GA-Serie "Im Grünen" In Versailles wachsen Bäume aus Meckenheim

Meckenheim · Das Familienunternehmen Ley beliefert mit seiner Baumschule in Meckenheim Kommunen und Schlossgärten mit besonders robusten Gewächsen. Diese klimastresstoleranten Pflanzen werden wegen des zunehmend extremen Wetters immer beliebter.

Den Hafen der Hansestadt Hamburg, das „Tor zur Welt“, erreichen rund 8700 Seeschiffe im Jahr. 135 Millionen Tonnen Waren schlummern in dieser Zeit in den großen Bäuchen der Ozeanriesen. Die Bäume, die jetzt im Stadtteil Hafencity in der Nähe zum Wasser wachsen sollen, stammen aus Meckenheim. 133 Zerreichen machen sich jetzt, verteilt auf drei Sattelzüge, auf den Weg in den völlig neuen Teil der Hansestadt mit Wohnraum für etwa 14.000 Menschen, mit bis zu 45.000 Arbeitsplätzen und einem Panoramablick auf den Hafen.

Die bereits zwölf Jahre alten, bis zu 250 Kilo schweren Gewächse, gehegt und großgezogen in der Meckenheimer Baumschule Ley, stehen sinnbildlich für die Art von Bäumen, um die sich jetzt sehr viele Kommunen, Garten- und Parkbesitzer bemühen. Sie wünschen sich Gewächse, die extremen Wetterlagen wie dem trockenen Sommer anno 2018 trotzen.

Viele Kommunen wollen mehr Grün

Die Zerreiche etwa kann selbst an mäßig trockenen Standorten gedeihen. „Sie gehört zu den Bäumen, die lange Straßen grüner werden lassen“, sagt Christoph Dirksen, Geschäftsführer der Baumschule von Wilhelm Ley. „Bäume sorgen für ein gutes Stadtklima. Das wird in Zukunft immer wichtiger werden.“ Der nicht enden wollende Sommer des vergangenen Jahres hat zutage gefördert, dass sich insbesondere viele Kommunen um ein beständiges Grün bemühen, das selbst extreme Hitzewellen übersteht.

Nicht nur die Hamburger Hafencity, das nach eigenen Angaben größte innerstädtische Stadtentwicklungsprojekt Europas, beliefert das 1891 gegründete Meckenheimer Unternehmen am Baumschulenweg. „Die Städte haben alle Angst, etwas Falsches zu pflanzen.“

Somit sind die – wie Fachleute sie nennen – klimastresstoleranten Bäume nunmehr besonders gefragt. Die Zerreiche, die Europäische Hopfenbuche, die Ungarische Eiche, der Schnurbaum „Regent“ oder die Traubenkirsche „Schloss Tiefurt“ gehören beispielsweise zu den Gewächsen aus dem Ley-Sortiment, die extremen Wetterbedingungen besonders gewachsen sind.

Ley pflanzt robuste Bäume seit Jahren an

Für Dirksen und sein Team ist dieses Thema keineswegs neu. Denn: Viele Bäume, die jetzt derart gefragt sind, haben die Meckenheimer Spezialisten bereits vor zehn bis zwölf Jahren oder länger angebaut und kultiviert. Eine gute Schule braucht für Bäume ihre Zeit. „Die Bäume haben sich in jahrelanger Praxis und unter genauer Beobachtung gut bewährt“, berichtet Dirksen. „Durch eine hohe Anpassungsfähigkeit an wechselnde Umweltbedingungen, vor allem im Hinblick auf Trockenheitsstress, Hitze und extreme Witterung, zeigen sie sich robust und widerstandsfähig.“ Aber: Gleichwohl braucht selbst klimastresstolerantes Grün Wasser, betont der Fachmann. „Es sind immer noch Pflanzen, lebende Objekte.“

Nicht nur wegen ihrer Robustheit sind die klimastresstoleranten Züchtungen derzeit besonders gefragt. „Da passiert momentan eine Menge in den Köpfen der Menschen“, findet Dirksen. Obgleich die Erkenntnis vergleichsweise banal klingen mag, suchten viele Menschen den Baum auch als Schattenspender auf. „Unter einem Baum ist es acht bis zehn Grad kühler als über dem Baum“, weiß der Geschäftsführer. Jeder Stadtbaum sorgt damit durch seine bloße Existenz für Abkühlung in seiner Umgebung. Außerdem bindet er – so ganz nebenbei – große Mengen Feinstaub.

Bereits in den 60er Jahren erweiterten die Brüder Karl und Fritz Ley die Produktion von Laubgehölzen und entwickelten daraus einen Schwerpunkt der Aufzucht von Alleebäumen mit eigenen Selektionen – bis heute ein Kerngeschäft bei Ley. Beispiel: Die Bäume mit dem klangvollen lateinischen Namen Tilia cordata „Cordaley“ (Winterlinde) stammen nicht nur aus Meckenheim, sie tragen auch den Namen der Familie Ley in sich.

Winterlinden aus Meckenheim stehen in Versailles

Im Park der französischen Könige in Versailles unweit von Paris zieren Winterlinden aus Meckenheim eine Allee. In historischen Plänen taucht die zwischenzeitlich nicht mehr vorhandene Allee auf. Für die Lindenallee reisten 650 Linden leyscher Aufzucht nach Versailles. Für ein zur gleichen Zeit stattfindendes Kunstprojekt sendeten die Meckenheimer eine 50 Jahre alte, 20 Meter hohe Eiche nach Versailles, die just vor dem Prachtschloss steht.

Überhaupt entsprechen Gewächse, die bereits einige Jahresringe aufweisen, den aktuellen Kundenwünschen. So verlässt in Kürze eine zehn Tonnen schwere, 30 Jahre alte Platane den Baumschulenweg, die sich ein Privatmann für sein Eigenheim gekauft hat. Er gab bei der Bestellung an, nicht 20 Jahre warten zu wollen, bis der Baum eine gewisse Größe erreicht hat.

„Wir investieren die Zeit, damit die Kunden nicht warten müssen“, sagt Camilla Bublies. Die Diplom-Agraringenieurin und Mitinhaberin der Bauschule ist zusammen mit Cousine Katharina Ley, Gärtnerin und Betriebswirtin, inzwischen die fünfte Ley-Generation in der Baumschule beziehungsweise im Sängerhof. „Wir müssen im Unternehmen somit 15 bis 20 Jahre vorausdenken“, sagt Bublies. Der Klimawandel und seine Begleitumstände sind für die in Europa führende Baumschule nichts Neues, sondern ein erwartbares Phänomen.

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