Seniorin stirbt nach Unfall Meckenheimer Ärzte ziehen aus demolierter Praxis in Notquartier

Meckenheim · Die Seniorin, die Ende April mit ihrem Auto in eine Arztpraxis in Meckenheim gefahren ist, ist am Donnerstag verstorben. Das bestätigte die Bonner Polizei. Die Arztpraxis zieht währenddessen in ein Notquartier.

Der kuriose Unfall, bei dem am Donnerstag vor einer Woche an der Ecke Tombergstraße/Klosterstraße in Meckenheim eine 80-Jährige mit ihrem Auto in eine Arztpraxis gefahren war, hat für alle Beteiligten tragische und gravierende Folgen: Die 80-Jährigen Autofahrerin ist tot. Wie Polizeisprecher Simon Rott gestern auf Anfrage erklärte, verstarb die Seniorin am Donnerstag. Inwiefern die bei dem Unfall erlittenen Verletzungen jetzt zum Tod der 80-Jährigen geführt haben, ist bislang unklar. Die Ermittlungen der Polizei sowohl zu dem Unfall als auch zu den Todesumständen laufen.

Auch für die Praxis von Internist Kretz, die er mit seinem Vater, dem Allgemeinmediziner Rudolf Kretz, und seinem Partner Maxim Schlak sowie der Internistin Eva Henneken betreibt, sind die Folgen des Unfalles gravierend. Man ist nicht nur über den plötzlichen Tod der 80-jährigen Patientin bestürzt, die Schäden an der Bausubstanz sind so umfangreich, dass laut Kretz „an eine ärztliche Versorgung der Patienten derzeit nicht zu denken ist“.

Und damit haben er und seine Kollegen ein Riesenproblem: Denn die Praxis betreut laut Kretz „Tausende Patienten im Quartal“. In einer Art administrativem Notdienst versorgen daher jetzt seine elf Mitarbeiter die Patienten mit dem Nötigsten, etwa mit Folgerezepten und Ersatzterminen. Denn Kretz und seine Kollegen arbeiten derzeit mit Hochdruck an einer vorübergehenden Notlösung: Sie bauen quasi aus dem Stegreif und in Eigenregie einen Steinwurf entfernt eine Art „Ausweichpraxis“ auf: An der Klosterstraße 52 – in dem Haus, in dem der Vater von Carsten Kretz lange Zeit praktizierte hatte. Am 8. Mai soll der Betrieb dort starten.

Gaspedal und Bremse verwechselt

Das Drama hatte offenbar mit einem Missgeschick begonnen: Weil die Seniorin laut Polizei möglicherweise Gas und Bremse sowie Vorwärts- und Rückwärtsgang verwechselt hatte, war sie – statt rückwärts vom Praxisparkplatz auf die Tombergstraße zu setzen – mit Schwung nach vorne gefahren.

Dabei durchbrach sie den Zaun zu einem Gartengrundstück. Dann lenkte sie ihren Kleinwagen kurz vor einem Gartenhaus noch nach rechts und fuhr schnurstracks weiter. Erst in der Wand des Wartezimmers der Arztpraxis kam der Wagen zum Stehen. Das Auto hatte die Mauer durchbrochen und nach innen gedrückt. Mehrere Patienten, die im Wartezimmer gesessen hatten, kamen mit dem Schrecken davon. Die 80-Jährige wurde ins Krankenhaus gebracht, mit eher leichten Verletzungen, wie es zunächst von offizieller Seite hieß. Jetzt ist die Frau tot.

Nach dem Unfall am vergangenen Donnerstag ist praktisch nichts mehr so in der internistischen Praxis von Carsten Kretz, wie es einmal war. Denn was kurz nach der Irrfahrt der 80-Jährigen in das Wartezimmer so noch gar nicht abzusehen war: Die Schäden an dem Trakt sind so gravierend, dass dort umfangreich saniert werden muss. Die Statik ist entgegen ersten Befürchtungen zwar nicht beeinträchtigt, so Kretz. Dafür hatte der Wagen nicht nur die Mauer umgefahren, sondern auch die Heizkörper aus der Wand gerissen. Die liefen aus und ruinierten den ganzen Boden. Zudem wurde auch eine Mauer zerstört, „in der Versorgungsleitungen in die erste Etage führten“, sagte Kretz dem GA. Diese Leitungen müssen nun ebenfalls erneuert werden. Der Mediziner geht von rund sechs Wochen aus, in denen saniert und die Praxis geschlossen bleiben muss.

Ein improvisiertes Notquartier

Zu lange aus seiner Sicht, um seine Patienten medizinisch unversorgt zu lassen. Schließlich praktiziert Familie Kretz bereits in dritter Generation zunächst in Adendorf und dann in Meckenheim. So nahm bei Carsten Kretz und seinen Kollegen schnell die Idee Konturen an, ein paar Hundert Meter entfernt in der ehemaligen Praxis des Vaters ein Notquartier aufzubauen. Da Handwerker nicht auf Zuruf zu bekommen sind, sprangen Mitarbeiter, Freunde und die Kollegen ein, die etwa tapezierten und in Baumärkten und Einrichtungshäusern notwendiges Inventar einkauften. Teils müssen noch medizinische Apparate wie das Ultraschallgerät verlagert werden. Eine weitere logistische Herausforderung: Die gesamte IT muss ebenfalls umziehen, was ein Fachmann übernimmt. Aber am 8. Mai soll der Betrieb losgehen.

Kretz bittet die Patienten aber um Verständnis und Geduld, falls es längere Wartezeiten geben sollte: „Schließlich muss sich die Organisation in den neuen Räumen erst noch einspielen.“ Wie hoch der Schaden für ihn sein wird und wie viel davon die Versicherung der Unfallverursacherin übernehmen wird, da kann der Arzt nur mit den Schultern zucken. Für solche Überlegungen hat er im Moment auch gar keine Zeit: „Uns jetzt vor allem wichtig, dass unsere Patienten versorgt werden.“

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