Flüchtlinge Asylkompass Alfter unterstützt Asylbewerber

ALFTER · Der Asylkompass Alfter unterstützt Asylbewerber auf dem Weg zur Integration. Dabei ist für die Flüchtlinge oft ungewiss, ob sie überhaupt bleiben können.

 Nach dem Autobombenanschlag in Kabul hat die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan eingeschränkt. Nicht alle Flüchtlinge aus dem Land erhalten hier Asyl.

Nach dem Autobombenanschlag in Kabul hat die Bundesregierung Abschiebungen nach Afghanistan eingeschränkt. Nicht alle Flüchtlinge aus dem Land erhalten hier Asyl.

Foto: picture alliance / Rahmat Gul/AP

Er hat an der Dreh- und Fräsmaschine gearbeitet, ist mit den Kollegen mittags in die Kantine gegangen und hat an einer Mitarbeiterversammlung teilgenommen: Von seinem vierwöchigen Praktikum im Forschungszentrum Caesar in Bonn berichtet der 31-jährige irakische Flüchtling Ahmed im Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde am Kottenforst. Unterstützung bekam er vom Asylkompass Alfter. Die ökumenische Flüchtlingsinitiative der katholischen und evangelischen Gemeinden in Alfter übernahm dank Spenden die Kosten für Ahmeds Busfahrten nach Bonn.

Für den jungen Mann könnte das Praktikum ein Türöffner gewesen sein: „Wenn ich bis September den Sprachtest B.1 bestanden habe, kann ich dort bei Caesar eine Ausbildung beginnen“, schreibt er. Flüchtlingen solche Wege zur Integration zu ebnen, hat sich der Asylkompass zur Aufgabe gemacht. Circa 80 ehrenamtliche Helfer setzen sich nach Angaben der beiden Koordinatorinnen, Elena Link Viedma und Elke Friedrich, für Flüchtlinge in der Gemeinde ein. Dabei kümmert sich der Asylkompass darum, das freiwillige Engagement in Zusammenarbeit mit der Gemeinde zu bündeln und zu unterstützen.

Sprachpaten begleiten die Flüchtlinge

„Unser größtes Projekt sind die Sprachpaten“, sagt Link Viedma. „Die Ehrenamtlichen üben nicht nur Deutsch mit den Flüchtlingen, sondern helfen ihnen auch bei Amtsgängen und der Wohnungssuche. Dadurch entstehen auch Bindungen.“ Insbesondere bei der Wohnungssuche hoffe der Asylkompass auf weitere Helfer, ergänzt Friedrich, zumal das Angebot an Wohnungen in Alfter begrenzt sei. Laut Markus Jüris, Leiter des Alfterer Sozialamts, haben 74 Flüchtlinge zwar eine Aufenthaltsgenehmigung, sind aber mangels privaten Wohnraums weiter in Unterkünften der Gemeinde untergebracht. Nur unter strengen Voraussetzungen – etwa zur Aufnahme eines Studiums oder wenn sie einen Job hätten, durch den sie sich grundsätzlich selbst ernähren könnten – dürften sie sich außerhalb der Gemeinde eine private Bleibe suchen, erklärt Jüris.

Was tun, wenn der Asylantrag abgelehnt wird?

Auch was den Weg in den Arbeitsmarkt angeht, läuft es nicht bei allen Flüchtlingen so gut wie beim Iraker Ahmed, der laut Friedrich nun auch einen Aufenthaltstitel erhalten habe. So bemüht sich auch Franklin Nyenenue aus Nigeria darum, Deutsch zu lernen und eine Ausbildung machen zu können, wobei er Unterstützung von einer Witterschlicker Familie erhält. Für vier Monate habe er ein Praktikum in einem Alfterer Seniorenheim gemacht, wo er auch weiterhin in der Küche helfe, schildert er im Gespräch mit dem GA.

„Für mich ist es wie ein Hobby, keine Arbeit“, sagt der 37-Jährige, der vor anderthalb Jahren nach Deutschland gekommen sei, weil er sich in seinem Land nicht mehr sicher gefühlt habe. Er unterhalte sich gerne mit den älteren Menschen: „Sie sind wie meine Eltern. Mein Vater ist letztes Jahr gestorben.“ Nun würde Nyenenue gerne eine Ausbildung zum Altenpfleger machen – auch wenn es für ihn, der in der Heimat eine Hühnerfarm mit mehreren Mitarbeitern geführt habe, ein ganz anderer Beruf sei: „Das ist schon eine Herausforderung. Aber wenn es von Herzen kommt, geht es ohne Schwierigkeiten“, meint er.

Die Schwierigkeiten drohen dadurch, dass der Asylantrag des 37-Jährigen abgelehnt wurde – genauso wie bei Sadiq Mohamad Zadran aus Afghanistan. Auch der 19-Jährige ist seit rund eineinhalb Jahren in Deutschland und hat bereits ein viermonatiges Praktikum in einem Bad Godesberger Hotel gemacht, wo er im Getränkelager geholfen habe, erzählt er. „Es gibt keine Sicherheit in meiner Heimat. Ich hoffe, hier bleiben und ein neues Leben anfangen zu können.“

Sein Landsmann Rohullah Rasooly (45) versteht nicht, warum nicht allen Flüchtlingen aus Afghanistan Asyl gewährt werde. Auf seinem Handy zeigt er Fotos vom Anschlag vergangene Woche in Kabul mit zahlreichen Toten und Verletzten. Auch sein Büro sei zerstört worden, sagt er. Vor sechs Monaten sei er nach Deutschland geflohen, weil er in seiner Heimat um sein Leben fürchte. Doch auch sein Asylantrag wurde abgelehnt.

Bei 100 Flüchtlingen in Alfter läuft noch das Verfahren

Insbesondere wenn die Verfahren lange dauerten, bedeute dies für die Flüchtlinge eine große Belastung, sagt Koordinatorin Link Viedma: „Das zehrt an den Nerven, man ist erschöpft, depressiv.“ Mithilfe eines Anwalts könnten abgelehnte Asylbewerber Widerspruch einlegen – aber das bedeute neuen Bürokratieaufwand und Wartezeit mit ungewisser Perspektive. Auch ein Ausbildungsplatz biete die Möglichkeit zu bleiben. Was Flüchtlinge aus Afghanistan angeht, hat die Bundesregierung nach dem Anschlag von Kabul bekanntlich angekündigt, Abschiebungen bis auf wenige Ausnahmen vorläufig einzuschränken.

Laut Sozialamtsleiter Jüris läuft bei 100 Flüchtlingen in Alfter noch das Asylverfahren. 30 hätten eine Ablehnung erhalten, seien aber geduldet. „We live like on fire“, beschreibt Franklin Nyenenue die Situation der abgelehnten Bewerber, die wie auf glühenden Kohlen säßen, um zu erfahren, ob sie in Deutschland doch noch eine Zukunft haben – oder nicht.

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