Mitbestimmung im Erzbistum Köln Regionale Gläubige entscheiden über Zukunft der Katholischen Kirche

Meckenheim/Bornheim · Am Wochenende finden im Erzbistum Pfarrgemeinderatswahlen statt. Wir haben uns in Meckenheim und Bornheim umgehört.

 Vor der Pfarrkirche St. Michael: Martin Barth. Seit fast zehn Jahren ist er Vorsitzender des Pfarrgemeinderats Meckenheim.

Vor der Pfarrkirche St. Michael: Martin Barth. Seit fast zehn Jahren ist er Vorsitzender des Pfarrgemeinderats Meckenheim.

Foto: Anne Stephanie Wildermann

Wie hoch die Wahlbeteiligung an diesem Samstag und Sonntag, 11./12. November, sein wird, kann sich Martin Barth jetzt schon vorstellen. Der 51-Jährige erwartet, dass diese wie in den vergangenen Jahren zwischen zehn und zwölf Prozent liegen wird. Dennoch hat sich Barth erneut für die Pfarrgemeinderatswahlen für seine Heimatgemeinde St. Michael in Meckenheim-Merl aufstellen lassen, zu der etwa 3000 Mitglieder gehören.

„Zwei neue Kandidaten konnten wir dieses Mal gewinnen: Ana Maria Bernal und Christian Wirres“, sagt er und schlägt die „Perspektiven“ auf. Das modern-gestaltete Magazin ist der Pfarrbrief für die fünf Gemeinden der Pfarreiengemeinschaft Meckenheim. Insgesamt kandidieren 13 Personen.

Seit 2001 gehört er dem Pfarrgemeinderat (PGR) an und hat seit fast zehn Jahren den Vorsitz inne. Ein PGR ist seit 2003 für alle fünf Gemeinden St. Jakobus (Ersdorf/Altendorf), St. Michael (Merl), St. Johannes (Meckenheim), St. Martin (Wormersdorf) und St. Petrus (Lüftelberg) verantwortlich.

"Angebot soll modern und pädagogisch sein"

„Natürlich ist es ein Balanceakt, die ehrenamtliche Arbeit für alle fünf Gemeinde unter einen Hut zu kriegen“, gesteht Barth. „Doch, dass die Gemeinden wieder vollständig eigenständig werden, das würde nicht mehr funktionieren. Außerdem lerne ich somit viele interessante Menschen aus anderen Gemeinden kennen.“

Auch in den fünf Pfarrgemeinden des Seelsorgebereichs Bornheim An Rhein und Vorgebirge – St. Aegidius (Hersel), St. Evergislus (Brenig), St. Georg (Widdig), St. Sebastian (Roisdorf) und St. Servatius (Bornheim) – finden an diesem Wochenende wie im gesamten Erzbistum Köln Pfarrgemeinderatswahlen statt. Hubert Wissing (44) aus Bornheim-Hersel hat sich zum zweiten Mal aufstellen lassen. Der Grund: „Ich trete erneut an, weil die Amtszeit von vier Jahren einfach zu kurz ist, um nachhaltig etwas zu bewegen.“ Des Weiteren liegt ihm das Ehrenamt am Herzen. „Ich ziehe sehr viel daraus, und es ist eine persönliche Bereicherung.“

Wie wichtig die Wahlen zum PGR sind, ist vielen Gemeindemitgliedern nicht bewusst. Dabei sorgen die PGR-Mitglieder beispielsweise dafür, dass Gottesdienste auch mal Open Air stattfinden wie an Pfingsten oder, dass es künftig einen Jugendreferenten in Teilzeit geben wird. „Das Angebot soll modern und pädagogisch zugleich sein“, betont der Merler Barth. Er selbst sehe sich nicht in der Lage, „ein spannendes und reizvolles Angebot zu schaffen, denn dafür braucht es eine professionelle Ausbildung.“

Doch bevor der Jugendreferent mit seiner Arbeit beginnen kann, musste Barth mit seinen Kollegen beim Kirchenvorstand vorstellig werden, weil der für die Finanzierung zuständig ist. „Wir müssen zu jedem einzelnen Kirchenvorstand hingehen, fragen und überzeugen. Das sind zum Teil schon dicke Bretter, die man bohren muss, aber wir wollen unsere Arbeit in den Gemeinden auch nachhaltig gestalten“, sagt Barth. Von Luftnummern hält er nichts. So war es auch mit den „Perspektiven“.

Während andere katholische Gemeinden den Pfarrbrief auf Ökopapier und in Schwarz-Weiß drucken, hat Meckenheim aufgerüstet. Mit einer Auflage von 7000 Stück und vier Ausgaben im Jahr kann sich der Pfarrbrief, der mit Journalisten entwickelt wurde, mit dem wertneutralen Titel „Perspektiven“ sehen lassen.

PGR-Mitglieder beraten den Pfarrer

„Zum Großteil schreiben wir die Artikel selbst. Manche kommen auch von Gastautoren. Wir wollen Themen zur Sprache bringen, die nicht nur einen christlichen, sondern auch einen weltlichen Aspekt haben.“ Barth weiß von Gemeindemitgliedern, dass sie seit der Neuaufmachung des Pfarrbriefs „lieber in ihm lesen und blättern“.

Zu den Aufgaben der PGR-Mitglieder gehören ebenso die Beratung des Pfarrers und des Diakons sowie die Arbeit in unterschiedlichen Gremien wie Jugend und Ökumene. „Die Zukunft der Kirchengemeinde wird vor Ort entschieden, von den Gläubigen und deren Engagement in der Kirche. Weder in Köln noch in Rom“, betont Barth.

Künftig will er mit den anderen Mitgliedern theologische Angebote für Erwachsene und junge Erwachsene neben den Gottesdiensten schaffen. Seiner Ansicht nach werde die Frage nach Gott zu wenig in der Kirche gestellt. „Das ist doch eine existenzielle Frage, und unsere Aufgabe ist es, sich mit den Menschen auf den Weg zu machen und mit ihnen zu suchen, gesprächsfähig zu bleiben, abseits der Gottesdienste, und die Basisarbeit auszubauen. Das heißt auch, die Kirche wieder erlebbarer für Suchende zu machen.“ Als Beispiel nennt Barth die „Zeit der Stille“, wenn das Gotteshaus von St. Johannes in der Adventszeit auch als Meditationsort genutzt wird.

Auch wenn sich die katholische Kirche in einer Krise befindet, gleichsam die evangelische, will Barth nicht aufgeben, obwohl er in seiner Tätigkeit an Grenzen stieß. Eine erste Krise gab es 2004, als Gerüchte über das Privatleben eines Priesters aus der Gemeinde kursierten. Vier Jahre später die nächste Zäsur. Der damalige Pfarrer Michael Jung wurde seines Amtes enthoben und sollte daraufhin das Pfarrhaus verlassen. Doch Jung weigerte sich und zog nach langen Querelen, die bis nach Rom reichten, erst drei Jahre später aus.

Barth hatte damals zwischen dem Geistlichen und dem Kölner Erzbistum vermittelt. „Das war eine große Belastung für mich. Natürlich habe ich mich gefragt, wie wir den Laden hier zusammenhalten können. Doch letztlich hat uns diese schwierige Zeit selbstbewusster gemacht“, resümiert er. Trotz der Vorkommnisse in der Vergangenheit, hofft der PGR-Vorsitzende, dass Leute zur Wahl gehen und damit die Kirche und die Gemeinde weiter gestalten. Denn in einer Sache ist Barth sich sicher: Kirche ist auf eine lebendige Gemeinschaft hin angelegt. „Fußball kann man schließlich auch nicht alleine spielen.“

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