Pfarrkirche Sankt Aegidius Hemmerich Bornheimer Kirche geht an Ostern alter Tradition nach

Bornheim-Hemmerich · Seit Jahrhunderten werden im Rheinland bei Festen die Glocken nicht einfach geläutet, sondern rhythmisch angeschlagen. Der Tradition des Beierns folgt Achim Bursch am Ostermontag in der katholischen Pfarrkirche Sankt Aegidius Hemmerich.

 Beim Beiern wird nicht die Glocke, sondern nur der Klöppel bewegt. Beiermann Achim Bursch hängt dafür den Glockenklöppel in eine Seilschlaufe.

Beim Beiern wird nicht die Glocke, sondern nur der Klöppel bewegt. Beiermann Achim Bursch hängt dafür den Glockenklöppel in eine Seilschlaufe.

Foto: Anne Stephanie Wildermann

Es ist unklar, wie lange die Tradition in Hemmerich schon existiert. Von Jahrzehnten kann keine Rede sein – da ist sich Achim Bursch (39) aus Dersdorf sicher. „Eher Jahrhunderte“, betont er, während er die etwas mehr als 60 Stufen der schmalen Wendelsteintreppe zur Glockenstube der katholischen Pfarrkirche Sankt Aegidius in Hemmerich hochsteigt.

Bursch ist Beiermann. Beiern ist ein Brauch, bei dem manuell die Kirchenglocken angeschlagen werden. Akustisches Merkmal beim Beiern ist, dass mit den Kirchenglocken keine Melodien wie bei einem Glockenspiel erzeugt werden, sondern Rhythmen. Hinzu kommt, dass das Beiern auch nur zu bestimmten Zeit stattfindet. „Es erklingt nur von Ostern bis Pfingsten, an Fronleichnam, zur Erstkommunion sowie zu Kirmes- und Patroziniumsfeiern“, sagt Bursch und spielt ein Beispiel aus dem Jahr 1984 von seinem Laptop ab, den er auf einem Stuhl mit Lautsprechern in der Glockenstube aufgebaut hat. Eine Kostprobe an den Kirchenglocken darf er während der Fastenzeit nicht geben.

Das erste Mal lernte Bursch im Beisein seiner Eltern und seines Großvaters einen Beiermann während der Hemmericher Fronleichnamsprozession 1984 kennen. Es war der ortsbekannte Wilhelm Werker (auch Dückesse Willem genannt).

Bursch beiert schon seit 30 Jahren

Bereits Anfang Februar, am Festtag der Zweitpatronin der heiligen Agatha, stand Bursch im Hemmericher Glockenturm von Sankt Aegidius und beierte mit den drei Glocken. Für den Experten, der seit 30 Jahren beiert und das Handwerk einst von seinem Vater Horst Bursch in der Pfarrkirche Sankt Albertus Magnus in Dersdorf erlernt hat und in mehreren Kirchen aktiv ist, lässt sich das Beiern in vier Bereiche unterteilen.

Beim musikalischen liegt die Besonderheit, wie bereits erwähnt, im Rhythmus. Aus technischer Sicht werden beim Beiern nicht die Glocken, sondern nur die Klöppel bewegt, um die Glocken anzuschlagen. Dies geschieht mithilfe von sogenannten Beierseilen.

Bursch lässt den dicken und schweren Klöppel vorsichtig durch eine Schlaufe eines solchen Seiles aus Stahldraht gleiten. Daraufhin hängt der Klöppel nicht mehr gerade herunter, sondern schräg. Dann spannt der Beiermann zwei Querseile, die er beim rhythmischen Musizieren mit beiden Händen bedienen kann.

Weil Bursch beim Beiern stets alle drei Glocken benutzt, spannt er an die Martinus-Glocke ein weiteres Seil, das er ohne Schwierigkeiten mit dem Fuß erreichen kann. An diesem Seil ist für einen besseren Halt noch ein Bügel befestigt.

Eine andere Variante sind statt der Seile gewöhnliche braune Klangstäbe, die auch zum Musizieren beispielsweise in Schulen verwendet werden. „Die Holzhämmerchen oder Klangstäbe werden von außen an den Schlagring und an anderen Stellen des Mantels, das heißt an der äußeren Oberfläche der Glocke, angeschlagen“, erklärt Bursch.

Rhythmen werden mündlich weitergegeben

Ein ebenfalls wichtiger Aspekt für den Experten ist der kulturelle. Die Rhythmen werden nur mündlich weitergegeben, nach Notenblätter wird nicht gebeiert. Aktuell lernt Bursch einen Messdiener an. Die Hauptschlagtöne sind F, G und A in der ersten Oktave und in Dur. „Niemals wird in der Tonart Moll gebeiert“, sagt Bursch und erinnert sich an einen Musiker, der auf Kirchenglocken ein Lied in Moll gespielt hat und dachte, er habe das Lied gebeiert. Der Grund, warum nur in Dur geschlagen wird, liegt im letzten Aspekt und ist religiösen Ursprungs: Das Beiern ist Ausdruck österlicher Freude – schließlich geht es um die Auferstehung Jesu Christi.

Wie viele Beiermänner und Beierfrauen es in der Region gibt, kann Bursch nicht sagen. Viele können es allerdings nicht sein, denn nach seinen Angaben sei das Brauchtum wegen Nachwuchsmangels gefährdet. „Aber auch im Zuge von zunehmender Gleichgültigkeit in kultureller, kirchlicher und religiöser Hinsicht“, ergänzt er.

Achim Bursch beiert die Kirchenglocken von Sankt Aegidius in Hemmerich am Ostersonntag, 1. April.Die Auferstehungsmesse beginnt um 5.30 Uhr. Sie wird etwa eine Stunde dauern. Im Anschluss an den Gottesdienst wird der Beiermann dannanschlagen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort