Gespräch am Wochenende Diplom-Pädagoge Detlef Träbert - Hausaufgaben als Hausfriedensbruch

Walberberg · In ungefähr jeder zweiten Familie mit Schulkindern gibt es regelmäßig Ärger wegen der Hausaufgaben", sagt Detlef Träbert, Diplom-Pädagoge, Buchautor und Schulberater. In der Thomas-von-Quentel-Schule in Walberberg referiert er darüber, wie Hausaufgaben ohne Stress gestaltet werden können. Mit dem GA sprach der Lernexperte zudem über sein Ideal einer "Entdeckerschule".

 Dauernde Überforderung führt zu Demotivierung: Die Menge der Hausaufgaben muss überschaubar sein, findet Detlef Träbert.

Dauernde Überforderung führt zu Demotivierung: Die Menge der Hausaufgaben muss überschaubar sein, findet Detlef Träbert.

Foto: dpa

Hausaufgaben als "Hausfriedensbruch" - ist das nicht übertrieben?
Detlef Träbert: Hausaufgaben sind ein großer Konfliktherd. Es gibt so viel Krach darum in den Familien - dabei sollte Schule niemals so wichtig sein, dass sie das Eltern-Kind-Verhältnis belastet. Und wenn beim Lernen Stress im Spiel ist, sind auch die Lernerfolge unbefriedigend, weil Stress das Frontalhirn blockiert.

Also plädieren Sie für die Abschaffung von Hausaufgaben?
Träbert: Nein. Ich setze mich für ein klares Hausaufgabenkonzept ein, in dem jede Schule Kindern und Eltern ihre Erwartungen deutlich kommuniziert. Unter optimierten Bedingungen können Hausaufgaben die Lernentwicklung nämlich deutlich fördern.

Welche Bedingungen sind dafür erforderlich?
Träbert: Die Menge muss überschaubar sein, da dauernde Überforderung zu Demotivierung führt. Außerdem sollten die Schüler die Hausaufgaben ohne Hilfe bewältigen können. Und ganz wichtig ist eine zügige Rückmeldung: Arbeitssysteme mit Selbstkontrolle sind ein guter erster Schritt.

Ohne Besprechung machen Hausaufgaben keinen Sinn. Am sinnvollsten sind Hausaufgaben mit aktivierendem Charakter, etwa wenn die Kinder sich Übungsaufgaben für andere ausdenken. Oder praktische Aufgaben wie das Addieren von Preisen im Supermarkt.

Inzwischen finden die Hausaufgaben ja oft im Rahmen einer Nachmittagsbetreuung statt.
Träbert: Das halte ich für eine positive Entwicklung, weil es die Familien entlastet. Außerdem tun sich viele Kinder in der Gruppe leichter. Sie haben untereinander das passende Sprachniveau, um sich schwierige Aufgaben zu erklären. Wenn die Betreuer allerdings Stillarbeit erwarten, fühlen sie sich oft mit der Situation überfordert. In der Beratung erkläre ich den Betreuern dann, dass das Arbeiten in der Kommunikation mit Altersgenossen erst richtig fruchtbar wird.

Kommunikation ist ohnehin ein ganz wichtiges Stichwort Ihrer Arbeit.
Träbert: Genau. Nicht umsonst gehöre ich der "Aktion Humane Schule" an: Die Kommunikation zwischen allen Beteiligten zu verbessern und Verständnis für die jeweils andere Seite zu erzeugen, ist eines meiner Hauptanliegen. Konflikte - beispielsweise um unangemessenes Schülerverhalten - lassen sich viel besser lösen, wenn der Lehrer dahinter den Frust erkennen kann, den der Schüler aus vielleicht privaten Gründen an ihm abreagiert.

Ein verständnisvoller Spiegel wie "Heut geht's dir aber schlecht" ist da oft viel wirksamer als ausgesprochene Sanktionen. Die anerkennende, ermutigende Lehrer-Schüler-Beziehung ist ein hochwirksamer Verstärker für das Lernen.

Was braucht es noch für gute Lernerfolge?
Träbert: Natürliche Neugierde braucht eine Entdeckerschule mit freien Lernsystemen, wo Erwachsene den Kindern helfen, ihre Fragen in Forschungsansätze umzusetzen. Wir Pädagogen sollten mehr darauf schauen, was Kinder wissen wollen, statt sie mit fertigen Konzepten vollzustopfen.

Zur Person

Detlef Träbert wurde 1953 in Trier geboren und studierte an der PH Ludwigsburg für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Er ließ sich zum Beratungslehrer ausbilden und schloss 1991 das Aufbaustudium Diplompädagogik in Ludwigsburg ab. 1996 schied er aus dem Schuldienst aus und gründete den Schulberatungsservice "Schubs" in Stuttgart als freiberufliche Beratungsstelle mit heutigem Sitz in Niederkassel. Hier bietet er unter anderem Fortbildungen für Lehrkräfte, Erzieher und Therapeuten an. Träbert publiziert und hält Vorträge.

Info

"Führen Hausaufgaben zu Hausfriedensbruch?" heißt der Vortrag, den Detlef Träbert am Dienstag, 15. Oktober, ab 20 Uhr im Forum der Thomas-von-Quentel-Schule in Bornheim-Walberberg, Walburgisstraße 11-13, hält. Der Eintritt ist frei.

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