Kirschessigfliege in Bornheim Neuer Schädling kann Obstplantage vernichten

Bornheim-Merten · Netze sperren auf einer Bornheimer Plantage die Kirschessigfliege aus. Der Mertener Roland Schmitz-Hübsch beteiligt sich an einem bundesweiten Projekt.

 Roland Schmitz-Hübsch und Silke Benz stehen am Eingangstor zu der Kirschplantage.

Roland Schmitz-Hübsch und Silke Benz stehen am Eingangstor zu der Kirschplantage.

Foto: Axel Vogel

„Alcatraz“ nennt Roland Schmitz-Hübsch seine Kirschplantage in Merten scherzhaft. Er meint damit allerdings nicht das Eisentor samt Vorhängeschloss, sondern das gigantische Konstrukt aus Folien und Netzen, das die Kirschbäume komplett umgibt. Ähnlich wie ein überdimensionales Mosquitonetz spannt sich das Gebilde über die 2,5 Hektar große Anlage. Die hermetische Abriegelung soll allerdings nicht wie bei einem Gefängnis jemanden an der Flucht hindern, sondern am Hineinkommen – und zwar die Kirschessigfliege. Ein noch recht neuer, aber bedrohlicher Schädling, der aus Asien nach Deutschland kam.

Bedrohlich macht sie ihre rasche Reproduktion – innerhalb kürzester Zeit kann sie so eine ganze Obstplantage vernichten. „Es ist ein Insekt, das wir vor zehn Jahren noch nicht kannten“, sagt Schmitz-Hübsch. Eine einzige Kirschessigfliege lebt nur sechs bis acht Tage und legt währenddessen zwischen 300 und 400 Eier. Die eingenetzte Plantage in Merten ist Teil des bundesweiten Demonstrationsprojektes „Einnetzen von Obstkulturen zum Schutz gegen die Kirschessigfliege“ des Julius-Kühn-Instituts (Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) und den Landwirtschaftskammern der beteiligten Bundesländer. Gefördert wird es durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Binnen sechs bis acht Tagen legt sie zwischen 300 und 400 Eier

Damit sollen Hauptziele des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung für einen nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln umgesetzt werden. Bundesweit beteiligen sich 20 Betriebe aus Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Neben Schmitz-Hübsch testen so auch der Obstbau Felten aus Meckenheim mit einer Süßkirschenplantage sowie der Obstbau Sonntag aus Wachtberg-Fritzdorf mit Brombeer- und Himbeerplantagen die Schutzmöglichkeit.

Das Projekt will das Einnetzen als eine nicht-chemische Variante etablieren, wie Silke Benz von der Landwirtschaftskammer NRW erklärt. Sie betreut das Vorhaben in NRW und kommt wöchentlich zur Plantage, um ihre Messstationen und die Fliegenfallen zu kontrollieren sowie Proben zu entnehmen. Zwei Kontrollpunkte – einer innerhalb der Anlage und einer außerhalb – geben Aufschluss über den Erfolg der Einnetzung. Die beteiligten Betriebe bekommen so wöchentlich eine Rückmeldung zum Zustand ihrer Plantagen. „Durch die Einnetzung können wir erheblich Pflanzenschutzmittel sparen“, sagt Schmitz-Hübsch. Ganz verzichten lässt sich darauf jedoch trotzdem nicht.

2011 trat die Fliegenart zum ersten Mal in Deutschland auf. Nach einer Plage 2014 begannen einige Bauern, ihre Plantagen einzunetzen. Gefährdet sind außer Süßkirschen auch verschiedene Beerensorten. Schmitz-Hübsch hat die ersten Netze bereits 2008 aufgestellt, um seine Süßkirschen gegen Kirschfruchtfliegen zu schützen. Das Netz war damals noch grobmaschiger, etwa 1,5 Millimeter – so groß, dass die Kirschessigfliege hindurchpasste.

Austausch zu dichteren Netzen

Als seine Plantage 2014 von dem neuen Schädling befallen wurde, tauschte er die Netze gegen dichtere aus. Die Lücken sind jetzt nur noch 0,8 mal 0,8 Millimeter groß. Da die Kirschessigfliege von der Seite einfliegt, müssen die Netze am Boden befestigt werden. Die überlangen Netze hat Schmitz-Hübsch daher mit Ziegelsteinen gesichert. Das Foliendach schützt hingegen vor Niederschlag, Vögeln und Frost und steht seit März. Die seitlichen Netze hat der Landwirt Anfang Mai angebracht.

Seit 2017 nimmt der Mertener Betrieb an dem Demonstrationsprojekt teil. Zunächst auf drei Jahre befristet, wurde die Aktion nun um weitere zwei Jahre bis 2022 verlängert. Die Netze haben die Obstbauern allerdings selbst angeschafft, finanziert werden Betreuung und Beratung. Eine seitliche Einnetzung kostet pro Hektar etwa 4000 Euro. Die Experten vom Julius-Kühn-Instiut analysieren auch, ob sich die aufwendige Einnetzung für die Landwirte überhaupt finanziell lohnt.

Umgerechnet auf ein Kilogramm Süßkirschen kostet die Einnetzung neun Cent. Aber das Schutzmodell zeigt Wirkung: Seit 2014 hat Schmitz-Hübsch keinen Befall mehr gehabt. Bis zum Abschluss der Ernte, die in drei Wochen beginnt, bleibt die Plantage nun so komplett verhüllt.

Weitere Informationen zum Projekt gibt es im Internet auf droso-demo-netz.julius-kuehn.de.

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