Bürgerprotest in Alfter Anwohner kämpfen weiter für Ruhe

ALFTER · Es ist ein Thema, das Anwohner aus Witterschlick und Volmershoven seit mehr als 20 Jahren umtreibt: der Lkw-Verkehr, der von und zu den Wester Werken durch enge Wohnstraßen verläuft.

 Wehren sich gegen Produktionslärm und Lkw-Verkehr von den Wester Werken: Die Anwohner Peter Schreiner (v.l.), Karin Kilian, Ulf Grote und Karin Schneider.

Wehren sich gegen Produktionslärm und Lkw-Verkehr von den Wester Werken: Die Anwohner Peter Schreiner (v.l.), Karin Kilian, Ulf Grote und Karin Schneider.

Foto: Antje Jagodzinski

Nachdem Bürger aus dem Geltorfviertel sowie aus der Kottenforststraße und Auf dem Acker offene Briefe an Gemeinde und Kreis verfasst hatten, hat das Straßenverkehrsamt des Rhein-Sieg-Kreises jetzt wie berichtet ein Nachtfahrverbot für Laster beschlossen – doch das reicht den Anwohnern nicht.

Die Wester Werke liegen an der Heerstraße, die entweder über das Witterschlicker Geltorfviertel oder über Volmershoven-Heidgen zu erreichen ist (siehe Grafik) – beide Wege führen durch Wohngebiete. Die frühere Tonbergbaufirma handelt heute als Wester Mineralien GmbH mit dem Mineral Korund, das unter anderem in der Lack- und Laminatindustrie verwendet wird.

Nach Angaben des Kreises haben zwei Messungen Anfang März ergeben, dass mehr als 80 Prozent des Lieferverkehrs über die Kottenforststraße erfolgen. In einer Baugenehmigung des Kreises für das Unternehmen ist bereits geregelt, das maximal acht Laster pro Tag verkehren, sprich 16 Zu- und Abfahrten erfolgen dürfen, und das nur zwischen 7 und 20 Uhr.

Wie Kreissprecherin Rita Lorenz erläutert, betreffe diese Regelung aber nur das Betriebsgelände. Das jetzt beschlossene Nachtfahrverbot dagegen gelte auch für den öffentlichen Raum – Schilder auf der Duisdorfer Straße in Witterschlick und Auf dem Acker in Volmershoven sollen darauf hinweisen – und auch die Polizei soll kontrollieren.

„Die Schilder müssen her, und zwar schon auf der Hauptstraße“, sagt Jochem Schneider, der in der Kottenforststraße wohnt. Er gehört zu den 160 Menschen aus Volmershoven-Heidgen, die einen offenen Brief an Politik und Verwaltung verfasst haben. Bekanntlich soll die marode Kottenforststraße saniert und ausgebaut werden. Dagegen haben die Anwohner auch grundsätzlich nichts. Dringend ändern muss sich aber aus ihrer Sicht die Situation des Schwerlastverkehrs.

„Auf der alten Dorfstraße ist das Problem immens“, meint Robert Wagner, der in Straße Auf dem Acker wohnt, über die ebenso Lkw von und zu den Wester Werken fahren. Wie die Anwohner mit Fotos dokumentiert haben, kommt es zu teils gefährlichen Situationen, wenn sich zwei Lkw auf der engen Kottenforststraße begegnen. Sie sind überzeugt, dass sich diese Situation auch nach dem Ausbau der Straße und durch alternierendes Parken nicht verbessere. Daher plädieren die Anwohner weiterhin für eine Einbahnregelung für Lkw, sprich: Die Laster sollen durch einen Ort zu den Wester Werken hinfahren und durch den anderen wieder weg. Klar wäre das eine Steigerung des Lkw-Verkehrs im Geltorf-Viertel, räumt Schneider ein. Allerdings würde sich die Sicherheit für alle erhöhen, meint er.

Zugleich betonen Schneider und andere Anwohner aus Volmershoven-Heidgen, dass man sich nicht gegen die Menschen im Geltorfviertel ausspielen lassen wolle. „Wir sind für eine einheitliche Regelung“, sagt Frank Ruland. Rainer Six, FDP-Ratsmitglied, aber auch Anwohner der Kottenforststraße, findet, dass es mit Blick auf den Standort der Wester Werke und den Lkw-Verkehr viele rechtliche Unsicherheiten gebe. Für die Anwohner wolle er einen Fragenkatalog aufsetzen, der dann an die Kreisverwaltung nach Siegburg übermittelt werden soll. Letztlich aber, so ist aus den Reihen der Volmershovener zu hören, könne das Problem nur durch einen Umzug der Wester Werke gelöst werden.

„Es geht nicht darum, sich verkehrstechnisch gegenseitig ausspielen zu lassen, sondern gemeinsam mit Nachdruck bei Politik und Behörden einzufordern, dass ein Wegzug des Industriebetriebs Wester unterstützt wird“, meinen auch die Witterschlicker Karin Kilian, Ulf Grote und Karin Schneider. „Das Problem, dass es keine vernünftige Anbindung gibt, wird sonst bleiben“, so Kilian, die zu den Verfassern des ersten offenen Briefes gehört, den nach Angaben der Anwohner mehr als 220 Bürger aus dem Geltorfviertel und auch aus Volmershoven unterschrieben haben. Mit Blick auf den Vorschlag der Einbahnstraßenregelung geben sie allerdings zu bedenken, dass es für sie noch um mehr geht als den Lkw-Verkehr: Vor allem die bei der Produktion des Unternehmens entstehenden tieffrequenten Geräusche, die im Geltorfviertel wie „ein Wummern“ ankommen, belasten sie zunehmend. Von Schallschutzmaßnahmen des Unternehmens sei noch nichts zu merken.

Wie berichtet, hatte eine im Dezember durchgeführte Messung der Bezirksregierung Köln im Auftrag des Kreises ergeben, dass eine „erhebliche Belästigung durch tieffrequente Geräusche“ vorliegt. Daher hat das Unternehmen nun die Auflage, Schallschutzmaßnahmen zu treffen. Eine weitere Messung soll ergeben, ob diese Wirkung entfalten. Einen Termin dafür gebe es noch nicht, sagt Kreissprecherin Lorenz. Besondere Auflagen dadurch, dass der Betrieb im Landschaftsschutzgebiet liegt, bestünden nicht – der Landschaftsschutz sei nicht tangiert.

„Die bisherigen Maßnahmen zum Schallschutz haben erfreulicherweise gegriffen“, sagt indes Nicola Wester von den Wester Werken. Vom Unternehmen durchgeführte Schallgutachten sollten in Kürze an den Kreis übermittelt werden, fügt sie hinzu. In Sachen Lkw-Verkehr steht seit Kurzem eine Schranke am Eingang der Wester Werke. Zudem weist ein Schild darauf hin, dass die Zufahrt zwischen 20 Uhr und 7 Uhr verboten ist. Die Schranke habe man gemietet, um sie im Probebetrieb zu nutzen, erläutert Wester. Das sei in Rücksprache mit dem Kreis geschehen. Überdies stehe man fast täglich mit den Logistikunternehmen bezüglich der Anfahrtszeiten in Kontakt. Eigentlich müsste man jeden Fahrer aber einzeln ansprechen, erläutert Wester. „Die Sache ist sehr schwierig.“

In Augen von Anwohner Ulf Grote liegt die Problematik in einer „politischen Fehlentscheidung“ der 90er Jahre begründet: Er verstehe nicht, dass an dem Standort in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung genehmigt wurde, dass die Firma sich auf Recycling von Schleifmitteln umstellt. Seit den 80er Jahren wird dort nämlich kein Ton mehr abgebaut.

Das Unternehmen hatte zuletzt gegenüber dem General-Anzeiger einen Umzug zwar nicht völlig ausgeschlossen. Von der Gemeinde gemachte Angebote hätten sich jedoch nicht auf „qualifizierte Grundstücke“ bezogen und seien „nicht finanzierbar“ gewesen, hieß es seinerzeit. Und daran habe sich auch nichts geändert, bestätigt Nicola Wester.

Um über den Stand in Sachen Kottenforststraße und Wester Werke zu sprechen, lädt Bürgermeister Rolf Schumacher die Anlieger für Freitag, 7. April, in die Mehrzweckhalle Volmershoven ein, Auf dem Acker, ein. Beginn der Veranstaltung ist um 18.30 Uhr.

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