Interview mit Stefanie Gather „Kunst ist ein weiter Begriff“

Alfter · Zum 28. Mal lädt die Winterakademie im Alfterer Johannishof dazu ein, sich „zwischen den Jahren“ mit Malerei, Bildhauerei, Holzschnitt, Fotografie, Gesang und Körperarbeit zu beschäftigen. Von Beginn an gestaltet Stefanie Gather zusammen mit ihrem Team die Sommer- und Winterakademien.

 Stefanie Gather gestaltet und leitet mit ihrem Team seit 28 Jahren die Sommer- und Winterakademien.

Stefanie Gather gestaltet und leitet mit ihrem Team seit 28 Jahren die Sommer- und Winterakademien.

Foto: Stefan Hermes

Stefanie Gather: Oh, das ist die Frage, die mich seit dem Kunst-Leistungskursus beschäftigt und für die ich ahne, so langsam eine Antwort für mich zu finden: Für mich ist es die prozesshafte Kunst, die etwas mit Entwicklung und Authentizität zu tun hat, auch mit Spiritualität und Wahrnehmung. Daneben gibt es den klassischen Kunstmarkt, wo 50 mal 60 Zentimeter große Leinwände für Millionen verkauft werden. Aber auch, wenn eine Mutter es schafft, dass ihre Kinder mit Fragen in die Welt gehen, ist das für mich Kunst. Ein weiter Begriff.

Was hat Sie in frühen Jahren dazu gebracht, Bildhauerei zu studieren?

Gather: Weil ich schon immer etwas in den Händen haben musste. Es war ganz einfach das Haptische, was mich reizte. Dann war es die Zeit, wo wir als Frauen auch Männerberufe erlernen wollten. Ich bekam 1981 die Idee, zur Alanus Kunsthochschule zu gehen, über das Arbeitsamt in Mönchengladbach. Das muss man sich mal vorstellen: In einer Zeit ohne Internet hatte diese Berufsberatung einen Flyer von Alanus.

Hätte es in Ihrem Leben eine Alternative zur Kunst gegeben?

Gather: Ich wäre Lehrerin geworden. Doch ich wusste nicht, was ich als zweites Fach nehmen sollte. Eine Freundin meinte damals, ich sei doch genau die Richtige für die Waldorf-Schulen. So kam ich zu der Ausbildung als Werklehrerin. Ich war aber nie an einer Schule tätig.

Gibt es Projekte aus der Anfangszeit Ihres persönlichen Kunstschaffens, die bis in das Heute hineinreichen?

Gather: Seit 1988 habe ich die Winter- und Sommerakademien gemacht. Das hat viel Raum eingenommen. Das fing damit an, dass Andreas Kienlin (Anm. d. Red.: der heutige Fachbereichsleiter für Bildhauerei an der Alanus Hochschule) mir auf die Schulter klopfte und meinte: „Willst du nicht mal einen Specksteinkurs machen?“. Da war ich gerade mit dem Studium fertig.

Das war die Geburtsstunde der Winterakademie?

Gather: Ja, der Anfang. In den Achtzigern gab es an der Alanus sogenannte Bauzeiten: Wenn man dort studieren wollte, half man vorher vier Wochen lang auf dem Bau und bekam dafür Kost, Logis und einen Kunstkursus. So ist ein Großteil der Gebäude entstanden. Und die waren dann irgendwann fertig und die Räume waren frei. So kamen dann zu den Ferienkursen die Malerei, Musik, Tanz und die Kinderkurse und weiteres dazu. Alle Künste parallel. Das war einfach fantastisch. Ich kannte das von Zuhause nicht. Meine ersten klassischen Konzerte habe ich im Johannishof gehört.

Sie haben selber auch an der Alanus Hochschule Bildhauerei studiert, als sie nur aus dem Johannishof bestand. Mittlerweile ist die Alanus Hochschule ein großer Ausbildungskomplex geworden. Hat sich damit auch die Kunstvermittlung verändert?

Gather: Das lässt sich gar nicht mehr miteinander vergleichen. Damals gab es zwei Menschen in der Verwaltung. Heute sind es etwa 100. Auch die Studenten sind wesentlich jünger geworden. Es hat sich viel verändert. Ich gucke gar nicht so genau hin und nutze die Energie lieber fürs Machen.

Haben sich auch die Besucher Ihrer Akademien und Ferienkurse in den letzten 28 Jahren verändert?

Gather: Das ändert sich gerade. Es kommen weniger Familien als früher. Manchmal noch Mütter mit ihren Töchtern. Manche waren schon vor zehn Jahren dabei und kommen jetzt mit ihren Enkeln. Die neuen Senioren möchten sich auch noch kreativ entwickeln.

Sind das alles Kunstschaffende, die an der Winterakademie teilnehmen?

Gather: Nein, bei Weitem nicht. Es sind vor allem Menschen, die sich bewusst eine Auszeit nehmen wollen. Natürlich sind auch manchmal zum Beispiel Maler dabei, die dann hier einen Musik- oder Bildhauereikurs besuchen. Und viele Multiplikatoren kommen zu uns.

Ist auch die Kinderwerkstatt ein Teil der Winterakademie?

Gather: Ja, aber sie findet erst in der ersten Januarwoche statt. Unter dem Motto „Es gibt einen inneren Stern, dem wir folgen können“ verbringen dort Kinder ab sechs Jahren eine künstlerisch kreative Dreikönigswoche mit Susann Meister-Duddeck.

Sind noch Plätze für Kurzentschlossene zu haben?

Gather: Ja, es sind noch einige wenige Plätze frei.

Veranstalter Ihrer Sommer- und Winterakademien im Johannishof sind das Alanus Europäische Forum für interkulturellen Dialog und die Westfälische Gesellschaft für Weiterbildung. Wie sieht die Zusammenarbeit mit der Hochschule aus?

Gather: Man nennt das, glaube ich, eine Win-win-Situation. Wir lasten während der Semesterferien zum großen Teil die Ateliers und das Gästehaus der Alanus Hochschule aus. Damit sind alle zufrieden.

Ihre Pläne für die Zukunft?

Gather: Ich werde mich um mein Zwergen- und Feenprojekt kümmern. Werde selber Symposien besuchen und die Vorbereitungen zur Sommerakademie 2017 abschließen. Ich lebe nun seit 28 Jahren mit den Freiräumen, die ich für andere zur Verfügung stelle und begreife langsam, dass das auch Teil meiner Kunst geworden ist.

Die Winterwerkstatt Alfter findet vom 27. bis zum 31. Dezember in den Werkhäusern des Johannishofs in Alfter statt. Die Kursangebote umfassen die Themen Chor, Eurythmie, Body-Mind-Centering, Naturfotografie, Malerei, Holzschnitt und Bildhauerei. Das Kinderatelier mit Susann Meister-Duddeck geht vom 2. bis 6. Januar täglich von 10 bis 16 Uhr. Anfragen bitte an info@alanus-forum-ev.de.

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