Nürburgring-Verkauf Europaabgeordneter holt zum Rundumschlag aus

BRÜSSEL/MAINZ · Mindestens 500 Millionen Euro illegale staatliche Beihilfen sind von 2002 bis 2012 an den Nürburgring geflossen. Am 1. Oktober will die EU-Kommission dazu einen Beschluss fassen. Derweil hat der CDU-Europaabgeordnete Werner Langen zum verbalen Rundumschlag gegen Kommission, Landesregierung und Insolvenzverwalter ausgeholt.

Denn Brüssel will gleichzeitig die Beschwerden von vier unterlegenen Bietern beim Nürburgring-Verkauf abschmettern. Im März dieses Jahres war der Nürburgring für 77 Millionen Euro an den Autoteilehersteller Capricorn verkauft worden. Dafür wird es jetzt grünes Licht aus Brüssel geben.

Langen sagte am Dienstag, Wettbewerbskommissar Almunia habe dem Verkaufsprozess "einen Persilschein" ausgestellt, ohne dass die EU-Kommission die Fakten selbst überprüft habe. So habe die Kommission weitgehend die Argumentation der Nürburgring-Insolvenzverwalter übernommen. Nun drohe wegen möglicher Klagen ein jahrelanger Rechtstreit.

Auch sprach er von "Genossenklüngel" und einem "abgekarteten Spiel". Almunia gehört den spanischen Sozialisten an. Ende Oktober scheidet er aus seinem Amt. Besonderer sozialistischer Umtriebe war der mächtige Kommissar bislang eher nicht verdächtig. Langen warf zudem die Frage auf, inwiefern Ministerpräsidentin Dreyer oder Innenminister Lewentz "Anweisungen" an Nürburgring-Sanierungsgeschäftsführer Thomas Schmidt gegeben hätten. Das wäre nach dem Insolvenzrecht nicht erlaubt.

Schmidt wies die Vorwürfe empört zurück: "Ich übe mein Amt als Sanierungsgeschäftsführer der Nürburgring GmbH unabhängig und - wie ich stets betont habe - weisungsfrei aus." Die Vorwürfe seien "völlig aus der Luft gegriffen". Auch von SPD-Seite wurde scharf zurückgeschossen.

Der SPD-Fraktionsvize im Landtag, Carsten Pörksen, warf Langen "EU-Schelte allererster Güte" vor. "Dieses Verhalten ist wahrlich der Gipfel der Scheinheiligkeit." SPD-Generalsekretär Jens Guth: "Was für die CDU zählt, ist einzig und allein die Skandalisierung gegenüber der Landesregierung."

Laut Langen zeigt die - voraussichtliche - Entscheidung der EU-Kommission, dass nicht nur unter Finanzminister Deubel und davor, sondern auch von den Ministern Hering und Kühl EU-Recht ausgehebelt worden sei. Die Landesregierung habe keineswegs aus den Fehlern der Deubel-Zeit gelernt. CDU-Fraktionsvize Alexander Licht: "Das Zeugnis für Unfähigkeit könnte nicht härter ausfallen."

Unterlegene Bieter wie Nexovation hatten unter anderem dargelegt, dass die Stundung einer Fünf-Millionen-Rate für Capricorn im Juli durch die Insolvenzverwalter gegen EU-Recht verstoße. Interessant: Capricorn-Chef Robertino Wild ist dafür weitere Verpfändungen eingegangen. Das ist laut Insidern ungewöhnlich.

Auch hatte Nexovation erklärt, Capricorn habe sein Angebot nicht nachweisen können. In dem EU-Papier heißt es, die Deutsche Bank habe am 10. März eine "Absichtserklärung" für einen Kredit von 45 Millionen Euro abgegeben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort