Freiwilligendienst im Ausland Mertenerin half ein Jahr den Menschen in Indien

Bornheim-Merten · Lotta Schaer aus Merten hat sich in Indien um behinderte Kinder und Erwachsene gekümmert. Anfang Juni steht die nächste Reise an - entweder nach Afrika oder nach Nepal und Indien.

 Lotta Schaer mit Parasu, gegen den sie beim Schach immer verlor.

Lotta Schaer mit Parasu, gegen den sie beim Schach immer verlor.

Foto: Lotta Schaer

Was mach' ich nach dem Abi? Mir war klar: Ich wollte erst mal raus. Reisen und helfen. Nach dem Abi an der Europaschule hatte ich viele Möglichkeiten, wollte mich aber noch nicht entscheiden. Schließlich sollte es nach Indien gehen.

An der Europaschule habe ich mir keine Chance auf Auslandsprojekte entgehen lassen. Über den damaligen Schulleiter Christoph Becker kam der Kontakt zur Sristi Foundation in Indien zustande. Genau wie die Europaschule bemüht sich die Stiftung um Inklusion.

In Indien leben 1,6 Millionen Behinderte, wovon die wenigsten Zugang zu angemessener Bildung haben. Im Sristi Village wird diesen Menschen von Jung bis Alt geholfen. Die Kinder bekommen die Chance, zur Schule zu gehen. Die Erwachsenen werden in landwirtschaftlichen Bereichen ausgebildet. Dieser Minderheit soll eine Ausbildung geboten werden, die es ermöglicht, einen Job auszuüben, ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften und so ein selbstständiges Leben zu führen.

Die Sristi Foundation arbeitet in der Nähe von Puducherry im ländlichen Südosten Indiens. Nach langer, chaotischer Busfahrt hatte ich das erste Mal ein Zuhause auf meiner Reise. Die Arbeit bei der Sristi Foundation ist sehr vielseitig. Mit genug Eigeninitiative konnte ich mir aussuchen, was ich machen wollte. Ich entschied mich dafür, vormittags Karthik, dem Gründer von Sristi, im Office zu helfen, bei den Nachmittagsaktivitäten der Schule mitzumachen und immer dann, wenn Hilfe auf dem Feld gebraucht wurde, dort anzupacken. Dadurch bekam ich einen ziemlich guten Eindruck von allen drei Bereichen von Sristi und hatte viel Kontakt zu allen Teilnehmern.

Oft und gerne bin ich nach der Arbeit noch im Village geblieben, um am Leben der Gemeinschaft teilzunehmen. Nach wenigen Tagen war ich bereits Teil dieser großen und liebenswert chaotischen indischen Familie.

Mitarbeit auf dem Spinatfeld

Meine Erfahrungen in Indien waren das genaue Gegenteil von dem, wovor sich meine Familie und Freunde gefürchtet hatten. Die Menschen dort sind unglaublich nett und gastfreundlich. Per Anhalter zur Arbeit fahren, bei Fremden zu Abend essen oder einfach nur beim Regen unterstellen – alles gar kein Problem.

Ich bin jeden Morgen etwa vier Kilometer zum Village gelaufen oder in einem Schulbus per Anhalter mitgefahren und habe dann mit allen Members im Village zusammen um 9 Uhr gefrühstückt. So richtig indisch: Reis mit irgendeiner Soße, auf dem Boden sitzend und mit den Händen. Danach habe ich im Office meine Mails gecheckt und mit Karthik den Tag besprochen. Er hat mir gesagt, was ich alles machen kann: zum Beispiel den Kontakt zu potenziellen Spendern herstellen oder mit vorhandenen Partnern verhandeln, wie viel sie spenden können.

Dabei habe ich auch einen Spendenaufruf an Freunde und Bekannte geschickt und damit knapp 2000 Euro gesammelt. Zwischendurch habe ich Fotos für einen neuen Internetauftritt gemacht. Zur Mittagszeit haben wir alle zusammen gegessen. Meistens wieder Reis mit irgendeiner anderen Soße. Manchmal kamen allerdings auch Spender zum Mittagessen. Dann gab es „Special Lunch“, der von außerhalb geliefert wurde.

Nach dem Mittagessen habe ich meistens irgendwo auf dem Feld mitgeholfen. Sei es im Spinatfeld oder beim Pflanzen von Palmen. Manchmal bin ich auch schon vor 7 Uhr ins Village gegangen, weil es dann noch nicht so heiß war und wir besser auf dem Feld arbeiten konnten. Nachmittags war ich oft in der Sristi Special School und habe beim Spaßprogramm geholfen. Da die Kinder kaum Englisch können und der Unterricht auf Tamil, der einheimischen Sprache, stattfindet, konnte ich am Unterricht nicht teilnehmen.

Aber nachmittags beim Malen, Tanzen, Singen und Sport musste man nicht die gleiche Sprache sprechen. Dann haben wir Spiele wie die „Reise nach Jerusalem“ gespielt oder die Kinder haben mir versucht beizubringen, wie man in Indien tanzt. Danach hatte ich offiziell frei. Aber meistens bin ich noch länger geblieben und habe noch auf dem Feld geholfen oder einfach nur Zeit mit den erwachsenen Members verbracht.

Mit wenig viel bewirken

Allein das hat schon viel Spaß gemacht, weil sie für alles unglaublich dankbar sind. Rajesh wollte zum Beispiel immer gerne in den Arm genommen werden, Balniwell wollte einen High 5 bekommen, und mit Parasu habe ich oft Schach gespielt – und ich muss zugeben, meistens habe ich verloren.

Ich war insgesamt einen Monat dort und würde sofort noch mal hingehen, weil mir die ganzen Menschen dort so ans Herz gewachsen sind. Ich wäre auch nach dem Monat gerne noch länger geblieben, aber mein Visum war nur für einen Monat gültig und ich hatte auch meine weitere Reise schon geplant. Mittlerweile bin ich von meiner Reise wieder zurück und lebe wieder bei meinen Eltern in Merten. Hier bleibe ich eine Weile und arbeite so viel wie möglich, um mir meine nächste Reise wieder finanzieren zu können.

Anfang Juni geht es dann erst wieder los. Entweder nach Afrika oder nach Nepal und Indien. Non-Profit-Organisationen in Indien haben es nicht leicht und sind auf Volunteers angewiesen. Bei diesem tollen Projekt der Inklusion in Indien ist mir bewusst geworden, dass wir mit wenig viel bewirken können. Auch fünf Euro zählen. Für Interessenten kann ich den Kontakt herstellen: 01 77/7 06 69 96 oder lotta@skicool.com.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort