Museum in Witterschlick Künftig ist alte Eisenbahntechnik zu bewundern

ALFTER-WITTERSCHLICK · Es rumst, knarzt und klickert, wenn der Fahrdienstleiter die Signale und Weichen im Stellwerk bedient. Geräusche, die Fahrgäste bis vor zwei Jahren, als die Moderne auch am Witterschlicker Bahnhof Einzug hielt, täglich hören konnten.

Künftig wird die typische alte Stellwerktechnik sonntags knarren und ächzen, wenn im neuen Museum am Bahnhofsgebäude die alten Zeiten wieder aufleben. Am kommenden Sonntag, 4. August, wird es mit einer kleinen Feier eröffnet.

"Wir fahren jetzt vom Bahnhof Kottenforst nach Duisdorf", kündigt Albert Söhngen an, der extra seine alte Fahrdienstleiteruniform angezogen hat. Mit einem lauten Krachen stellt er mit dem blauen Hebel die Weiche in die richtige Stellung, mit einem weiteren blauen Hebel sichert er sie, und am Blockkasten sorgt ein weiterer Schalter dafür, dass die Weichenstellung erst wieder geändert werden kann, wenn der Zug einen Signalgeber überfahren hat.

Als nächstes gibt er dem Zug ein Signal, dass er losfahren kann. Signale und Weichen wurden früher mit Hilfe von Seilzügen mit Gegengewichten bedient, erklärt Söhngen. Dann setzt sich die Bahn in Bewegung - allerdings nur eine Modelleisenbahn auf der Strecke, die für das Museum im Stellwerkhäuschen nachgebaut wurde.

Sie ist so nachgebaut, wie sie vor Jahren einmal war: mit Brücke, Bahnübergang, dem Stellwerk in Duisdorf und dem Bahnhof in Witterschlick samt Güterschuppen und Loren, die den Ton zum Bahnhof brachten. Die Waggons zieht eine Dampflok der Bauart, die noch bis in die 70er Jahre eingesetzt wurde.

Noch vor zwei Jahren war die alte Technik in Witterschlick in Betrieb. Im September 2011 wurde die Strecke der Regionalbahn RB 23 zwischen Bonn und Euskirchen modernisiert, seitdem werden die Signale und Weichen elektronisch von einem zentralen Stellwerk in Euskirchen aus bedient.

Schon lange träumte der frühere Fahrdienstleiter Albert Söhngen, der das Bahnhofsgebäude 2004 gekauft hat, von einem Museum in dem alten Stellwerk. Mit seinem Kollegen Stefan Ingenfeld hat er diesen Traum jetzt verwirklicht. Zu dem Museum gehört auch ein nachgebautes Erste-Klasse-Abteil aus den 50er Jahren.

Dazu passend präsentierten sich zur Vorpräsentation gestern alle im Stil früherer Jahre. Söhngen kam in alter Dienstkleidung, die Zugbegleiterin Meryem Akcay in einem cremefarbenen Kleid mit Hut samt schwarzem Netzschleier als damenhafter Fahrgast aus den 50er Jahren, und ihre Kollegin Olga Gronski kontrollierte in der Uniform einer Zugchefin aus den späten 80er Jahren die Fahrkarten.

An dem kleinen Schalter, an dem der Fahrdienstleiter einst die Billetts verkaufte, hängt eine Tafel aus den 50er Jahren, die über die Fahrpreise in der zweiten Klasse informiert: "1 - 5 Kilometer 0,4 DM, 6 - 7 Kilometer 0,6 DM".

Das Museum ist künftig an jedem ersten Sonntag im Monat von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Eröffnung ist am kommenden Sonntag, 4. August. Dazu sind ein kleines Programm für Kinder und Musikdarbietungen geplant. Neben der alten Technik und Ausstattung der Räume sind Darsteller in historischen Bahnuniformen und eine Reihe von Ausstellungsstücken zu bewundern. In diesem Jahr öffnet das Museum noch einmal am Sonntag, 8. September. Die Winterpause endet voraussichtlich zu Ostern.

Vom Bahnhof zum Kulturtreffpunkt

Als die Bahnstrecke zwischen Bonn und Euskirchen 1888 gebaut wurde, war in Witterschlick zunächst kein Bahnhof vorgesehen. Erst 1903 wurde dort der Bahnhof eröffnet. Hintergrund: Bis dahin musste der bei Witterschlick abgebaute Blauton umständlich in Ochsenkarren zum Bahnhof Kottenforst gebracht werden, das sollte ein Ende haben.

Die Stellwerk-Technik, die künftig im Museum gezeigt wird, stammt aus den 20er Jahren. Da die Typenzeichen der Anlagen fehlen, ist das genaue Jahr allerdings unbekannt. Nachdem der Bahnhof ausgedient hatte, hat der frühere Fahrdienstleiter Albert Söhngen das Gebäude 2004 erworben und liebevoll restauriert.

Im Güterschuppen hat die Gemeinde Alfter ein Trauzimmer eingerichtet, dort finden auch Veranstaltungen des Kulturkreises Alfter statt.

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