Ätzende Natronlauge im Trinkwasser Viele Anwohner waren nicht informiert

Bornheim · Ein mulmiges Gefühl hat Wilfried Langen immer noch, wenn er bei sich zu Hause den Wasserhahn aufdreht. Am Freitag hatte er mit ansehen müssen, wie ein Nachbar ins Krankenhaus gebracht wurde, nachdem er sich gewaschen hatte: "Krebsrot war der, die ganze Haut war entzündet."

Auch weitere Anwohner der Rheinorte Uedorf und Widdig waren betroffen. Die Stadt spricht von drei Betroffenen mit Hautausschlag und Atemnot. Am meisten habe er sich über die Informationspolitik der Stadt geärgert, sagt Langen: "Deren Krisenmanagement ist gleich Null."

Das sehen auch andere Anwohner so. Sie beklagen, nicht oder nicht ausreichend informiert worden zu sein. Das Prozedere sehe die Warnung durch eine Sirene nur vor, wenn die gesamte Stadt betroffen sei, erläuterte Bürgermeister Wolfgang Henseler. Die Medien seien am Donnerstag nicht informiert worden, da nur ein "überschaubarer Bereich", nämlich die Rheinorte, betroffen gewesen seien.

Die Lautsprecherdurchsagen der Feuerwehr waren nach derzeitigen Erkenntnissen erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, als es schon Verletzte gegeben hatte. Viele Anwohner haben die Ansagen nicht mitbekommen. "Ich habe nur einmal ein Blinklicht gesehen, dachte aber, das käme von der Baustelle in der Nähe", berichtet die Uedorferin Angela Nussbaum.

Auch Claudia Bräutigam, Anwohnerin der Isarstraße, hatte erst durch das Radio davon erfahren, dass ihr Trinkwasser eine ätzende Substanz enthält: "Das ist richtig gefährlich", ärgert sich die Chemielaborantin, "da hätte ich mir gerade beim Thema Trinkwasser schon mehr Aufklärung gewünscht."

Über die bekannten Fälle hinaus ist mindestens noch ein weiterer Anwohner, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, verletzt worden. "Ich habe die Durchsage gehört, als ich gerade duschen wollte, und habe das dann auf nach 20 Uhr verschoben." Er habe jedoch eine weitere Ansage nicht mitbekommen, bei der es statt zunächst 20 Uhr hieß, erst ab 22 Uhr sei der Gebrauch des Trinkwassers wieder unbedenklich.

"Als ich dann aus der Dusche kam, hatte ich knallrote, juckende Haut, wie von einem Brand verletzt." Diese Symptome waren ihm nicht unbekannt: "Das hatte ich vor vier Monaten einige Wochen lang immer nach dem Duschen gehabt." Er habe mehrere Dermatologen konsultiert, niemand habe die Symptome einordnen können.

Mit Cortisonsalbe habe er das Problem dann in den Griff bekommen: "Als ich das jetzt am Donnerstag wieder hatte, war mir plötzlich klar, woher es kommt." Die Stadt will den Vorfall nun genau untersuchen, und auch, wie man die Informationskette noch verbessern kann.

Nach derzeitigen Kenntnissen hat es beim Stadtbetrieb Bornheim (SBB), der erst Anfang des Jahres die Wasserversorgung von der Regionalgas Euskirchen übernommen hatte, gleich mehrere Pannen gegeben. Zum einen war laut SBB-Chef Ulrich Rehbann eine Pumpe im Wasserwerk Eichenkamp defekt, die für die routinemäßige Dosierung der Natronlauge bei der Vermischung von saurem Wasser zuständig ist.

Darüber hinaus verfügte die Anlage noch nicht über ein System, das Störmeldungen weiterleitet oder auch nur Alarm schlägt. Es zeigt laut Rebann lediglich den zu hohen Wert an. Zum Zeitpunkt der Anrufe von Bürgern war noch gar nicht aufgefallen, dass zu viel Lauge im Trinkwasser ist.

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