Wanderung im Vorgebirge Weg auf den Spuren Heinrich Bölls durch Bornheim

Bornheim · In Bornheim erinnert seit August 2017 ein Wanderweg an Nobelpreisträger Heinrich Böll (1917-1985). Rund drei Kilometer lang ist die Runde, die über Straßen sowie Feld- und Waldwege führt.

Immer der Baskenmütze nach: Die charakteristische Kopfbedeckung von Heinrich Böll weist den Weg.

Immer der Baskenmütze nach: Die charakteristische Kopfbedeckung von Heinrich Böll weist den Weg.

Foto: Christoph Meurer

„Wohin ich auch gehe: Gemüsefelder, blaugrüne Lauchfelder, hellgrün der Kopfsalat, violett-blauer Kohlrabischimmer, weiß-grün der Blumenkohl, im Frühjahr die blühenden Obstbäume, die einmal Kölner Ausflugsziel waren; man fuhr 'in die Baumblüte'. Fleißig, fleißig, die Menschen! Der Mercedes am Feldrain, während da zwei oder drei Sellerie ernten, ist kein Witz.“ Der Mann, der diese Zeilen verfasst hat, gehört zu den bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts.

In wenigen Sätzen hat Heinrich Böll (1917-1985) in der Erzählung „Oblomow auf der Bettkante“ geschildert, wie er seine Spaziergänge durch das Vorgebirge wahrgenommen hat. „Der ärztlich verordnete Pflicht-Spaziergang vor oder nach der Arbeit? Wenn vor, wohin? Die große Runde bis an den Rand von Rösberg? Den Nonnenberg? Trippelsdorf? Friedhof? Oder nach Brühl in den Schlosspark? Falkenlust? Oder rauf auf die Mertener Heide?“ Fragen, die sich Ausflügler seit einiger Zeit selbst stellen und beantworten können, wenn sie sich auf Bölls Spuren machen.

Beschreibung des Vorgebirges in „Oblomow auf der Bettkante“

Im August 2017 hatten Vertreter der Stadt Bornheim, des Naturparks Rheinland sowie viele Helfer und Sponsoren nämlich den rund drei Kilometer langen Heinrich-Böll-Weg eröffnet: vom Heinrich-Böll-Platz in Merten, entlang des alten Wohnhauses des Literaturnobelpreisträgers, hoch zum Rösberger Schloss und vorbei am Mertener Friedhof, auf dem Heinrich Böll und seine Frau Annemarie begraben sind.

René Böll, Sohn des Literaten, meinte bei der Eröffnung, dass der Erinnerungsweg seinem Vater sicher gefallen hätte. Schließlich sei er diese Strecke oft gegangen. Doch warum Merten und Rösberg? 1982 war Böll zu seinem Sohn, der damals in Merten wohnte, gezogen. Gesundheitlich angeschlagen, verbrachte er einen Großteil seiner Zeit in Merten, bis er 1985 in seinem Haus in Kreuzau-Langenbroich (Kreis Düren) starb. Der ältere Mann in der unauffälligen Kleidung fiel im Dorf kaum auf. Er ging dort zum Friseur, und in der örtlichen Drogerie, so wird berichtet, lag immer ein Aschenbecher unter der Theke für ihn bereit.

Allerdings standen nicht wenige Mertener im damals noch viel stärker konservativ geprägten Vorgebirge dem berühmten Linksintellektuellen und Wegbegleiter der Grünen mindestens skeptisch gegenüber. „In der Bevölkerung hat Böll heute mehr Aufmerksamkeit als zu Lebzeiten“, hatte Mertens Ortsvorsteher Hans Gerd Feldenkirchen einmal gegenüber dem General-Anzeiger gesagt. Dazu passt auch, dass die Stadt dem Schriftsteller die Ehrenbürgerwürde erst posthum im Mai 2010 verliehen hatte.

Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Merten

Der Heinrich-Böll-Platz – neben dem übrigens die Heinrich-Böll-Sekundarschule liegt – ist seit Mitte der 90er Jahre nach ihm benannt. Von dort führt der Heinrich-Böll-Weg vorbei am früheren Wohnhaus in der Martinstraße, die dann eine Linkskurve macht, in die Leharstraße und bergauf – zweite Abbiegung rechts ins Feld bis zu einer Sitzbank. Dort geht es nach rechts.

Über die Straße Sommersberg geht es links ein Stück an einem Wäldchen entlang auf die Höhe. Das im Privatbesitz befindliche Rösberger Schloss wird über den Friedensweg und die Von-Weichs-Straße erreicht. Bergab führt die Route über den Greesbergsweg, bis an einer Kreuzung links ein Feldweg abgeht. Dieser stößt auf die Auelsgasse. Dort bietet sich ein weiter Blick über die Region. Rechts abgebogen, führt die Auelsgasse zum Mertener Friedhof – zu Bölls Grab.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Aloys Böll, ein ehemals in Walberberg lebender Architekt und Onkel des Autors, am Wiederaufbau der dortigen Kapelle beteiligt gewesen. Betreten wird der Friedhof über den Nebeneingang. Wer ihn dann über den Haupteingang verlässt, befindet sich wieder in der Martinstraße. Geführt werden die Spaziergänger von zahlreichen Schildern. Verlaufen ist eigentlich nicht möglich, wenn man dem richtigen Symbol folgt: der für Böll typischen Baskenmütze. An einigen Wegweisern entlang der Strecke sind zudem QR-Codes angebracht. Dahinter verbirgt sich ein Projekt von Schülerinnen und Schülern der Europaschule Bornheim. Wer die Codes mit dem Smartphone scannt, kann Interviews mit Zeitzeugen hören – und natürlich Ausschnitte aus „Oblomow auf der Bettkante“.

Der Text „Oblomow auf der Bettkante“ ist in Band 23 der Werkausgabe Heinrich Böll („Kölner Ausgabe“) im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen. Die Ausgabe umfasst insgesamt 27 Bände. Jeder Band kostet 34,90 Euro. Band 23 hat die ISBN 978-3-462-03284-0.

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