Für den Rhein-Sieg-Kreis Für Ilka von Boeselager endet ihre Zeit im Landtag

Rhein-Sieg-Kreis · Am 31. Mai 2017, exakt 27 Jahre nach ihrem ersten Tag im Landtag, endet die aktuelle Legislaturperiode und damit scheidet die 72-Jährige nach ihrem Verzicht auf eine weitere Kandidatur aus dem Parlament aus.

 Lady in Pink: Adäquat gekleidet zeigte sich Ilka von Boeselager im Ascot-Style bei der Landpartie in Adendorf.

Lady in Pink: Adäquat gekleidet zeigte sich Ilka von Boeselager im Ascot-Style bei der Landpartie in Adendorf.

Foto: Axel Vogel

Als Ilka Keller, wie sie damals noch hieß, am 31. Mai 1990 in den Landtag einzog, war Helmut Kohl noch im Amt, als Kanzler der Einheit, die aber noch nicht vollendet war, auf der Höhe seiner Macht. Die noch von Franz Beckenbauer trainierte Nationalelf bereitete sich auf die WM in Italien vor, die ihr den Titel bringen sollte. Handys? Internet? Noch in den Kinderschuhen und nur von wenigen genutzt. Heute, am 31. Mai 2017, exakt 27 Jahre nach ihrem ersten Tag im Landtag, endet die aktuelle Legislaturperiode. Damit scheidet Ilka von Boeselager aus dem Parlament aus.

Die 72-jährige CDU-Politikerin hatte 2016 ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur verkündet. 27 Jahre seien genug. Sie hat eine Ära geprägt. Sechs Mal in Folge gewann sie im linksrheinischen Wahlkreis das Direktmandat. Ihr Nachfolger ist der 47-jährige Oliver Krauß.

Ilka von Boeselager kann auf viele Erfolge zurück blicken

Doch halt: Ganz ist Ilka von Boeselager noch nicht raus aus dem Landtag. Bis zur Wahl des Ministerpräsidenten gehört sie noch zum Ältestenrat des Landtags, der die Wahl vorbereitet. Die meiste Zeit, nämlich 22 Jahre, gehörte sie der Opposition an, musste SPD und Grünen beim Regieren zuschauen.

Hätte es sie nicht gereizt, jetzt, da die CDU mit der FDP die Regierung bilden wird, doch noch weiterzumachen? „Nein“, sagt sie, „es war Zeit, die mir von den Bürgern gegebene Aufgabe zurückzugeben“. In der Regierung, wie von 2005 bis 2010, sei es zwar leichter zu gestalten. Aber auch aus der Opposition heraus habe sie viel bewegen können. „Man musste es sich nur schwerer erkämpfen.“

Zu ihren Erfolgen, an denen sie mitwirken konnte, zählt sie den Autobahnanschluss Bornheim-Hersel, die Ortsumgehung Roisdorf/Alfter, die Modernisierung des Sechtemer Bahnhofs, die Gimmersdorfer Umgehungsstraße und die geplante Ortsumgehung Miel.

Sie hätte lieber eine große Koalition mit der SPD

Die Koalition mit der FDP betrachtet Ilka von Boeselager mit Skepsis. Nur eine Stimme Mehrheit erfordere eine enorme Disziplin der Fraktionen. „Eine große Koalition mit der SPD wäre mir lieber gewesen, da hätte man viele Themen schneller auf den Weg bringen können. Aber ich kann auch verstehen, dass sich die SPD neu aufstellen muss.“ Diese dringenden Themen sind für von Boeselager die Schulpolitik, Sicherheit, Verkehr und die Förderung des ländlichen Raums.

Wenn sie ihr Büro am Ende des Flurs im fünften Stock des Landtags mit Blick auf die Staatskanzlei dann in einigen Wochen endgültig aufgelöst hat, will sie sich auch aus der Landespolitik zurückziehen. „Ich werde keine Vermittlerin zwischen den Bürgern und meinem Nachfolger Oliver Krauß sein.“ Sollte sie gefragt werden, werde sie Ratschläge geben. „Aber am Ende muss er sein Ding machen.“ Am wichtigsten sei es, „zu spüren, was die Menschen im Wahlkreis bewegt“. Auch im Wahlkreis werde sie sich zurücknehmen, nicht mehr in der ersten Reihe stehen.

Zeit für Urlaub also? Die Mitgesellschafterin von Reisebüros hat schon viel von der Welt gesehen: China, Südamerika. Aber aktuell ist nichts geplant. Es ist noch viel abzuarbeiten. Und auch die Mitarbeit im Aufsichtsrat des WDR und in der Stiftung Entwicklung und Frieden kostet Zeit. Sie will ihr Archiv sortieren, Akten entsorgen oder übergeben, viel lesen, besonders Bücher mit historischen Themen, Ausstellungen mit moderner Malerei besuchen und ihre Tochter Kristina im Unternehmen unterstützen. „Ich freue mich, meinen Tag selbst gestalten zu können. Der ständige Druck ist jetzt weg.“

In Sitzungswochen fuhr Ilka von Boeselager vier Mal in der Woche von Swisttal nach Düsseldorf. Für die knapp 100 Kilometer benötigte sie manchmal zwei Stunden. Im Plenum hält sie ihre letzte Rede zum Thema Europa. Präzise formuliert, klar in der Argumentation. Dennoch wird der Antrag abgelehnt.

1995 zur bestgekleideten Frau im Landtag gewählt

Mit ihrem pink-farbenen Blazer ist sie ein Farbtupfer im Anzugsgrau der Kollegen im Landtag. Nicht umsonst wurde sie 1995 zur bestgekleideten Frau im Landtag gewählt. „Ja, ich lege Wert auf elegante Kleidung, auf gut kombinierte Farben“, sagt sie. Ihr Vater hatte eine Weberei, sie wuchs mit Stoffen auf.

Der Krieg hatte die Eltern nach Bad Wiessee verschlagen, wo sie geboren wurde. In Korschenbroich am Niederrhein wuchs sie auf. Mit ihrem ersten Ehemann, dem ZDF-Redakteur Horst Keller („Bonner Perspektiven“), kam sie 1967 nach Swisttal. Dort gründete sie die Frauen-Union und war Rats- und später Kreistagsmitglied.

Sie lernte fünf Ministerpräsidenten kennen. Von Johannes Rau lernte sie, klar in der Sache zu sein, nichts zu versprechen, was man nicht halten kann. Wolfgang Clement sei ungeduldig und entscheidungsstark gewesen, Peer Steinbrück häufig gedanklich schneller als die eigene Fraktion. Jürgen Rüttgers habe sich zu sehr auf einen kleinen Führungskader verlassen. Mit Hannelore Kraft sei sie immer gut klargekommen. Auf Armin Laschet warte nun große Verantwortung, aber sie sei sicher, dass er dieser gerecht werde.

Niederlagen? Da muss Ilka von Boeselager lange überlegen: „Vielleicht 2005. Da wäre ich gerne Landtagspräsidentin geworden.“

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