Festival-Abschluss Rock am Ring verabschiedet sich vom Nürburgring

Nürburgring · Die letzten Töne auf der Center Stage gehörten Metallica. Mit deren Nummer "Seek & Destroy" fand um zwanzig vor eins in der Nacht zu Pfingstmontag ein Kapitel Rockgeschichte ihr Ende. Das nächste "Rock am Ring"-Kapitel wird Marek Lieberberg dann wohl in Mönchengladbach aufschlagen.

Das passte zur letzten Festival-Ausgabe: 29 Jahre Rock am Ring, und auf dem Gelände 29 Grad im Schatten (den es nicht gab). Die Strategien der 85 000 Festivalbesucher, sich gegen die Sonne zu schützen und trotzdem maximalen Spaß zu haben, waren jedoch vielfältig: Man trank und schwitzte, cremte sich ein, trug am Körper wenig und dafür auf dem Kopf viel.

Der musste schließlich auch kühl bleiben, um die nächtlichen Festival-Headliner genießen zu können. Freitag waren das die Kings of Leon. Die Krise der amerikanischen Band scheint endgültig überwunden. Die drei Brüder Followill und ihr Cousin Matthew Followill stellten dem begeisterten Publikum Material aus ihrem jüngsten Album "Mechanical Bull" vor. Wobei Frontmann Caleb jedem Stück mit seiner diamantharten Stimme den unverwechselbaren Kings-of-Leon-Stempel aufdrückte. Natürlich schlugen auch die alten Hits ein. Dem Titel "Be Somebody" gleich den Hit "Use Somebody" folgen zu lassen, gefiel den Fans besonders gut.

Der großartige Auftritt der Queens Of The Stone Age, die sich Freitagnacht durch ein festivalfreundliches Hit-Set gespielt hatten, hallte am Samstag noch nach. Zumindest bis die norwegischen Metaller von Kvelertak ihre orangenen Verstärkertürme aufgebaut hatten. Der Gig war allerdings eher was für die ganz hartgesottenen Fans, da die etwas eingängigeren Songs die Ausnahme blieben. Dazu passte, dass Sänger Erlend Hjelvik gleich in der ersten Strophe das Mikro vom Ständer schubste - mit einer ausgestopften Eule, die er auf dem Kopf trug. Weniger orientierungslos waren dann zu später Stunde Slayer. Die Thrash-Metal-Veteranen ließen keinen Fan-Wunsch unerfüllt und knüppelten sich virtuos durch ein Best-Of-Set, das auch ohne den vergangenes Jahr verstorbenen Mitgründer und Gitarristen Jeff Hanneman Begeisterung auslöste.

Rock am Ring - Tag 3 (Teil 1)
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[kein Linktext vorhanden]Wahre Völkerwanderungen löste dann nur 40 Minuten später auf derselben Bühne Jan Delay aus. Das Publikum fast komplett ausgetauscht, feierte das musikalische Multitalent eine Party mit Rock, Rap, Soul und Funk. Sehr effektvoll lässt er dabei immer wieder Strophen von Rap-Songs seiner HipHop-Gruppe Absolute Beginner einfließen, flechtet bruchstückhaft Coverversionen bekannter Rockklassiker ein und kann sich dabei auf seine exquisite Band verlassen. Mehr Spaßfaktor geht kaum.

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Bevor am Sonntagabend dann Metallica als letzte Band die Hauptbühne betraten, hatten vor allem auf den zwei kleineren Bühnen weniger bekannte Bands geglänzt. Die drei Brüder der Punkband Radkey hätten dabei durchaus mehr Publikum verdient gehabt. Das fand sich dann wenig später bei den belgischen Bluesrockern von Triggerfinger, die so nobel wie kaum eine andere Band auflaufen: Goldenes Banner, schwarze Anzüge und einen Charmebolzen als Sänger: Ruben Block, der in einer Liga mit George Clooney spielt. Mit etwas weniger Coolness, aber auch mit schickem Anzug ausgestattet, führte dann Paul Smith seine Indie-Rock-Band Maximo Park auf die Bühne. Und die gestaltete eine äußerst kurzweilige Stunde mit einer guten Mischung aus alten und neuen Songs. Wobei die Hits wie "Books from Boxes" oder "Apply Some Pressure" am besten ankamen.

[kein Linktext vorhanden]Der Brit-Pop setzte bei der letzten Ausgabe von Rock am Ring mit Kaiser Chiefs, Editors, Maximo Park und Peter Dohertys Babyshambles ein starkes Ausrufezeichen. Dass der neben der Musik vor allem durch seine Drogenexzesse berühmte Doherty noch immer auf der Bühne steht, mag viele verwundern. Aber die Musik besitzt nach wie vor eine magische Anziehungskraft. Während auf der Centerstage Avenged Sevenfold wüteten, konnte man auf der Alternastage die entspannten und fast immer sehr tanzbaren Rhythmen der Babyshambles genießen. Entspannung pur brachte auch das karibisch angehauchte Duo Milky Chance aus Kassel. Ihr Hit "Stolen Dance" machte gute Laune. Die Frauen-Fraktion war mit den Haim-Schwestern vertreten. Die spielten gut, doch blieben auf dem klar männerdominierten Festival fast ungehört.

Thomas D. lebt auf einem Bauernhof in der Eifel und Smudo fährt gern schnelle Autos. Das sind nur zwei Gründe für die Fantastischen Vier, bei Rock am Ring vorbeizuschauen. Ihre Show war wie immer großartig und erhielt mit "Das Spiel ist aus" auch schon mal einen kleinen Vorgeschmack auf das im Oktober erscheinende neue Album der Vier. Darauf enterten Linkin Park die Bühne, die richtig gut wären, wenn sie von ihren unerträglichen Schnulzen lassen würden: "Burn it Down" ist hohles Stadion-Pathos.

Rock am Ring - 1. Tag
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[kein Linktext vorhanden] Wie viel besser ist da Metallicas "Nothing Else Matters", das am Sonntagabend aus Zigtausenden Kehlen mitgesungen wurde. Der Auftritt der 33 Jahre alten Metal-Pioniere ist ein Ritual: Ennio Morricones "The Ecstasy of Gold" und Bilder aus Sergio Leones "Zwei glorreiche Halunken" sind von jeher fester Bestandteil der Show, die trotzdem immer noch unglaublich frisch wirkt. Die Band-Mitglieder geben alles. Lars Ulrich bewegt die Trommelstöcke in Lichtgeschwindigkeit, Robert Trujillo füllt den Platz mit Energiegeladenen Basslinien und an den Gitarren liefern sich James Hetfield und Kirk Hammett Duelle auf höchstem Niveau. Frontmann Hetfield, der im vergangenen Jahr fünfzig geworden ist, wurde an dem Abend nicht müde, das Festival zu preisen, das sie im Laufe ihrer langen Band-Geschichte oft besucht haben. Mit der letzten Nummer "Seek & Destroy" fand um zwanzig vor eins in der Nacht zu Pfingstmontag ein Kapitel Rockgeschichte ihr Ende. Das nächste "Rock am Ring"-Kapitel wird Marek Lieberberg dann wohl in Mönchengladbach aufschlagen. Und in der Eifel geht es mit einem neuen Festival weiter: Die "Grüne Hölle" steht schon in den Startlöchern.

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