Spezialität aus Bornheim Sechtemer und Brühler brauen ihr eigenes Craftbeer

Bornheim-Sechtem · Ralf Mohr und Markus Hausmann brauen in Bornheim-Sechtem ihr eigenes Bier - in einer Garage. Die beiden experimentieren mit Hopfen, Hefe und Malz.

Wer durch die Garagentür geht, steht unmittelbar in der Brauerei. Zugegeben: Brauerei ist vielleicht ein wenig zu hoch gegriffen. Der Raum ist immer noch eine Garage, die in einen Pavillon im Garten übergeht. Zwischen allerlei Dingen, Kisten und Regalen wird auf einem großen Holztisch an der Wand aber tatsächlich Bier gebraut. Echtes Sechtemer Bier. Und jede Abfüllung ist einzigartig. Während in Großbrauereien automatisierte und standardisierte Prozesse ablaufen, setzen Ralf Mohr aus Sechtem und Markus Hausmann aus Brühl auf Handarbeit, Intuition und Leidenschaft.

In der Garage von Ralf Mohr, der zusammen mit seiner Frau Hildegard Mohr ein Cateringunternehmen führt, wird Craftbeer hergestellt, also ein handwerklich produziertes Getränk (Englisch „craft“, Deutsch: „Handwerk“). „Wir machen alles mit der Hand, nichts Industrielles“, sagt Mohr: „Das schmeckt man nachher.“

Verschiedene Sorten mit Namen wie „Highway to Helles“ oder „Sechtemer“ sind in der Garage bereits entstanden. An diesem Tag brauen Mohr und Hausmann zum zweiten Mal ihr Siebenkornbier. „Das ist ein Bier mit allen sieben Hauptgetreidearten“, sagt Hausmann. Dazu verwenden sie Gerstenmalz, Weizenmalz, Haferflocken, Hirseflocken, Reisflocken, ungesüßte Cornflakes und Roggenrohfrucht. Einmal haben die beiden ein solches Bier bereits produziert. Er habe ein Jahr recherchiert und weltweit kein anderes Bier gefunden, in dem sieben Getreidearten verwendet werden, so Hausmann weiter. „Es ist eigentlich ein Brauexperiment“, meint er. Und dieses Experiment wird an diesem Tag ausgeweitet. Heute wird tatsächlich mit acht Körnern gebraut, es kommen noch Dinkelflocken hinzu.

Tüfteln, bis die Temperatur richtig ist

Laut Mohr wird das Bier im sogenannten Kombirastverfahren hergestellt. Wasser und das geschrotete Getreidemalz werden bei etwa 67 Grad eingemaischt. Die Temperatur müssen Mohr und Hausmann austüfteln. Abwechselnd kommen heißes und kaltes Wasser in einen Edelstahlbottich, bis sich in diesem 16 Liter bei 67 Grad, plus/minus ein Grad, befinden. Insgesamt werden so zwei Bottiche gefüllt. Mohr misst – ganz Handwerker – mit einem analogen Thermometer nach. Beim Maischen sorgen Enzyme dafür, dass aus der Getreidestärke Zucker entsteht. „Was da rauskommt, ist erst mal nichts anderes als Zuckerwasser“, sagt Mohr: „Bier wird es, wenn die Hefe dazukommt.“

Nach rund einer Stunde greift Mohr zu einem kleinen braunen Fläschchen. Darin befindet sich Iod. Damit wird getestet, ob sich die Stärke vollständig in Malzzucker umgewandelt hat. Mohr nimmt ein wenig Flüssigkeit aus dem Maischbottich und gießt sie eine kleine Glasschüssel. Dann kommt das Iod dazu. „Wenn sich das nicht verfärbt, können wir abmaischen“, erläutert Mohr. Dem ist auch so, es geht weiter. Nun folgt das sogenannte Läutern. Die Flüssigkeit, die beim Maischen entstanden ist, wird von den Resten des Getreides getrennt. Die Würze läuft ab. „Die ersten anderthalb Liter sind Schmodder“, erläutert Mohr. „Das kippen wir weg.“ Nicht entsorgt wird der Treber, die Reste des Getreides. Daraus backt Mohr Brot.

Mit den drei Komponenten ist unfassbar viel möglich

Die klare Würze läuft in die sogenannte Würzpfanne – ebenfalls ein Edelstahlbottich –, in der sie dann unter der Zugabe von Hopfen gekocht wird. Allerdings gießen Mohr und Hausmann noch Wasser hinzu. Sonst hätte man nachher einen Alkoholgehalt von 15 bis 18 Prozent, sagt Mohr „Wir wollen aber ein vernünftiges Bier haben“, betont er. Mohr und Hausmann arbeiten mit Hopfenpellets. „Frischer Hopfen ist nur einmal im Jahr zu bekommen“, erläutert Hausmann. Pellets seien aber auch eine natürliche Komponente, da es sich ja nur um gepressten Hopfen handle. Mohr hat verschiedene Sorten von Pellets vorrätig. Da es rund 250 verschiedene Hopfensorten gebe, könne man viel variieren, sagt Hausmann. In Sachen Biergeschmack sei der Hopfen vielleicht als Thema irgendwann „ausgelutscht“, fügt er hinzu. Er meint: „Noch total unterschätzt ist die Hefe.“ Und auch mit Malz könne man viel machen. „Mit den drei Komponenten ist unfassbar viel möglich“, so Hausmann.

Ralf Mohr braut seit rund sechs Jahren. Alles begann mit einem Braukursus, mittlerweile bietet er solche Kurse selber an, ebenso wie Bierverköstigungen. „Ich mache das aus Spaß an der Freud'“, sagt er. Mohr und Hausmann haben sich bei einer Bierverköstigung in einer Brühler Kneipe kennengelernt. Hausmann betreibt einen Blog über das Reinheitsgebot. Ebenso stellt er auf seiner Internetseite Biere aus aller Welt vor. Mit dem Reinheitsgebot von 1516 setzt sich Hausmann auf seiner Seite kritisch auseinander. „Beim obergärigen Bier dürfen wir tatsächlich nur Geste, Weizen, Hafer oder Roggen verwenden“, erläutert Hausmann. Allerdings sei es ihm nicht verständlich, wieso der Gesetzgeber nicht auch andere Getreidearten innerhalb des Reinheitsgebotes zulässt. In Amerika werde oftmals Mais verwendet, in Asien Reis und bei afrikanischen Heimbrauern ganz oft Hirse, so der Experte.

„Wir probieren immer wieder aus“

Rund 90 Minuten wird die Würze gekocht. Danach kommt die Flüssigkeit in Gärtanks. „Ich stelle gerade komplett auf Edelstahl um“, erklärt Mohr. Nun wird das noch nicht fertige Bier auf 22 Grad heruntergekühlt, auch kommt die Hefe hinzu, damit sich Kohlensäure und Alkohol bilden. „Nach zwei Wochen füllen wir es in Flaschen ab“, sagt Mohr. Dann sei das Bier schon trinkbar, allerdings lasse man es noch nachreifen – bis zu sechs Wochen. „Es gibt auch Biere, die bis zu einem halben Jahr gelagert werden“, berichtet Hausmann. Manch ein Spezialbier werde gar in Holzfässern gelagert, um deren Aroma aufzunehmen.

In Sechtem geht ein ganzer Tag fürs Brauen drauf. Nach Stress und anstrengender Arbeit sehen Mohr und Hausmann aber nicht aus. Man sieht ihnen die Freude an ihrem Tun an. „Wir probieren immer wieder aus“, sagt Mohr. So erhalte man Biere, die immer wieder anders schmecken – „traumhafte Biere“, wie er betont. Mohr gerät ins Schwärmen: „Wir wollen kein perfektes Bier, sondern Geschmack.“ Verkauft werden die Gebräue von Mohr und Hausmann nicht – mit Ausnahme des Brotbieres, das – wie der Name schon verrät – aus altem Brot hergestellt wird. In kleinen Mengen ist es in einigen Sechtemer Geschäften zu finden. Die Einnahmen daraus sollen laut Mohr sozialen Zwecken zugutekommen.

Eigenes Bier zu brauen, bedeutet auch, Zeit zu haben – etwa während eingemaischt und gekocht wird. Also wird über Bier philosophiert. Über die immer gleich schmeckenden Sorten aus Großbrauereien, die geringe Auswahl in so mancher Gaststätte und die eigentlich riesige Vielfalt an Bier in Deutschland, Europa und dem Rest der Welt. Mohr und Hausmann probieren – immer in Maßen – viel aus. Doch was ist ihr Lieblingsbier? Er sei flexibel, meint Mohr. Helles aus München sei gut, aber auch Altbier. „Von Stil her schon Altbiere“, meint auch Hausmann: „Aus diesem klassischen deutschen Bier kann man geschmacklich viel herausholen.“

Weitere Informationen zu Bierverköstigungen und Kursen gibt es auf www.braukunst-vorgebirge.de. Der Bier-Blog von Markus Hausmann ist auf www.bierjubilaeum.de zu finden.

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