Junges Wildtier Rehkitz „Sugar“ wohnt auf Ziegenhof in Rösberg

Bornheim-Rösberg · Eine Spaziergängerin aus Bergheim wollte dem Böckchen helfen und nahm es mit nach Hause – doch wer Wildtiere fängt, macht sich der Wilderei strafbar. Nun wohnt das Rehkitz auf dem Ziegenhof.

 Kümmern sich um Rehkitz Sugar: Marc Kuhnen und Tochter Paula (Mitte) mit Besucherin Malin (links).

Kümmern sich um Rehkitz Sugar: Marc Kuhnen und Tochter Paula (Mitte) mit Besucherin Malin (links).

Foto: Axel Vogel

Eigentlich hätte das kleine Rehkitz Sugar auch gleich auf den Namen „Süß“ getauft werden können – denn dieses Wort hört es im Moment wohl mit Abstand am häufigsten. Seit Montag hat das etwa zwei Wochen alte Böckchen ein neues Zuhause bei Familie Kuhnen auf dem Rösberger Ziegenhof gefunden – und fühlt sich zwischen Ziegen, Eseln, Hunden, Kaninchen und Schweinen offensichtlich rundum wohl.

So fröhlich der kleine Rehbock auf dem Ziegenhof herumtollt, so traurig und falsch ist es zugleich: Denn ein Leben in Freiheit ist für ihn wohl für immer passé. Eine Bergheimerin hatte das Kitz bei einem morgendlichen Spaziergang im Wald entdeckt. Als das Tier am Abend immer noch da war und der Spaziergängerin sogar hinterherlief, ging diese davon aus, dass es keine Mutter mehr habe – und nahm es mit. Im Internet wurde sie auf den Rösberger Ziegenhof aufmerksam.

„Ziegenmilch ist am bekömmlichsten für das Rehkitz“, erklärt Marc Kuhnen, der das Tier noch am selben Tag abholte. Am nächsten Morgen meldete er sich bei der zuständigen Unteren Jagdbehörde im Bergheimer Kreishaus, wo die Tierliebe der Spaziergängerin auf wenig Begeisterung stieß.

Verletzung des Jagdrechts

„Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht“, sagt Simon Schall, Pressesprecher des Rhein-Erft-Kreises. Denn wer Wild nachstelle oder es fange, verletze das Jagdrecht und mache sich der Wilderei strafbar – was mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden könne. Das Jagdrecht für ein bestimmtes Gebiet obliege dem Jagdpächter, erklärt Schall weiter. Dieser habe nach Kenntnis der Behörde jedoch auf eine Strafanzeige gegen die Bergheimerin verzichtet. Da das Rehjunge sich nun in Bornheim befinde, sei jetzt wiederum der Rhein-Sieg-Kreis zuständig.

Auch ans dortige Veterinäramt hat sich Kuhnen bereits gewandt, wie Kreissprecherin Rita Lorenz sagt. „Wenn er das Reh behalten möchte, muss er die Tierhaltung anmelden und es tierschutzgerecht unterbringen“, erklärt sie. Andernfalls müsse er für eine adäquate Unterbringung, etwa in einem Tierpark, sorgen. Eine Auswilderung sei bei von Menschen aufgezogenen Wildtieren in der Regel nicht mehr möglich, heißt es vom Kreis. Schon das bloße Berühren von Jungtieren könne dazu führen, dass diese von den Eltern wegen des anhaftenden menschlichen Geruchs nicht wieder angenommen werden.

Wie es für das Kitz weitergeht, ist unklar

Sugars Zukunft ist also noch ungewiss. Als „Haustier“ sei ein Rehbock nicht geeignet, erklärt Kuhnen: „Einmal an Menschen gewöhnt, besteht die Gefahr, dass er sich in Freiheit an Menschen orientiert und sein Revier und sein Weibchen gegen sie verteidigt.“ Im Grunde sei es schade, dass Sugar auf dem Ziegenhof gelandet sei, meint der „Adoptivvater“. „Aber nun bemühen wir uns, ihm so gut es geht zu helfen.“ Und das bedeutet ziemlich viel Arbeit. Alle zwei Stunden wird Sugar per Spritze mit Ziegenmilch gefüttert. Seinen Schlafplatz hat er auf einem großen Kissen im Wohnzimmer und Ausflüge auf dem Hof müssen immer begleitet werden.

Trotz des „Schlamassels“, das die Finderin ungewollt verursacht hat, kann Kuhnen ihr Handeln nachvollziehen. „Sie wollte dem Tier helfen und hat das Falsche getan. Aber vielleicht können durch dieses Beispiel ähnliche Fälle in Zukunft vermieden werden.“

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