Regionalbahn 48 Sitzplätze sind Mangelware

RHEIN-SIEG-KREIS · Es ist ein typischer Werktag. Als die Regionalbahn 48 von Bonn in Richtung Köln gegen acht Uhr im Bahnhof Sechtem einfährt, sind Sitzplätze im Zug bereits Mangelware. Die vielen Wartenden, die in Sechtem zusteigen, finden kaum noch einen Sitzplatz.

 Zahlreiche Pendler steigen am Bahnhof Sechtem in einen Zug der Regionalbahn 48.

Zahlreiche Pendler steigen am Bahnhof Sechtem in einen Zug der Regionalbahn 48.

Foto: Wolfgang Henry

Stehen ist angesagt, dicht gedrängt. "Dabei haben wir heute noch viel Platz", sagt Jutta Lambrecht. Nicht selten hat die Berufspendlerin in den vergangenen Wochen schlimmere Zustände erlebt, und das hat nichts mit Streiks der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) zu tun. Massive Probleme gebe es, wenn die RB 48 nur mit einem anstatt mit den üblichen zwei Wagen fahre, sagt Lambrecht. Und das komme "sehr oft" vor.

Auf der Fahrt nach Köln spricht sie von den vielen Tagen, an denen sie und bis zu 100 andere Reisende morgens nicht in den verkürzten Zug gekommen seien, weil dieser völlig überfüllt gewesen sei. Knapp 40 Minuten müsse man auf die nächste Verbindung warten. Und wenn man einen Platz im "Kurzzug" bekäme, könne von Komfort keine Rede sein, so eng stehe man. "So würde man keine Tiere transportieren." Und sie schildert: "Es sind schon Menschen dabei kollabiert."

Während Lambrecht berichtet, nicken andere Fahrgäste zustimmend. Zum Beispiel Esther Finis, die ebenfalls beruflich nach Köln pendelt. Probleme gebe es nicht nur bei der morgendlichen Hinfahrt, sondern auch abends auf dem Heimweg. "Wer am Kölner Hauptbahnhof einsteigt, hat noch Glück", sagt sie. Wenn ein verkürzter Zug dann aber an ihrer Station halte, sei er meist völlig überfüllt. "Wer wie ich in Köln-Süd einsteigen muss, hat Pech."

Kritik kommt auch aus der Politik. Die Bornheimer SPD-Ratsfraktion zeigt sich empört über die sich häufenden Unregelmäßigkeiten im Nahverkehr der Deutschen Bahn. "Sowohl die Mittelrheinbahn (MRB 26, Koblenz-Köln) als auch die Linie RB 48 (Bonn/Mehlem-Wuppertal) befahren seit geraumer Zeit diese Strecken in schöner Regelmäßigkeit mit einem drastisch verminderten Platzangebot", heißt es in einer Mitteilung.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Sechtemer Ortsvorsteher Rainer Züge fordert daher von den Betreibern "zumindest in den Verkehrsspitzenzeiten die Sicherstellung einer ausreichenden Platzkapazität". Auch sei es unbedingt erforderlich, entsprechend Ersatzwagen in Reserve zu haben.

Auf Anfrage räumt die Bahn Probleme mit den Fahrzeugen auf der Strecke der RB 48 ein. Einem Bahnsprecher zufolge hat dies mit der Regionalbahn 23 zu tun, die zwischen Bonn und Euskirchen verkehrt. Da Fahrzeuge dieser Linie noch immer zu notwendigen Instandsetzungsarbeiten in die Werkstätten müssten, seien diese so stark ausgelastet, dass für Fahrzeuge der RB 48 wiederum kein Platz für ebenfalls erforderliche Wartungsarbeiten sei. Dafür habe die Fahrzeugreserve nicht ausgereicht, so der Bahnsprecher. Darüber habe man auch bereits mit dem Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR) gesprochen, in dessen Auftrag die Bahn unter anderem die Strecke der RB 48 befährt.

NVR-Pressesprecher Holger Klein bestätigt Gespräche mit der Bahn sowie die Probleme mit den RB 48-Zügen. Laut Klein werden von der Bahn in diesem Fall Minderleistungen erbracht. In solchen Fällen würden Vertragsstrafen fällig. Zugleich hofft Klein, dass die RB 48 von der Bahn nicht "stiefmütterlich behandelt" werde - immerhin gehe der Betrieb der Linie ja im Dezember 2015 für 15 Jahre auf den Betreiber National Express Rail über.

Von größeren Problemen mit der MRB 26 kann Klein allerdings nicht berichten. Hier komme es nur zu vereinzelten Ausfällen. Dies bestätigte wiederum Maik Seete von Trans Regio, dem Betreiber der Mittelrheinbahn. Im September sei auf elf Fahrten, im Oktober auf neun nur ein Fahrzeug statt der vereinbarten zwei eingesetzt worden. Ingesamt fahre die MRB 26 aber pro Tag 40 Mal regulär mit zwei Fahrzeugen.

Die Reisenden auf der Strecke der RB 48 können sich indes Hoffnungen auf eine kurzfristige Verbesserung der Platzsituation machen. Nach Angaben der Bahn sind seit Anfang vergangener Woche Ersatzfahrzeuge vorhanden. Man hoffe darauf, dass das Problem bis Ende dieser Woche beseitigt sei, so der Bahnsprecher weiter.

Passagiere wie Jutta Lambrecht kritisieren aber nicht nur das verminderte Platzangebot, sondern auch die Informationspolitik der Bahn. Gerade auf kleineren Bahnhöfen wie Sechtem erfahre man selten vorher, ob eine Verbindung mit einem oder zwei Fahrzeugen bedient werde. In diese Kerbe schlägt auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion und stellvertretende NVR-Aufsichtsratsvorsitzende Oliver Krauß: "Besser werden muss noch die Kundeninformation, wenn der Betrieb nicht reibungslos funktioniert." Dies gelte für die Information an den Bahnsteigen, im Internet sowie in den Fahrzeugen.

Die Erlebnisse einer Bahnpendlerin

Die Regionalbahn 24, besser bekannt als die Eifelbahn, bringt jeden Morgen Tausende von Pendlern aus der Eifel, dem Euskirchener Raum, aus Weilerswist, aus Swisttal und aus Brühl zu ihren Arbeitsplätzen nach Köln und nachmittags und abends wieder zurück. Zu den Fahrgästen gehört die aus Swisttal stammende und jetzt in Kall lebende Britta Hennes. Sie kann einiges über volle Züge, Verspätungen und Zugausfälle berichten.

Die Angestellte beklagt, dass auf dieser Strecke häufig zu wenig Wagen eingesetzt würden. Sie berichtet: "An einem Morgen kommt die Bahn aus Gerolstein um 5.33 Uhr am Bahnhof in Kall an. Mit nur einem Wagen. Da kommt am frühen Morgen schon Freude auf, denn nicht alle Fahrgäste bekommen einen Sitzplatz. Und zu dieser frühen Stunde fahren schon viele Leute mit. Man kommt sich vor wie in einem Viehtransport."

Daher würden sich zahlreiche Fahrgäste der Zweiten Klasse einfach in die Erste Klasse setzen. Denn die Fahrt von Kall nach Köln dauere ja eine gute Stunde, die man nicht gerne im Stehen verbringe. Weiter schildert Britta Hennes Zugausfälle aufgrund von Türstörungen. Dafür bitte die Bahn dann per Lautsprecherdurchsage um Entschuldigung. Manchmal gebe es aber auch gar keine Durchsage. Auf der Rückfahrt am Abend vom Kölner Hauptbahnhof setze die Bahn zwar zumeist zwei Zugwagen ein. Die seien dann aber "immer rappelvoll". Wer erst in Köln-West oder an einem der folgenden Haltepunkte zusteige, habe Pech gehabt. "Sitzplatz aussichtslos."

Sehr häufig komme es vor, dass Verspätungen der Eifelbahn nicht oder nicht rechtzeitig angekündigt würden. Hennes beklagt, dass es früh morgens keine schnelle Busverbindung von Kall nach Euskirchen gibt, die die Situation verbessere. Auch an den Karnevalstagen habe die Bahn in den vergangenen Jahren oft nicht genügend Zugwagen eingesetzt. So seien die Wagen voll, weil zu den Berufstätigen ja auch noch die Jecken kämen.

Sebastian Hartmann schreibt an Bahn-Verantwortliche

Mit einem Schreiben hat sich Sebastian Hartmann (SPD), Bundestagsabgeordneter für den Rhein-Sieg-Kreis, an die Geschäftsführer von NVR, Trans Regio und DB Regio NRW gewandt und um Auskunft wegen der Platzprobleme bei den Zügen gebeten. "Die Mittelrheinbahn 26 und die Regionalbahn 48 sind die zentrale Verkehrsachse zwischen Köln und Bonn im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis", sagt Hartmann. "Jeden Morgen bleiben Fahrgäste im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke, wenn zu wenige Zugpaare eingesetzt und diese hoffnungslos überfüllt sind." Hier seien "der Zweckverband Nahverkehr Rheinland und die Vertragspartner gleichermaßen gefordert", fügt er hinzu. Insbesondere frage er sich, "ob die seitens der Kunden vorgetragenen Beschwerden mit den Anbietern erörtert wurden und wie die Einschätzung der Problematik ausfällt". Wie Hartmanns Büro mitteilt, sind Antworten auf die Briefe bisher nicht eingegangen.

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