Nach Insolvenz Interessenten für Nürburgring - Kein reicher Scheich dabei

Mainz · Erstmals in seiner gut 85-jährigen Geschichte könnte der Nürburgring in private Hände kommen. Etliche Interessenten klopfen bei den Sanierern der insolventen Rennstrecke an. Wer bekommt den Zuschlag?

Eine ganze Reihe von Interessenten will den insolventen Nürburgring kaufen. "Wir haben schon etwa 30 bis 50 Interessenbekundungen bekommen. Fünf bis zehn davon sind sehr interessant", sagte der Sprecher der Sanierer, Pietro Nuvoloni. Sachwalter Jens Lieser betonte: "Es ist kein Oligarch oder reicher Scheich darunter, der eine Privatrennstrecke will, sondern alle haben eine Beziehung zum öffentlichen Rennsport."

Der europaweite Verkaufsprozess starte Ende März oder Anfang April mit Anzeigen in großen Tageszeitungen. In der Überlegung seien Bedingungen wie etwa die Pflicht zur Öffnung der Rennstrecke an einer bestimmten Zahl von Tagen im Jahr für Breitensport, erklärte Lieser. In einem zweistufigen Verfahren könnten sich Interessenten informieren und Angebote abgeben - auch nur für Teile des Rings. Möglicherweise erbrächten mehrere Teilverkäufe eine höhere Geldsumme als die komplette Veräußerung.

"Wir sind überzeugt, dass man mit dem Nürburgring Geld verdienen kann", sagte Nuvoloni. Lieser fügte hinzu: "Sein Mythos ist weltweit einzigartig. Unternehmen und Konsortien können über den Nürburgring ihre Produkte bekanntmachen."

Der Verkauf des Rings soll im Einklang mit EU-Recht laut Lieser möglichst noch dieses Jahr über die Bühne gehen. Denn 2014 sei mit einer Forderung der EU-Kommission von bis zu 480 Millionen Euro zu rechnen: Diese prüft möglicherweise illegale staatliche Beihilfen für die Rennstrecke.

"Der Verkauf muss vorher abgeschlossen sein, sonst droht nach einer Beihilfe-Entscheidung die Schließung des Nürburgrings", sagte Lieser. Vertragspartner des Nürburgrings wie Lieferanten, Dienstleister und Veranstalter forderten für 2014 Rechts- und Planungssicherheit.

Offen ließ der Jurist die Frage, ob die vom Land Rheinland-Pfalz wegen ausstehender Zahlungen gekündigten Pächter Jörg Lindner und Kai Richter erneut ihren Hut in den Ring werfen. "Sie wären für uns Interessenten wie jede anderen. Wir haben keine Vorbehalte." Nach der Kündigung des Betriebspachtvertrags im Februar 2012 war es zu einem Dauerstreit zwischen Pächtern und Land über ausstehende Pachtzahlungen gekommen. Das führte letztlich zur Insolvenz der staatlichen Besitzfirma.

Mit Blick auf die rund 300 Beschäftigten des Nürburgrings sagte Lieser, dass der Nürburgring auf qualifizierte Mitarbeiter angewiesen sei und daher ihre Absicherung anstrebe, wenn ein Investor komme. "Der Weg dahin ist aber noch unklar." Die Gewerkschaft Verdi fordert eine Beschäftigungsgarantie bis 2016.

Dass nach langer Zitterpartie die Formel 1 am 7. Juli doch wieder in der Eifel ihre Runden dreht, bezeichnete Lieser als "ein entscheidendes Lebenszeichen. Weltweit lebt der Mythos Nürburgring damit weiter."

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