Interview mit der Meckenheimer Zugleiterin Walburga Nagler „Bunt ist die schönste Farbe im Karneval“

Meckenheim · Karnevalistin ist Walburga Nagler aus Meckenheim schon von Kind an. Kein Wunder also, dass sie im vergangenen Jahr mit Entsetzen zur Kenntnis nahm, dass es wegen eines personellen Umbruchs in der Vereinigung Meckenheimer Karnevalisten 2017 keinen Zug in der Apfelstadt geben sollte. Aus „Liebe zum Karneval“, wie sie sagt, übernahm sie den Vorsitz der Vereinigung und somit unter anderem auch die verantwortungsvolle Aufgabe der Zugleitung.

 Neue Zugleiterin in Meckenheim ist Walburga Nagler.

Neue Zugleiterin in Meckenheim ist Walburga Nagler.

Foto: Axel Vogel

Nur noch wenige Stunden sind es, bis Sie an diesem Sonntag zum ersten Mal den Meckenheimer Zug mit rund 880 Teilnehmern und rund 30 Gruppen und Vereinen anführen dürfen. Steigt da das Premierenfieber?

Walburga Nagler: Auf jeden Fall. Immerhin ist es mein erstes Mal.

Werden Sie manchmal nachts wach und gehen im Kopf noch mal durch, ob Sie an wirklich alles gedacht haben?

Nagler: Ja, weil eine Unmenge an Kleinigkeiten zu erledigen ist. Dann kommen die großen Dinge noch hinzu, die zu beachten sind: In diesem Jahr ist das Thema Sicherheit sehr wichtig. Da habe ich mir schon so manche Nacht um die Ohren geschlagen, um alles durchzugehen und mal durchzudenken, ob ich alles, was ich machen kann und darf, auch gemacht habe.

Die Polizei rät ja in diesem Jahr, die Zufahrtsstraßen zum Zug mit Barrieren zu sichern – als Reaktion auf die Anschläge in Nizza und Berlin. War es schwierig, diese Vorstellungen umzusetzen?

Nagler: Für mich geht das gar nicht. Ich bin eine Privatperson und darf gar keine Straßen sperren. Wir haben das Thema Sicherheit mit der Polizei und der Stadt besprochen. Ich bin vom Malteser Rettungsdienst darauf aufmerksam gemacht worden, dass sie eine mobile Krankenstation auf dem Markt haben. Falls es einen Notfall gibt und ein Rettungswagen raus muss, wäre es nicht gut, wenn er von Betonblöcken blockiert wird. Das geht gar nicht. Wenn ich aus eigener Initiative eine Straße sperre, kriege ich gewaltig einen auf den Deckel – vor allem, wenn ein Rettungsfahrzeug daran gehindert wird, da durchzufahren. Die Stadt hat in enger Abstimmung mit der Polizei zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen entlang der Zugwege geplant.

2016 gab es in der Vereinigung Meckenheimer Karnevalisten einen gewissen Umbruch. Weil sich niemand fand, der den Zug leiten wollte, sah es zeitweise sogar danach aus, als könne der Zug gar nicht gehen. Sehen Sie diese Gefahr nun längerfristig gebannt?

Nagler: Im Augenblick muss ich sagen, dass wir im Vorstand der Vereinigung eine sehr gute und sehr harmonische Zusammenarbeit leisten. Ich denke, das wird sich in den nächsten Jahren auch nicht ändern. Vor allem pflegen wir das Miteinander. Wir haben es bis jetzt so gehandhabt, dass wir uns immer gegenseitig informieren und jeder bei jeder Angelegenheit mithilft und versucht, wirklich sein Bestes zu geben. Es sieht alles sehr gut aus. Leider fehlt uns immer noch ein Kassierer...

Der Meckenheimer Zug kommt in diesem Jahr erstaunlich international daher. Sie haben eine Pipeband, also eine Gruppe von Dudelsackpfeifern, in der Begleitung der Zugleitung, und sogar aus der Schweiz kommt eine Gugge-Musik-Gruppe in die Apfel- und Blütenstadt. Wie kommt es dazu, dass es in Meckenheim so bunt zugeht?

Nagler: Bunt ist ja die schönste Farbe im Karneval. Helen Huber, die Chefin der Schweizer Guggemusik, die ursprünglich aus Wachtberg-Villip stammt und nun in der Schweiz lebt, hatte bei uns angefragt, ob sie in diesem Jahr mitgehen können. Selbstverständlich können sie. Sie kommen aus der Schweiz mit einem Reisebus angereist.

Der Blick auf die Mottos der Zugteilnehmer verrät: Es geht zwar kein Donald Trump mit, aber es darf politisch sein: Eine Jeckengruppe um Landschaftsplaner Michael Ginster schlägt den Bau einer Seilbahn zwischen Rathaus und Altstadt vor, die „Nachbarschaft der Josef-Kreuser-Straße“ wirbt für Vogelscheuchen als Mittel der Einbruchsbekämpfung in Meckenheim. Wie politisch darf und sollte es zugehen?

Nagler: Zumindest nicht überwiegend politisch. Es gibt im Leben so schöne Themen, aus denen man ein Motto für eine Karnevalsgruppe kreieren könnte. Und ich muss nicht überall den Herrn Trump haben. Den habe ich jeden Morgen, wenn ich die Zeitung aufschlage oder abends Nachrichten sehe. Und ich finde: Im Moment ist in der Welt so viel los, dass uns Humor und Lachen eigentlich gut zu Gesicht steht. Das ist in unseren Zeiten ganz wichtig.

Ein buntes Ausrufezeichen setzt in diesem Jahr die Meckenheimer Hauptschule. Zusammen mit der Aktion „Meckenheimer Garantie für Ausbildung“ (MeGA) feiert die Schule ein jeckes Comeback – 15 Jahre nach der letzten Teilnahme. 70 Schüler und Unterstützer machen mit.

Nagler: Unter anderem unser Bürgermeister Bert Spilles...

Genau. Und eine 30-köpfige Schulband macht Musik. Sind solche Aktionen nicht die beste Nachwuchsförderung für einen Zug?

Nagler: Das denke ich auf jeden Fall. Je früher man die Kinder dazu heranzieht und sie auch mitwirken lässt, desto besser ist es. Kinder sind sehr ideenreich und haben eine tolle Fantasie. Nur viel zu oft wird die Fantasie unterdrückt. Auch Kinder sollen unser Brauchtum pflegen. Das halte ich für sehr wichtig! Bei diesem Projekt ist ein attraktiver Wagen – eine alte Tante Ju 52 – mit dabei, wo die Kinder und sogar der Bürgermeister mitmachen. Dass finde ich super. Der Wagen misst 14,5 Meter – natürlich sind die Flügel des Flugzeugs nicht dran, damit sich die Zuschauer nicht an den Flügeln verletzen.

Was, glauben Sie, ist der schönste Moment für Sie als Zugleiterin? Wenn „de Zoch kütt“ oder wenn er sich auflöst und alles gut gegangen ist?

Nagler: Für mich ist der schönste Moment, wenn die Zugspitze kommt und die Leute applaudieren, weil jetzt endlich der Zoch losgeht. Wenn die Zuschauer sich freuen, dass der Zug kommt, ist das wunderschön. Ebenso ist es, wenn der Zug sich auflöst und man sagen kann: Et hätt jot jejange un Spass jemat.

Und was macht die Zugleiterin nach dem Zug?

Nagler: Das kommt ein wenig darauf an: Wenn ich fit bin, gehe ich mit den Gruppen und den Vereinen feiern. Wir treffen uns nach dem Zug bei den Stadtsoldaten und/oder bei der Prinzengarde im Schützenhaus. Zur Entspannung trinke ich dann auch mal ein Kölsch.

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