bildern beschreibt der Streifen das Lebensgefühl der Generation Y. Es ist die sogenannte Generation Praktikum, die mit Ende 20 ihre Träume und Lebensentwürfe hinterfragt. Im Juli kam der Film, der für den Max-Ophüls-Preis nominiert wurde, in die Kinos. Begeistert sind die Kritiken in Zeitungen und den sozialen Medien. Am Freitag, 28. Juli, wird der Streifen um 21 Uhr in der Neuen Filmbühne in Beuel gezeigt. Im Anschluss, gegen 23.30 Uhr, beantwortet Helena Hufnagel den Zuschauern Fragen zur Entstehung und zum Dreh.

Seit 2015 hat die Jungregisseurin gemeinsam mit ihren Studienfreundinnen Sina Flammang und Madeleine Fricke sukzessive die Idee und das Drehbuch entwickelt, einzelne Szenen wurden in den Straßen Münchens abgedreht. „Wir haben extrem lange für den Film gebraucht. Da wir die Außenaufnahmen während des Oktoberfestes gefilmt haben und Leute mit Lederhosen durch die Bilder liefen, mussten wir ganze Szenen im Frühjahr neu drehen“, schmunzelt die 31-Jährige, die seit zehn Jahren in der bayerischen Hauptstadt lebt. Regie ist ihre große Leidenschaft, dabei kam sie eher zufällig „auf den Film“.

Im beschaulichen Altendorf-Ersdorf aufgewachsen, wollte die junge Rheinländerin während ihrer Schulzeit am Städtischen Gymnasium in Rheinbach stets Journalistin werden. Ein abgeschlossenes Studium der Kommunikationswissenschaft folgte. „Als freie Mitarbeiterin in den ARD-Studios in Wien und Singapur entdeckte ich durch die Produktion längerer Features meine Liebe zu Geschichten. Da erfuhr ich von der Existenz von Filmhochschulen, von denen ich in Rheinbach noch nie gehört hatte“, erzählt Hufnagel, die ab 2009 Produktion und Medienwirtschaft mit den Schwerpunkten „Creative Writing“ und Fernsehjournalismus studierte.

Mit der Kurzdokumentation über ein stillgelegtes Atomkraftwerk bei Wien und die Verfilmung einer Stephen King-Kurzgeschichte begann Hufnagels Weg in den Kreis der Filmemacher. „King verkaufte die Rechte an den Kurzgeschichten an Filmhochschüler für einen Dollar.“ Mit ihrem ersten Spielfilm zeigt sie nun ein Gefühlsporträt, in dem sich alles um die Frage dreht, wie lange man große Träume haben darf.

Selbstfindungsprozess und Selbstzweifel

„Einmal bitte alles“ – das denkt sich die Protagonistin Isi (Luise Heyer) in letzter Zeit immer öfter. Sie hat das Grafikstudium in der Tasche und möchte Illustratorin werden. Damit hofft sie den Traum einer erfolgreichen Karriere verwirklichen zu können. Ohne ihre Freundin Lotte (Jytte-Merle Böhrnsen), mit der sie sich eine Wohnung teilt, wäre das Leben „Dazwischen“, das heißt nach der Uni, ziemlich trostlos. Mit Lotte hängt sie gemeinsam ab und stalkt Loser-Leute auf Facebook, bis die Freundin einen Freund (Stefano Bernardin) hat und Isi wegen des Freundes aus der bisherigen WG auszieht. Sie ist wütend auf Lotte, zumal diese auch noch schwanger wird und sich damit nicht an die gemeinsamen Pläne der Freundinnen hält. Während des Films setzt sich Isi mit ihren eigenen Ängsten auseinander, denn alles in ihrem Leben scheint ein Ablaufdatum zum haben: Lotte, der Job und ihre Träume.

Um Isis Innenleben eine Stimme zu geben, zitiert aus dem Off immer wieder Schauspielerin Jessica Schwarz aus F. Scott Fitzgeralds Roman „Die Schönen und Verdammten“, in dem der Selbstfindungsprozess eines Paares verbunden mit Selbstzweifeln und dessen letztlichem Scheitern geschildert wird.

Teil der ARD-Reihe Debüt 2018

Die meisten Aufgaben vor und hinter der Kamera sind mit Frauen besetzt. „Dennoch ist es kein Frauenfilm, sondern es haben sich nur viele talentierte Frauen zusammengefunden“, so Hufnagel, die für ihren Streifen die Bezeichnung „Coming of Age Later“ – die Verlagerung des Erwachsenwerdens auf Ende 20 („30 ist das neue 20“)– kreiert hat. „Mit Mitte 20 entwickeln sich Freundschaften auseinander. Man versucht zwar, wieder zusammenzukommen, aber das gelingt nicht immer. Man überprüft dann seine Ziele und Träume und deren Machbarkeit“, erklärt die Meckenheimerin. Der Film ist ein extremr Low-Budget-Film. Mit 200.000 Euro hat der Film- und Fernsehfonds Bayern den Dreh finanziell gefördert. Alle Teamkollegen haben nur den Mindestlohn für ihre Mitwirkung erhalten. Der Streifen wird auch in der ARD-Reihe Debüt 2018 zu sehen sein. Zurzeit läuft er bundesweit in rund 40 Kinos.

Der Film „Einmal bitte alles“ ist in der Region seit Donnerstag im Adendorfer Drehwerk sowie in der Beueler Filmbühne, Friedrich-Breuer-Straße 68, zu sehen. Am Freitag, 28. Juli, 21 Uhr, ist die Regisseurin in dem Beueler Kino zu Gast.

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