In Bornheim Heimatforscher Schreiben Buch über Fluglegende

Bornheim-Merten · Flugkünstler Georg Gierlich hat nicht nur in seiner Heimat Bornheim Eindruck hinterlassen. Der Ingenieur ist vielen unter den älteren Vorgebirglern noch als "Wolkenritter" bekannt. Horst Bursch und Franz Levenkaul haben seine Geschichte niedergeschrieben.

 Seit bald 40 Jahren tauschen sich Franz Levenkaul (links) und Horst Bursch über ihr Heimatwissen aus.

Seit bald 40 Jahren tauschen sich Franz Levenkaul (links) und Horst Bursch über ihr Heimatwissen aus.

Foto: Stefan Hermes

Wer die Begeisterung erlebt, mit der Horst Bursch über den "fliegenden Schorsch" erzählt, kommt kaum umhin, sich mit dem Leben von Georg Gierlich zu beschäftigen, der vielen unter den älteren Vorgebirglern noch als Wolkenritter oder einfach nur als der Schöch bekannt ist. Gemeinsam mit seinem ebenfalls als Heimatforscher aktiven und bekannten Franz Levenkaul hat sich Bursch mit dem bewegten Leben von Gierlich beschäftigt, den beide noch persönlich kannten. Im Eigenverlag ist daraus eine 68 Seiten starke, lesenswerte DIN A4 große Schrift entstanden, die auch jüngeren Lesern einen tiefen Einblick in das Leben einer Zeit im Vorgebirge verschafft, die noch nicht allzu lange vergangen ist und doch so viel anders war als heute.

Gierlich wurde 1905 in Merten geboren. Das Haus an der heutigen Beethovenstraße 26, das zurzeit ein Steakhaus beherbergt, war sein Geburts- und später auch Geschäftshaus. Dort führte der Elektroingenieur einen Radio- und Fernsehladen. Dass er Mitte seiner 70er Jahre ins österreichische Reichersberg am Inn umzog, wo er auch 1989 starb, war nicht nur auf seine zweite Ehe mit der Österreicherin Gertraud zurückzuführen, sondern auch auf die Pleite, die er an seinem Heimatort erleben musste.

"Er war einfach zu gutmütig", erinnert sich Levenkaul an den Mann, der immer hilfsbereit zur Stelle war und sich selten darum kümmerte, seine Arbeit auch in Rechnung zu stellen. "Von ihm konnte man schon mal einen Fernseher mit dem Versprechen bekommen", so Bursch, "dass man ihn später bezahlen würde", was dann manches Mal nicht geschah. In ihrer Sammlung über Gierlichs Leben zitieren die beiden Autoren im feinsten Vorgebirgsplatt: "Dä Schöch, dat woa ene Joode!".

Weniger Berücksichtigung

Doch dieser Teil des Lebens von Georg Gierlich findet in der Arbeit des promovierten Romanisten Bursch (67) und des ehemaligen Werksmeisters im Eisenbahnbau Levenkaul (85) weniger Berücksichtigung. Vielmehr beleuchten sie die Leidenschaft des Merteners für die Fliegerei. Der kleinwüchsige Gierlich konnte wohl kaum über die Instrumente manch eines Flugzeugs gucken und vollbrachte dennoch vielbeachtete fliegerische Leistungen, die ihm einige Auszeichnungen und Diplome im Luftsport einbrachten. Zudem war er schlau und gewieft. Dafür stehen Anekdoten, die nicht nur die Verbundenheit des tief gläubigen Gierlich zum Mertener Kloster ausdrücken, sondern auch seine Art des Humors beschreiben.

So hatte der Elektromeister beispielsweise einen Totenschädel auf die Klostermauern gelegt, in dem er zuvor ein rot flackerndes Lämpchen montiert hatte, um nächtens die Nonnen zu erschrecken. Man erzählt sich zudem die Geschichte, dass ihm "ganz zufällig" im Gespräch mit der Oberin beim Herausziehen seines Schnupftuchs ein Rosenkranz aus der Tasche fiel. Ob das letztlich dazu führte, dass er beauftragt wurde, die gesamten Elektroinstallationen des Klosters zu erneuern, ist nicht verbrieft.

Gierlich teilte seine Flugbegeisterung auch mit den Nonnen, die er des Öfteren zu Rundflügen über seine Vorgebirgsheimat einlud. Genauso flog er den im Krieg erblindeten Mertener Pfarrer Peter Lessenich über seine Kirche. Auf den Einwand, dass der Pater doch nichts sehen könne, soll Gierlich erwidert haben, "de hätt ever janz vill Geföhl".

Zum Fluglehrer lizenziert

Bereits 1931 wurde Gierlich auf dem Hangelarer Flugplatz zum Fluglehrer lizenziert. Als "hochmotivierter Nachwuchs" kam er 1937 mit dem Luftsportverband zwangsweise zum Nationalsozialistischen Fliegerkorps (NFSK). Obwohl er dort bis zum Oberleutnant befördert wurde, soll Gierlich "beileibe kein Nazi gewesen sein. Ihm ging es allein und ausschließlich immer nur ums Fliegen", schreiben die beiden Autoren in ihrem Buch.

Abenteuerlich beschreibt Bursch die Episode, in der Gierlich ihn als Schüler spontan einlud, mit ihm zum Flugplatz nach Hangelar zu kommen. Nachdem sie die vom Bonner Flugzeugkonstrukteur Alfons Pützer gebaute "Elster" auf den Rasen geschoben hatten, sollte Bursch die Maschine starten. Er erinnert sich noch heute daran, wie sie später nur wenige Meter über sein Elternhaus hinwegflogen, wobei der Luftsog dem gerade aus dem Haus kommenden Großvater die Asche in einer großen Wolke aus dem Eimer zog.

Und Gierlich freute sich über die ihm allerorts vom Boden aus zuwinkenden Menschen. Anschließend ging es "op Haasejaach", wie Gierlich es nannte. Wenige Meter über dem Acker trieb er mit seinem Flugzeug die Hasen und Kaninchen vor sich her. Neben all den amüsant zu lesenden Anekdoten ist das Werk der beiden Heimatkundler vor allem auch ein Stück wertvolle Zeitgeschichte des Vorgebirges.

Georg Gierlich – Aus dem bunten Leben des leidenschaftlichen Fliegers aus Merten, 68 Seiten, viele SchwarzWeiß-Abbildungen, fünf Euro. Erhältlich bei den Autoren: Horst Bursch, Dersdorf, Spitzwegstraße 64, und Franz Levenkaul, Merten, Offenbachstraße 55.

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