Interview mit Hedwig Lambertz Fragen zum Pilgermarsch in Witterschlick

Alfter-Witterschlick · Seit 1980 fährt eine Gruppe von Witterschlickern nach Bad Bodendorf, um dort auf dem alten Pilgerpfad „Von Berg zu Berg“ zu gehen und zu beten. An Palmsonntag ist es wieder so weit.

Hedwig Lambertz: Wenn ich richtig gezählt habe, zum 19. Mal.

Haben Sie Hape Kerkelings Bestseller „Ich bin dann mal weg“ gelesen?

Lambertz: Ja, natürlich. Ich konnte seine Beweggründe nachvollziehen. Für mich ist es schön, den Kopf frei zu kriegen. Es ist ein meditativer Gang zur Vorbereitung auf die Karwoche. Man kann seinen Gedanken nachgehen und beten, muss es aber nicht. Wir legen auch zwei Passagen der Stille ein. Der religiöse Aspekt ist mir als praktizierende Katholikin sehr wichtig.

Könnten Sie sich auch vorstellen, über den Jakobsweg nach Santiago de Compostela zu gehen?

Lambertz: Das wohl eher nicht. Der Jakobsweg ist mir zu überlaufen. Da gibt es schönere Wege. Beispielsweise in Italien.

Warum steht man mitten in der Nacht auf und nimmt einen 30 Kilometer langen Pilgermarsch auf sich?

Lambertz: Man hat ja persönliche Anliegen, die man mitnimmt. Die Gemeinschaft der Pilger wird von Jahr zu Jahr größer. Sie bereichert unser Gemeindeleben enorm. Viele Menschen helfen bei der Organisation. Ich kann mich auf die Helfer verlassen. Ohne sie geht es nicht. Früher hat das die Familie Breuer ja mehr oder weniger alleine gemacht. Willi Breuer geht immer noch mit.

Woher kam der Impuls, den Pilgermarsch zu organisieren?

Lambertz: Ich hatte Herrn Breuer schon früher bei der Organisation geholfen. Als er gesundheitlich angeschlagen war, hat er mir einen Ordner mit Unterlagen hinterlassen und mich gebeten, die Organisation zu übernehmen. Ich bin da reingewachsen. Ich hatte mich zuvor auch schon als Vorsitzende der Frauengemeinschaft in der Kirchengemeinde engagiert.

Wie bereiten Sie den Pilgermarsch vor?

Lambertz: Anfang des Jahres werden die Plakate gedruckt und in Witterschlick, Volmershoven, Impekoven und Oedekoven ausgehängt. Die Anmeldungen laufen dann über das Backhaus Eckey. Jeder Teilnehmer zahlt pauschal zehn Euro für die Verpflegung unterwegs. Die Suppe im Feuerwehrhaus wird von einem Herrn der Witterschlicker Löschgruppe zubereitet. Dann wird der Bus bestellt, am Samstag vor Palmsonntag richten wir das Feuerwehrhaus in Berkum für die Mittagspause her, dann das Pfarrheim in Witterschlick für die Kaffeetafel. Ab Berkum begleitet uns ein Fahrzeug mit Getränken. Notfalls können Fußkranke mitfahren. Ein Dank geht an Pfarrer Rainald Ollig für den Abschlussgottesdienst. Jeder Teilnehmer bekommt einen Apfel, ein Osterei und eine Osterkerze. Mit Getränken werden wir von Edeka Schwindt versorgt.

Wie läuft der Pilgermarsch ab?

Lambertz: Der Bus fährt am Palmsonntag um 6 Uhr in Witterschlick los. Am Soldatenfriedhof von Bad Bodendorf wird das erste Gebet gesprochen. Einige Herren beten den Rosenkranz vor. An den Stationen wird gemeinsam aus unserem Pilgerheft gebetet. Über die Marienkapelle, den Golfplatz und den Köhlerhof geht es nach Berkum, wo wir die Mittagspause einlegen. Weiter geht es Richtung Pech, dann durch den Kottenforst nach Witterschlick, das wir gegen 16 Uhr erreichen wollen. Wir beten die ganze Zeit, außer in den Anstiegen.

Schaffen alle die 30 Kilometer?

Lambertz: Bisher gab es glücklicherweise keine Unfälle. Manche gehen nur bis Mittag mit und lassen sich dann in Berkum abholen.

Für welche Anliegen beten Sie?

Lambertz: Für kranke Menschen und ganz allgemein für die Familien und den Weltfrieden.

Wie bereiten Sie sich körperlich auf den Pilgermarsch vor?

Lambertz: Mit einer Freundin walke ich zwei Mal die Woche bis zu zwölf Kilometer im Kottenforst. Außerdem fahre ich regelmäßig Fahrrad. Mit einigen Freundinnen mache ich jedes Jahr eine längere Radtour.

Dann sind die 30 Kilometer ja kein Problem für Sie.

Lambertz: Das sollte ich schon schaffen. Es ist mehr eine gedankliche Herausforderung. Es ist ein Unterschied, ob ich einfach nur mitgehe oder ob ich die Gesamtverantwortung trage.

Was nehmen Sie mit auf den Weg?

Lambertz: Im Rucksack habe ich ein Butterbrot, eine Thermoskanne mit Kaffee und eine kleine Flasche Wasser. Und natürlich unser neu aufgelegtes Gebets- und Liederbuch, das jeder Teilnehmer für zwei Euro erwerben kann. Jeder sollte seinen eigenen Trinkbecher mitbringen, damit wir nicht soviel Müll mit uns schleppen müssen.

Was raten Sie Anfängern?

Lambertz: Sie sollen festes Schuhwerk anziehen. Nicht gerade Sandalen. Dann sollte man sich nach dem Zwiebelsystem kleiden. Am Morgen ist es noch kalt, am Mittag kann es warm werden. Da ist es gut, wenn man eine Jacke ablegen kann. Auch eine Regenjacke ist je nach Wetterbericht ratsam.

Gehen Sie bei jedem Wetter?

Lambertz: Ja. Der Bus und die Verpflegung sind ja bezahlt, Feuerwehrhaus und Pfarrheim reserviert und hergerichtet.

Gehen auch Kinder mit?

Lambertz: Das ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Ansonsten sind alle Altersklassen vertreten. Der älteste Teilnehmer ist über 80.

Wie lange brauchen Sie, um sich von den Strapazen zu erholen?

Lambertz: Der Sonntagabend dient der Erholung. Dann stehe ich am Montag wieder im Backhaus und verkaufe leckere Backwaren.

Wie lange möchten Sie noch mitpilgern?

Lambertz: So lange, wie ich das körperlich noch kann.

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