Unklare Ursache Geruchsbelästigung am Rheinufer in Bornheim

Bornheim · Herseler, Uedorfer und Widdiger Bürger berichten von unangenehmem Geruch am Rheinufer. Die Frachtschiffe stehen im Verdacht.

 Ein Tanker auf dem Rhein bei Hersel.

Ein Tanker auf dem Rhein bei Hersel.

Foto: Axel Vogel

Woher kommt der Gestank, der immer wieder in den Bornheimer Rheinorten zu riechen ist? Für die Beantwortung dieser Frage ist offenbar gute Detektivarbeit nötig. Bereits seit September geht die Bornheimer Stadtverwaltung dem Rätsel nach. Eine Lösung ist indes noch nicht in Sicht.

In der Septembersitzung des Bornheimer Umweltausschusses hatte Ausschussmitglied Stefan Klein (FDP) die Verwaltung auf eine chemische riechende Geruchsbelästigung in Hersel aufmerksam gemacht. Unterstützt wurde er dabei vom Vorsitzenden des Herseler Fischervereins, Willi Diefenthal, der in der Sitzung als Gast anwesend war. Er bestätigte das unregelmäßige Auftreten der Gerüche auch für Uedorf. Weiter äußerte Diefenthal die Vermutung, dass die Gerüche von den Tankschiffen stammen, die vor der Beladung in Wesseling oder Niederkassel ihre Tanks „entgasen“. In der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses legte die Stadtverwaltung nun ihre bisherigen Rechercheergebnisse vor. Mit Diefenthals Vermutung als Anlass und aufgrund weiterer Nachfragen aus der Bevölkerung versuchte die Verwaltung beim zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt des Bundes, Informationen über das Verfahren und dessen Zulässigkeit zu erhalten. Die Anfrage wurde jedoch an die Bezirksregierung Düsseldorf als zuständige Behörde weitergeleitet, deren Antwort noch aussteht. Laut Bundesimmissionsschutzgesetz müssen beim Umfüllen oder Lagern von Kraftstoffen oder Rohbenzin Restdämpfe aus beweglichen Behältnissen – dazu zählen auch Binnentankschiffe – so lange zurückgehalten werden, bis sie entweder in ein Tanklager zurück oder die Dämpfe in einer Abgasreinigungseinrichtung entsorgt werden können. Das Ablassen der Dämpfe in die Umwelt ist nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig.

Wie in der schriftlichen Stellungnahme der Stadtverwaltung an die Mitglieder des Umweltausschusses weiter nachzulesen ist, geht wiederum das Umweltbundesamt jedoch davon aus, dass solche Gase zum Teil auch unerlaubt abgelassen werden. Ein Grund hierfür seien die in Deutschland fehlenden Möglichkeiten, Binnentankschiffe landseitig zu entgasen und die gasförmigen Restdämpfe kontrolliert, zum Beispiel in eine Abgasreinigungsanlage, abzugeben. Dementsprechend hätten die Vertragsparteien des „Übereinkommens über die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt“ im Juni 2017 einen Beschluss zur Änderung des Übereinkommens angenommen. Dadurch sollten Umweltbelastungen durch das Freisetzen von schädlichen Dämpfen in die Atmosphäre vermieden werden, heißt es von der Stadt weiter. Die Akteure seien „gehalten“, schädliche Dämpfe ordnungsgemäß zu beseitigen oder beseitigen zu lassen.

Bislang keine Belege

Auf Anfrage des General-Anzeigers verneinen Chemieunternehmen aus Wesseling die Möglichkeit, dass sie beziehungsweise Schiffe in ihrem Auftrag die Verursacher der Gerüche sein könnten. „Auf dem von Lyondell-Basell betriebenen Gelände des Hafens Godorf werden im Rahmen der Entladungsvorgänge alle anfallenden Stoffe ordnungsgemäß verarbeitet“, teilt Andreas Anker von Lyondell-Basell mit. Daher komme das Entgasen von Schiffen in die Umwelt in seinem Unternehmen nicht vor. Jan Zeese, Sprecher der Shell Rheinland Raffinerie, geht noch weiter ins Detail. „Schiffe, die den Wesselinger Hafen der Rheinland Raffinerie anlaufen, dürfen ihre Tanks nicht frei entgasen“, so Zeese. Um dem entgegenzuwirken, habe Shell in den Jahren 2014/2015 bei einer Hafenmodernisierung eine Reihe moderner Einrichtungen installiert. „Die Reststoffe aus den Tanks von Schiffen, die den Wesselinger Hafen anlaufen, werden seitdem über spezielle Leitungen gezielt abgesaugt und rückstandsfrei verbrannt.“ Weiter sagt Zeese: „Bei der Übertragung von Gerüchen spielt der Wind eine wichtige Rolle.“ Die vorherrschende Windrichtung am Wesselinger Standort komme aus Südwest, vom Vorgebirge auf die Raffinerie zu. „Zudem liegt zwischen der Raffinerie und den Ortschaften Hersel, Uedorf und Widdig noch Urfeld, von wo kein Geruch berichtet wurde“, sagt er weiter.

Stefanie Prescher, Leiterin der Standortkommunikation Wesseling/Lülsdorf bei Evonik, erläutert, dass das Entgasen von Schiffen überwiegend bei der Beladung von Tankschiffen geschehe. In Lülsdorf würden derzeit zwar mehrere Produkte über den Schiffsweg zum Kunden transportiert, „aber das nur in sehr geringem Umfang“, so Prescher. Bei der Beladung würden alle anfallenden Gase über eine moderne Filteranlage geführt. „Daher schließen wir den Standort Lülsdorf als Verursacher für die Geruchsbelästigungen in Bornheim aus“, sagt sie weiter.

Auch die Stadtverwaltung weist in ihrer Mitteilung an die Mitglieder des Umweltausschusses darauf hin, dass es bislang keine Belege dafür gibt, dass die Gerüche von Schiffen verursacht werden. Weitere mögliche Quellen könnten beispielsweise die Herseler Kläranlage, der Asphaltmischbetrieb an der Bleibtreustraße, Verkehrsemissionen oder solche aus der Landwirtschaft sein.

Angesichts des unregelmäßigen Auftretens der Geruchsbelästigungen und der unklaren Quellen sehe man selbst keine Möglichkeit, eine weitere Klärung herbeizuführen, heißt es von der Verwaltung weiter. Dies sei überdies die Aufgabe des Rhein-Sieg-Kreises als Immissionsschutzbehörde, der Bezirksregierung Düsseldorf oder des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz. Das Rätselraten geht also vorerst weiter.

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