Wechselvolle Geschichte Jüdischer Friedhof in Alfter hält Erinnerungen wach

Alfter · Der jüdische Friedhof in Alfter wurde 1719 erstmals urkundlich erwähnt. Obwohl die letzte Beerdigung rund 80 Jahre zurückliegt, scheint der Begräbnisplatz regelmäßige Besucher zu haben.

So wechselvoll die Geschichte der jüdischen Gemeinde Alfters in den letzten Jahrhunderten war, so friedlich wirkt heute der jüdische Friedhof in Alfter. Fichten und Kiefern umrahmen die 20 Gräber auf dem knapp 700 Quadratmeter großen Gelände, Vögel zwitschern. Auf einem Gedenkstein der Gemeinde Alfter aus dem Jahr 1991 wird Psalm 91,1 zitiert: „Wer im Schutz des Höchsten wohnt, ruht im Schatten des Allmächtigen“.

Seit 1987 steht der Friedhof unter Denkmalschutz. Jüdische Friedhöfe sind für die Ewigkeit angelegt, ihre Gräber und Grabmale bleiben in der Regel über Jahrhunderte erhalten.

Der Alfterer Friedhof liegt am Hühnerbuschweg, erwähnt wurde er laut dem Archivar der Gemeinde Alfter, Jens Löffler, erstmals 1719 als Begräbnisplatz „Am Waldesrand über der Beuschkomm“. Im kommenden Jahr steht somit der 300. Jahrestag der Ersterwähnung an.

Die Gemeinde Alfter pflegt den Friedhof, Eigentümer ist der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, die Nachfolgeorganisation der vernichteten jüdischen Gemeinden. Ein ehrenamtlicher Beauftragter des Landesverbands, Dieter Peters, hat 2013 eine Dokumentation zum jüdischen Friedhof in Alfter verfasst. Auf diese sowie Recherchen des Heimatforschers Norbert Zerlett bezieht sich Löffler bei seinen Aussagen.

Die letzte Beerdigung auf dem jüdischen Friedhof liegt rund 80 Jahre zurück, da es heute keine jüdische Gemeinde mehr in Alfter gibt. Der älteste lesbare Grabstein stammt aus dem Jahr 1861. Trotzdem scheint der Friedhof regelmäßige Besucher zu haben. Davon zeugen die kleinen Steine, die nach jüdischer Tradition statt Blumen auf die Grabsteine gelegt worden sind.

Verblasste Inschriften werden nach jüdischem Brauchnicht nachgemalt

Alle Menschen sind nach dem jüdischen Glauben im Tod gleich, deshalb sind jüdische Grabsteine ursprünglich einfach und schmucklos gehalten, so Löffler. Mit zunehmender Assimilation an das christliche Umfeld werden die Grabsteine etwas aufwendiger gestaltet. Auch verändern sich die Inschriften im Laufe der Zeit: Die älteren Steine auf dem Friedhof sind noch hebräisch beschriftet, bei den neueren kommen deutsche Inschriften dazu.

Nach jüdischem Brauch werden verblasste Inschriften nicht nachgemalt, die Grabstätten sind mit Gras oder Efeu bewachsen. Die Inschriften werden jedoch von Efeu freigehalten. 2001 wurden die Grabsteine laut der Gemeinde Alfter gereinigt und konserviert. 2003 war wieder eine Reinigung nötig, weil einige Grabsteine mit NS-Symbolen beschmiert wurden.

Einen der Namen auf den Grabsteinen kennen die Alfterer vom Kriegerdenkmal auf dem Herrenwingert: Isidor Cossmann fiel im Ersten Weltkrieg im Jahr 1917 in Russland. Dies sei ein Beleg dafür, dass die jüdische Gemeinde „weit assimiliert“ gewesen sei, meint Löffler.

Bereits 100 Jahre vor der Ersterwähnung bestand laut den Dokumentationen eine jüdische Gemeinde in Alfter. 1615 wird erstmals ein jüdischer Einwohner urkundlich genannt, der den Namen „Mosch“ trug. Viele Juden seien im Pestjahr 1349 oder auch später aus den großen Städten vertrieben worden und hätten sich unter anderem im Vorgebirge angesiedelt. Da sie aus den klassischen Handwerksberufen ausgeschlossen gewesen seien, waren sie meist als kleine Händler, Metzger oder Viehhändler tätig.

Alle jüdischen Familien mussten eine Abgabe von drei Reichstalern an den Alfterer Grafen von Salm-Dyck, ihren Landesherrn, zahlen. Aus dem Dreißigjährigen Krieg sei überliefert, dass für die Verteidigung Alfters unter anderem sechs jüdische Väter mit ihren Söhnen eingeteilt gewesen seien. Die Gemeinde unterhielt ein Bethaus in der Holzgasse.

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