Servaisstraße in Witterschlick Die Verkehrsverwirrung ist groß

ALFTER-WITTERSCHLICK · Es ist ein ganz normaler Morgen. Karolin von Leoprechting begleitet ihren Sohn und zwei andere Erstklässler zur Gemeinschaftsgrundschule Witterschlick.

Sie stehen an der Ecke Esserstraße/Servaisstraße, um sie zu überqueren. Wenige Hundert Meter entfernt hat sich gerade die Schranke beim Bahnhof Witterschlick geöffnet, es herrscht viel Verkehr.

Und doch hält ein Auto an. Der Fahrer winkt, um die Kinder über die Straße zu lassen. Die gehen aber nicht. "In der Verkehrserziehung haben sie gelernt, dass sie erst über die Straße gehen sollen, wenn kein Auto mehr zu sehen ist", sagt von Leoprechting. "Auch sollen sie haltende Autos weiterwinken." Viele Autofahrer wüssten das aber nicht und würden weiter warten.

Die Verwirrung sei dann groß. Und nicht nur das. "Es ist schon passiert, dass ein Autofahrer in der Schlange die Geduld verloren und mit hoher Geschwindigkeit überholt hat", sagt von Leoprechting. Wären die Kinder, ebenfalls aus Ungeduld, losgegangen, hätte es leicht einen Unfall geben können.

Auch andere Eltern sind besorgt. Zum Beispiel Ulf Grote, Vater eines Erstklässlers, und Jutta Schröder, wiederum Mutter eines Grundschülers. An der Straße habe es schon absurde Situationen zwischen Autofahrern und Kindern gegeben, sagt Schröder. Dabei sei es ja gut, was die Kinder in der Verkehrserziehung lernen.

"In der Verkehrserziehung bringen wir den Kindern bei, den Bordstein wie eine unsichtbare Wand zu betrachten, an der sie auf jeden Fall stehen bleiben müssen, bevor sie die Straße überqueren", sagt Markus Tölle, Leiter der Verkehrssicherheitsberatung der Bonner Polizei. Alleine sollten sich Kinder trotz aller Tipps der Profis aber erst im Straßenverkehr bewegen, wenn die Eltern sicher sind, dass sie gefährliche Situationen richtig einschätzen können, fügt er hinzu.

An Straßen, an denen es weder Ampel noch Zebrastreifen gebe, sollten die Mädchen und Jungen erst die Fahrbahn betreten, wenn das Queren aus ihrer Sicht gefahrlos ist, so Tölle weiter. "Das Problem dabei ist, dass Kinder bis zu einem gewissen Alter die Geschwindigkeit eines sich nähernden Autos nicht sicher einschätzen können."

Sollte ein Fahrzeug für die Kinder abbremsen, müssten sie warten, bis es wirklich steht. "Kann das Kind die Situation für sich aber nicht sicher beurteilen, soll es den freundlichen Autofahrer lieber durchwinken, da eine große Gefahr durch ungeduldige Fahrzeugführer entsteht, die das wartende Auto überholen und das querende Kind dabei gar nicht wahrnehmen", sagt der Experte.

Was also tun? Wenige Hundert Meter entfernt befindet sich ein Zebrastreifen. Doch laut Markus Tölle sei die Akzeptanz von Autofahrern, an Zebrastreifen langsam zu fahren, nur mäßig. Und: "Auch an Zebrastreifen wird gerne überholt." Kinder bekämen oft ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt und liefen an Zebrastreifen einfach auf die andere Seite. Sie müssten aber auch hier warten, bis alle Fahrzeuge stehen und dabei zusätzlich auf den nachfolgenden Verkehr achten."

Kinder, die sich alleine im Straßenverkehr bewegten, seien immer einem gewissen Risiko ausgesetzt", fasst Tölle zusammen. "Daher kommt es entscheidend auf die Eltern an, nicht nur jederzeit Vorbild zu sein, sondern mit ihren Kindern immer wieder das richtige Verhalten zu üben. Nur die Eltern können entscheiden, was ihr Kind kann und ob es das Erlernte letztlich auch alleine sicher umsetzen wird."

Das sieht Karolin von Leoprechting natürlich auch so. "Wir Eltern sind uns unserer Verantwortung absolut bewusst", sagt sie. Aber irgendwann müssten die Kinder den Weg zur Schule ja auch alleine bewältigen können. Deswegen sollten mehr Autofahrer wissen, was die Kinder in der Verkehrserziehung lernen, damit es nicht zu gefährlichen Missverständnissen komme.

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