Pendler-Verkehr zwischen Köln und Bonn Bahn-Chaos im Vorgebirge

Bornheim/Bonn · Arbeiten der Bahn an den Oberleitungen zwischen Sechtem und Brühl sorgen für völlig überfüllte Züge bei der MRB 26. Sie sollen noch bis 22. Mai dauern.

Die Roisdorfer haben schon kaum eine Chance mehr. Völlig überfüllt fährt der Zug der MRB 26 am Montag um 7.42 Uhr aus Bonn kommend in den Roisdorfer Bahnhof ein. Mit großer Mühe quetschen sich die Passagiere in die Waggons. Zwar verkehrt die MRB 26 des privaten Bahnunternehmens Transregio anders als üblich mit Doppelstockwagen der Deutschen Bahn. Doch auch das erweiterte Platzangebot reicht nicht aus.

Der Zug erreicht Roisdorf überdies mit sechs Minuten Verspätung – „wegen Störungen im Betriebsablauf“, wie es in einer Durchsage heißt. Was damit gemeint ist, hat man wenige Minuten vorher am Bonner Hauptbahnhof erleben können. Es hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis die vielen Passagiere aus-, die anderen Reisenden wiederum eingestiegen sind. Es war viel zu eng, auf dem Bahnsteig mit den Gleisen zwei und drei herrschte Chaos pur.

Und dieses Chaos wird wohl auch in den nächsten Tagen herrschen – vor allem im Pendlerverkehr. Wie berichtet, will die Deutsche Bahn bis zum 22. Mai an den Oberleitungen zwischen Sechtem und Brühl arbeiten. Das führt zu zahlreichen Zugausfällen. Zwischen Bonn und Brühl fährt nur ein Zug pro Stunde: die MRB 26. Der RE 5 (Deutsche Bahn) und die RB 48 (National Express) entfallen. Am Wochenende fährt dann überhaupt kein Zug. Dann sollen Ersatzbusse verkehren.

„Alte Oberleitungen kommen raus, neue werden eingesetzt“, erläutert Bahnsprecher Torsten Nehring auf GA-Anfrage. Dazu müsse der Strom abgestellt werden. Auch kämen dieselbetriebene Arbeitsfahrzeuge auf die Schienen. Daher seien die Gleise nur sehr eingeschränkt in Arbeitspausen nutzbar. Mehr als ein Nahverkehrszug pro Stunde sei nicht drin, so der Bahnsprecher: „Das ist das Maximum, was möglich ist.“

Zurück nach Roisdorf. Sowohl dieser Bahnhof als auch die nächste Station Sechtem sind typische Pendlerhaltestellen: Morgens steigen dort deutlich mehr Menschen ein als aus, am Nachmittag und Abend ist es umgekehrt. Als dann doch jemand in Sechtem aussteigen will, wird es kompliziert. Im Zug wird gerückt, gequetscht und Platz gemacht, so gut es geht. „Das hat die Bahn ja mal wieder klasse gemacht“, meint ein Mann. Von anderen Reisenden ist das Wort „Viehtransport“ zu vernehmen. Auch in Sechtem wollen mehr Menschen ein- als aussteigen. Es wird also noch enger.

„Alte Oberleitungen kommen raus, neue werden eingesetzt“

Eine Frau irrt von Tür zu Tür – in der Hoffnung, noch irgendwo hineinzukommen. Der Lokführer schaut wartend aus dem Fenster. Er winkt die Frau zur vordersten Tür. Dort kommt sie schließlich in den Zug hinein. In Sechtem warten derweil die Menschen, die in Richtung Bonn fahren wollen.

Der Platz vor den Aushangkästen ist begehrt. Auf DIN-A 4-Blättern hat die Bahn den Ersatzfahrplan ausgehängt: ziemlich klein gedruckt und unübersichtlich. Die Reisenden diskutieren: Wann fährt der Zug nach Bonn? Auf welchem Gleis kommt er? Warum erledigt die Bahn solche Arbeiten nicht in den Schulferien? Derweil gehen sehnsüchtige Blicke in Richtung Brühl. Um 8.20 Uhr soll der Zug nach Bonn kommen, um 8.25 Uhr ist er da – und total überfüllt. Die Passagiere drängeln sich hinein. Spätestens als dies dann auch in Roisdorf geschieht, müssen sich die Reisenden wie die Ölsardinen vorkommen.

Laut Bahnsprecher Nehring dauern die Arbeiten zwei Wochen, weil sie umfangreich sind und nach Möglichkeit bei Tageslicht erfolgen sollen. Wie Nehring sagt, sei es in der Tat sinnvoll, solche Arbeiten in den Ferien durchzuführen. Allerdings seien nicht nur die Ferientermine, sondern auch Personal und Material der Bahn begrenzt. Sprich: Es könne nicht alles in den Ferien erledigt werden. Arbeiten wie die zwischen Sechtem und Brühl würden fünf Jahre vorausgeplant, so Nehring. Eine Feinplanung finde dann unterjährig statt. Dazu kämen aber viele unvorhergesehene Arbeiten, die die Planungen durcheinander brächten.

Kritik äußert der ÖPNV- und bahnpolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Rolf Beu aus Bonn: „Es kann nicht sein, dass die Deutsche Bahn nun zum wiederholten Mal Fahrgäste erst extrem kurzfristig über den baustellenbedingten Ausfall der meisten Züge zwischen zwei NRW-Großstädten informiert.“

Wie Beu fordern auch die Bonner SPD-Politiker Gabriel Kunze und Peter Kox, die fahrenden Züge des Fernverkehrs zwischen Bonn und Köln während der Bauarbeiten für Nahverkehrsnutzer freizugeben. „Jetzt wäre es sinnvoll, den Vorschlag der Bonner SPD-Ratsfraktion aus dem Februar in die Tat umzusetzen“, sagt Kox. Die Freigabe sei ein Schritt, um die Zufriedenheit der ÖPNV-Nutzer zu verbessern, ergänzt Kunze.

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