Experten-Analyse FOC hilft Altstadt nicht

KÖNIGSWINTER · Das Thema eines möglichen Factory Outlet Centers (FOC) in Königswinter beschäftigt die Region. Der Verein Haus und Grund Königswinter hatte eine Diskussionsveranstaltung zum Thema organisiert und als Referenten Peter Urban Berger, der Architekt, Stadtplaner und Sachverständiger für Handel im Städtebau ist, eingeladen.

Zahlreiche Leerstände und wenige Besucher kennzeichnen derzeit das Bild in der Königswinterer Altstadt.

Zahlreiche Leerstände und wenige Besucher kennzeichnen derzeit das Bild in der Königswinterer Altstadt.

Foto: Frank Homann

Der wollte zwar kein abschließendes Urteil abgeben, warnte aber bei allen Vorteilen, die so ein Projekt mit sich bringen könne, auch vor den Risiken. Sein Fazit: "Das FOC hilft der Altstadt Königswinter nicht weiter." Es gehe darum, so hatte Michael Staffel, Vorsitzender des Bezirksverbandes Königswinter, zu Beginn betont, die noch "lückenhafte Information zu dem Großprojekt" zu schließen.

Und er versprach am Mittwochabend den rund 40 Interessierten, sie würden anschließend zu den wenigen Wissenden gehören. Indes: Der häufigste Satz des Referenten war: "Wie ich der Presse entnommen habe..." Und tatsächlich brachte der Abend den Zuhörern wenig substanziell Neues. Berger stellte zunächst die Entwicklung des Handels generell sowie noch einmal die FOC-Pläne von Investor Ulrich Nordhorn (siehe Kasten) vor. Zudem informierte er über Studien, die aus Untersuchungen mehrerer bereits bestehender Center gewonnen wurden. Demnach reisen Besucher meistens zu zweit oder mit mehr Personen an, überwiegend handelt es sich dabei um Frauen. Interessant: 59 Prozent der Gäste kaufen bei ihrem Besuch nichts. Und:

94 Prozent der Gäste kommen mit dem Auto. Die Untersuchungen ergäben aber auch, so Berger, dass es ein Irrglaube sei, das FOC könne den Tourismus stärken. "Wer zwei Stunden durch das Center gelaufen ist, dem tun die Füße weh. Der marschiert nicht mehr auf den Drachenfels." Auch die vom Investor angenommene Zahl von 800 000 Menschen jährlich, die nach dem Besuch des FOC noch einen Abstecher in die Altstadt machen würden, hielt er "für falsch". Zudem handele es sich beim anvisierten Gelände um "ein schwieriges". Zwar müsse letztendlich der Projektentwickler wissen, ob er dort investieren wolle, "aber man sollte die Zäsur, die die Bahnlinie bedeutet, nicht unterschätzen". Berger bescheinigte der Altstadt trotz aller Probleme ein "unverwechselbares Flair", dennoch würden dort nur zwölf Prozent des Umsatzes gemacht.

Doch es gelte nicht nur die Auswirkungen eines FOC auf die Stadt selbst zu betrachten, sondern auf die ganze Region - und ganz sicher seien die umliegenden Städte deutlich betroffen. Sein Fazit, das er ausdrücklich nicht als seine abschließende Meinung verstanden wissen wollte: Es gibt Pluspunkte wie die Aufwertung des Einzelhandelsstandortes, den Anstieg der Gewerbesteuer, neue Arbeitsplätze und mehr Besucher.

Daher gelte es, die Pläne gründlich zu prüfen - so wie es die Stadt derzeit macht. Sie untersucht, wie berichtet, unter anderem die Themenbereiche Verkehr und Auswirkungen auf den Einzelhandel.

Aber Berger zählte auch ebenso viele Gegenargumente auf: So entstehe etwa ein strukturelles Ungleichgewicht, eine "neue Innenstadt" sei zu befürchten, Ziel- und Quellverkehr könnten zu Problemen führen - und es sei mit "einer problematischen Kaufkraftumverteilung in der Region" zu rechnen.

Berger: "Entscheidend ist: Ein FOC löst die Struktur- und Standortprobleme in der Altstadt nicht. Was bringt es also, wenn das Bestehende nicht erhalten und saniert werden kann?"

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