Interview mit dem früheren Bornheimer Bürgermeister Henseler: „Ich glaube, ich habe einiges bewegt“

Bornheim · Vor zwei Wochen wurde Wilfried Henseler an der Bandscheibe operiert. Zum vierten Mal. Doch der Kardorfer, der bis 1998 ehrenamtlicher und danach bis 2004 hauptamtlicher Bornheimer Bürgermeister war, ist pünktlich zu seinem 80. Geburtstag an diesem Dienstag wieder fit.

 Der frühere Bornheimer Bürgermeister Wilfried Henseler in seiner Lieblingsecke in seinem Haus in Kardorf mit vielen Erinnerungen und Würdigungen.

Der frühere Bornheimer Bürgermeister Wilfried Henseler in seiner Lieblingsecke in seinem Haus in Kardorf mit vielen Erinnerungen und Würdigungen.

Foto: Axel Vogel

Wie geht es Ihnen?

Wilfried Henseler: Erstaunlich gut. Ich kann den Geburtstag in guter Verfassung feiern. Mich hat gefreut, dass sich viele Politiker aller Parteien nach meinem Gesundheitszustand erkundigt haben.

Wann stehen Sie wieder auf dem Golfplatz?

Henseler: Das war auch einer meiner ersten Gedanken nach der Operation. Ich habe gleich den Arzt gefragt. Er meinte, in sechs bis acht Wochen könnte ich den Schläger wieder in die Hand nehmen.

Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?

Henseler: Hier in Kardorf mit Familie, Freunden, politischen Weggefährten und vielen Vereinsvertretern. Denn ich fühle mich meinem Heimatort sehr verbunden, bin Ehrenmitglied in allen Vereinen und unterstütze das kulturelle Leben im Ort.

Sie haben vor 50 Jahren den Kardorfer Ortsausschuss gegründet.

Henseler: Richtig. Und jetzt habe ich ein Buch über die Geschichte des Ortsausschusses mit vielen historischen Bildern verfasst. Der Erlös aus dem Verkauf kommt dem Ortsausschuss zugute.

2004 haben Sie sich aus der Stadtpolitik verabschiedet. Wie haben Sie seitdem die freie Zeit genutzt?

Henseler: Ich habe Bücher über die Geschichte des Kardorfer Männergesangvereins und über meine Zeit als Bürgermeister geschrieben. Ich fahre viel mit dem Rad und spiele Golf. Leider haben mich Erkrankungen immer wieder zurückgeworfen. Aber ich bin immer wieder auf die Beine gekommen.

Als Sie als Bürgermeister aufgehört haben, konnte man sich Wilfried Henseler ohne Politik gar nicht vorstellen. Sind Sie damals in ein „Loch“ gefallen?

Henseler: Das erste halbe Jahr ohne Rathaus ist mir schon schwer gefallen. Ich musste mich wieder daran gewöhnen, mit meiner Frau Else zu frühstücken und gemeinsam zu Abend essen. Ich war ja früher von morgens bis spät abends für die Stadt unterwegs.

War es für Sie ein Problem, das Leben in der Stadt nicht mehr mitgestalten zu können?

Henseler: Nein. Das nicht. Denn ich bin mit großer Zufriedenheit aus dem Amt geschieden. Ich glaube, ich habe einiges bewegt für Bornheim. Das wäre aber alles ohne die Unterstützung meiner Frau und meiner Familie nicht realisierbar gewesen.

Hat es Sie nicht manchmal gejuckt, sich in die politischen Diskussionen einzumischen?

Henseler: Ich habe 2004 bewusst einen Schnitt gemacht nach 40 Jahren in der Kommunalpolitik, obwohl ich mich noch fit für eine weitere Amtsperiode fühlte. Aber das ging damals gesetzlich nicht. Mit 68 musste man als Bürgermeister ja aufhören. Ich habe mich natürlich weiter für die Vorgänge in Bornheim interessiert. Hin und wieder habe ich auch einen Brief an meine CDU-Fraktion geschrieben, wenn mir etwas nicht passte.

Sie galten als „rheinischer Bürgermeister“, der pragmatische Lösungen bevorzugte. Manche Weggefährten bezeichneten Sie auch als „Schlitzohr“...

Henseler: Es gibt gute und böse Schlitzohren. Ich glaube, ich war ein positives Schlitzohr. Das nehme ich mal als Kompliment. Mit einer guten Portion Humor kann man die Menschen leichter für seine Ideen begeistern.

Können Sie ein Beispiel dieser Schlitzohrigkeit nennen?

Henseler: Es ging um die Ansiedlung von Porta. Im Büro konnte ich mich mit dem Porta-Chef nicht einigen. Da habe ich zu ihm gesagt: Jetzt gehen wir eine Runde Golf spielen. Und danach war dann alles klar. Wir einigten uns per Handschlag.

Porta war das Herzstück des Gewerbegebiets Bornheim-Süd. War die Realisierung dieses Gewerbegebiets Ihr größter Erfolg als Bürgermeister?

Henseler: Man muss wissen, dass anfangs von vielen Leuten im Rat, auch in meiner CDU, Bedenken hinsichtlich der Realisierung der Gewerbeplanung geäußert wurden. Ein großes Gewerbegebiet mitten im Acker, das könne doch nicht funktionieren. Aber ich war mir sicher, dass es mit einem Autobahnanschluss funktionieren würde. Es war viel Überzeugungsarbeit bis auf höchste politische Ebenen zu leisten. Doch es hat geklappt. Ich bin schon ein wenig stolz, dass meine Vision Wirklichkeit wurde.

Welche Projekte waren außerdem wichtig für die Stadt?

Henseler: Der Bau der Europaschule und des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums war angesichts der Schülerzahlen in der Stadt unbedingt erforderlich.

Gibt es Entscheidungen, die Sie nicht mehr so treffen würden?

Henseler: Sicher habe ich auch Fehler gemacht. Aber schwerwiegende fallen mir nicht ein.

Wie gefällt Ihnen die neue Königstraße?

Henseler: Sehr gut. Ich bin erfreut, dass jetzt eine ganz andere Einkaufsatmosphäre herrscht. Ich habe bedauert, dass meine CDU den 2004 einstimmig gefassten Ratsbeschluss lange infrage gestellt hat. Ich habe die Arbeit des Gewerbevereins und von Norbert Nettekoven stets geachtet und nie verstanden, dass wir uns nicht einigen konnten.

Mit Ihrem Abschied verlor die CDU in Bornheim die absolute Mehrheit. Worauf führen Sie das zurück?

Henseler: Es ging gar nicht mehr darum, ob die CDU gute oder schlechte Politik gemacht hat. Nach 40 Jahren CDU-Mehrheit wollten viele Bürger eben mal eine andere Konstellation. Hinzu kam, dass einige kleinere Gruppierungen in den Rat kamen. So wurden viele Entscheidungen fast bis zur Beschlussunfähigkeit hinausgezögert.

Was war Ihr größtes Problem als Bürgermeister?

Henseler: Den Rat so einzubeziehen, dass in wesentlichen Entscheidungen trotz vorheriger Meinungsverschiedenheiten Einigkeit herrschte. Das ging nur durch ein vertrauensvolles Miteinander über Fraktionsgrenzen hinweg. Man hat sich zwar manchmal im Rat gekloppt, aber nachher auch wieder vertragen.

Hatten Sie politische Vorbilder?

Henseler: Genscher und Kohl. Sie haben Politik mit Herz gemacht. Ich habe beim Spargelessen der CDU-Bundestagsfraktion im Waldorfer „Dorfbrunnen“ mal den ganzen Abend neben Helmut Kohl gesessen. Da haben wir festgestellt, dass unsere Wege in die Politik ähnlich verlaufen sind.

Wo lagen die Parallelen?

Henseler: Wir wollten zunächst beide etwas für unsere Heimatorte tun.

Wer aus dem Bornheimer Umfeld hat Sie geprägt?

Henseler: Meinem Vorgänger Heinz Dahlmann habe ich viel zu verdanken. Er hat mir wertvolle Tipps gegeben. Das gilt auch für den früheren Stadtdirektor Friedhelm Hüppe.

Wie sind Sie zur Politik gekommen?

Henseler: Als ich 20 war, hat mich jemand von der Jungen Union gefragt, ob ich beitreten wolle. Ich wollte etwas für meinen Heimatort Kardorf bewegen. 1964 bin ich in den Bornheimer Rat gewählt worden. Gemeindedirektor Hans Dietz meinte damals, ich würde bestimmt mal Bürgermeister. Aber das hatte ich 1964 natürlich noch nicht auf der Rechnung. Ein Ansatzpunkt war aber auch, nach Krieg und Nazizeit an der Demokratie in der Bundesrepublik mitzuwirken.

Wenn Sie heute durch die Stadt fahren, was gefällt Ihnen und was nicht?

Henseler: Mir gefällt, dass mein Nachfolger Wolfgang Henseler und der Rat mit großer Intensität meine Arbeit am Stadtbild fortsetzen. Ich nenne die Gewerbe- und die Verkehrspolitik. Mit gefällt weniger, dass viele Straßen in schlechtem Zustand sind.

Wo sitzen Sie als rüstiger Rentner am liebsten auf einer Bank?

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